"Clan Destiny" ist inzwischen das einundzwanzigste Studio-Album von Wishbone Ash in ihrer sechsunddreißigjährigen Karriere. Dabei gelangen den Mannen um den Gitarristen/Sänger Andy Powell vor allem in den siebziger Jahren mehrere Produktionen, die zu Meilensteinen der Rockmusik wurden. Ihr ganz eigener Gitarrenrock, mit zwei absolut gleichrangigen Instrumenten als Markenzeichen, sorgte für solche Kultalben wie "Wishbone Ash" (1970), "Pilgrimage" (1971) und "There's A Rub" (1974). Zum größten Erfolg der Band entwickelte sich jedoch die LP Argus aus dem Jahr 1972, auf der sich so brilliante Songs wie "Warrior" und "The King Will Come" befinden, die bis heute zum festen Bestandteil bei Live-Konzerten von Wishbone Ash gehören.
In den achtziger und neunziger Jahren konnte die Gruppe diesen hohen Standard nicht mehr erreichen und versank so ziemlich im Mittelmaß. Dabei wurde eine gewisse Richtungslosigkeit in der musikalischen Weiterentwicklung von Wishbone Ash deutlich. Teilweise drifteten sie in simple Hardrock Gefilde ab. Die Zeit der singenden, perfekt aufeinander abgestimmten Leadgitarren mit langen Improvisationen schien endgültig vorbei zu sein. So hatte sich die Band ihres eigenen Markenzeichens beraubt. Was folgte waren zahlreiche Besetzungswechsel und immer wieder neue Versuche, an die Klasse der Anfangszeit anzuknüpfen.
Erst im Jahr 2002 sah man wieder etwas Licht am Horizont. Inzwischen hatten sich Bob Skeat am Bass und Schlagzeuger Ray Weston als ideale Partner von Andy Powell herauskristallisiert. Dazu kam noch der finnische Gitarrist Ben Granfeld, der der Band für die nächsten zwei Jahre die Treue halten sollte. In dieser Besetzung wurde das hervorragende Album "Bona Fide" eingespielt, das mit Songs wie "Almighty Blues" und "Faith, Hope and Love" schon fast wieder an alte, glorreiche Zeiten erinnerte.
Durch ständiges Touren erreichte Wishbone Ash wieder ein perfektes Zusammenspiel und machte jedes einzelne Konzert zu einem wahren Erlebnis. Ende 2004 verließ Granfelt die Band, um seine Solokarriere weiter fortzusetzen und wurde durch seinen finnischen Landmann 'Muddy' Maninnen ersetzt. Wieder jagte ein Konzert das nächste, und wieder verbesserte sich die Abstimmung untereinander stetig.
Also wurde es höchste Zeit für ein neues Studio-Album. Und das halte ich nun in den Händen. Es hört auf den Namen "Clan Destiny", und ich muss gestehen, dass mich eine ungeheure Spannung überkommt, als mir das knallrote Cover entgegen leuchtet. Schließlich bin ich schon seit Jahrzehnten eingefleischter Wishbone Ash-Fan.
Und es geht auch gleich gut los. "Eyes Wide Open" hat wieder den charakteristischen Ash-Sound. Die beiden Gitarren erschallen mal in perfektem Gleichklang und gehen dann in den Soloparts wieder getrennt Wege. So liebe ich diese Band. Mit "Dreams Outta Dust" folgt ein Ohrwurm, der bei jedem Hörer sofort hängen bleibt. Diesen Song habe ich auch schon live auf der Bühne gehört und auch da kam er sehr gut rüber. Auch in "Healing Ground" lässt das Gespann Powell / Maninnen die Klampfen aufheulen, das es nur so eine Freude ist. "Steam Town" ist ein recht einfach gestrickter Titel, der in der Studio-Version genau dann ausgeblendet wird, als die beiden Gitarren gerade beginnen, sich zu duellieren. Das lässt für eine Live Fassung einiges erwarten.
Weiter geht's mit einer Ballade. "Loose Change" verbreitet fast so etwas wie Hawai-Feeling. Etwas untypisch für Wishbone Ash, aber schön... Das Instrumental "Surfin' A Slow Wave" würde vom Stil her auch sehr gut auf das Album "Nouveau Calls" von 1979 passen. Ein wunderschön einfühlsames Stück Musik.
"Captured That Moment" geht ganz weit in die Vergangenheit von Wishbone Ash zurück. Fast meint man, das legendäre "Vas Dis" aus dem "Pilgrimage"-Album wieder zu hören. Und dieser Titel ist immerhin schon fünfunddreißig Jahre alt. Mit "The Raven" folgt eine weitere Ballade, die zart mit Akustikgitarre unterlegt ist. "Motherless Child" schließlich beendet diese CD mit dem wohl besten Powell-Solo auf dem Album.
Insgesamt ist Wishbone Ash mit "Clan Destiny" wieder ein recht gutes Werk gelungen, das zwar keinen absoluten Überflieger enthält, aber dennoch sehr hörenswert ist. Nach wie vor klingt die Band frisch und unverbraucht und hat auch nach sechsunddreißig Jahren nichts von ihrer Klasse eingebüßt. Wishbone Ash sind wieder bei ihren Ursprüngen angekommen.
Spielzeit: 47:35 Minuten, Medium: CD, Eagle Records, 2006
1:Eyes Wide Open 2:Dreams Outta Dust 3:Healing Ground 4:Steam Town 5:Loose Change 6:Surfin' A Slow Wave 7:Slime Time 8:Capture That Moment 9:Your Dog 10:The Raven 11:Motherless Child
Jürgen Bauerochse, 27.04.2006
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