Ohne große Vorkenntnisse in Sachen Wishbone Ash (okay die Argus-Platte kennt man vielleicht schon) ging es ins Gewerkschaftshaus nach Erfurt, gelegen am sanft klingenden Juri-Gagarin-Ring.
Am Ort des Geschehens angekommen, die erste positive Überraschung: Ein schöner kleiner Club mit Platz für ca. 600 Leute (so viele werden aber nicht erscheinen). Zur Bewirtung kann man auch nur 'Daumen hoch' sagen. Hier könnten sich so manche Konzerthallen/Clubs ein Scheibchen abschneiden...
Kurz nach 21 Uhr beginnt dann die Vorband. Der Mann mittleren Alters nennt sich David Gogo und beim ersten Anblick sah das alles nach einer relativ gewöhnlichen Dreier-Blues Rock-Kombo aus. Weit gefehlt!
Spielerisch irgendwo zwischen Stevie Ray Vaughan und Gary Moore brennt der kanadische Vollblutgitarrist eine Show erster Klasse ab. Die Band spielt tight, der Sound des Vox AC30 Röhrenverstärkers ist traumhaft! Das noch recht zurückhaltende, vorwiegend ältere Publikum bekommt Blues Rock in Reinkultur mit allen möglichen Gimmicks und Gags: Bierflasche während des Spielens auf Ex leer trinken, die Flasche dann zum Slide spielen benutzen. So soll das sein!
Fairerweise muss man sagen, dass er den Blues Rock nicht neu erfunden hat (will er sicher auch nicht!), da die Stücke alle eine recht große Ähnlichkeit zu Cream, Gary Moore, ZZ Top oder anderen Bluesrockern aufwiesen. Nach ca. 40 Minuten erklang der letzte Ton aus der mit bunten Aufklebern beklebten Fender Stratocaster und die Bühne wurde für die Hauptband vorbereitet: Wishbone Ash.
Der mittlerweile gut gefüllte (Platz gab es trotzdem mehr als genug) Saal wartete gespannt auf das, was jetzt kommen sollte. Vorfreude gepaart mit ein wenig Unsicherheit lag in der Luft. Wird Andy Powell, das einzige Orginal-Bandmitglied seit der ersten Stunde, das Publikum mit seinen melodischen Soli und seinen mystischen Geschichten verzaubern? Oder tritt da doch eine von vielen abgetakelten 70er Jahre-Rockbands auf, deren beste Zeit längst vorbei ist?
Scheinbar gut gelaunt betritt die Gruppe die Bühne und legt mit "Living Proof" los. Der Sound ist bombastisch. Der Marshall-Verstärker, verbunden mit der Gibson Les Paul des zweiten Gitarristen Muddy Manninen steht wie eine 1, ebenfalls die Flying V Gitarre von Mr. Powell.
Der erste Song ist noch nicht einmal um, aber schon jetzt ist dem Zuhörer eines klar: Alle Befürchtungen waren vollkommen umsonst! Hier tritt eine Band auf, die Spaß am Spielen hat und sowohl gesanglich, als auch spielerisch immer noch in der oberen Liga mitspielen kann.
Das Programm geht weiter, einige weniger bekannte, trotzdem sehr gut interpretierte Songs folgen. Dann das erste Highlight: Der Song "Warrior" vom Meilenstein Album "Argus"! Die Twin-Leadgitarren glühen und kämpfen vereint eine Schlacht, die sie am Ende gewinnen werden, während viele im Publikum sich in das Jahr 1972, dem Erscheinungsdatum der Platte, zurückversetzt fühlen.
Weitere Songs folgen, keiner ist nur ansatzweise schlecht. Langweile kommt nie auf, ein Schlagzeugsolo sorgt zusätzlich für gute Stimmung. Es folgt das letzte Lied vor den Zugaben, eine Nummer vom allerersten Wishbone Ash-Album: Das epische "Phoenix"!
Wer jetzt noch nicht von der Magie mitgerissen war, den hat es spätestens hier erwischt. Die Band spielt sich komplett in einen Rausch. Ein Solo toppt das andere, im psychedelischen Zwischenteil hört der aufmerksame Zuhörer Anspielungen auf Iron Butterflys "Butterfly Bleu"!
Nach ca. zehn Minuten ist auch diese Schlacht mehr als erfolgreich geschlagen. Das Publikum jubelt und will mehr. Soll es natürlich auch bekommen.
Als Zugaben folgen zwei weitere "Argus"-Nummern, für die sich die Band wohl spontan entschieden haben muss, da auf der Setlist andere Songs standen. Das Wah Wah-Intro von "The King Will Come" ertönt, die Wishbone Ash-Jünger vor der Bühne wissen, was kommt und schon explodiert der Song förmlich. Lachende Gesichter überall, sowohl im Publikum, als auch auf der Bühne. Aber noch ist nicht Schluss.
Mit "Blowin' Free" beenden Andy Powell und seine Mitstreiter ein bärenstarkes Konzert, mit dem Publikum und Band gleichermaßen zufrieden und glücklich sind.
Letztendlich wurde an diesem Abend wieder einiges bewiesen. Zum einen, dass der Rock noch nicht tot ist, er wartet (und das macht der gut!). Zum anderen, dass die einst als Rockdinos Betitelten aus den 70er Jahren immer noch einiges auf dem Kasten haben und noch lange keine vom Aussterben bedrohte Rasse sind!
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