Wenn es neben Black Sabbath eine Band gibt, die den Doom Metal maßgeblich mitgeprägt hat, dann ist es ohne jeden Zweifel Witchfinder General. Musiker heutiger Doom-Ikonen wie Cathedral oder Reverend Bizarre nennen noch immer ehrfurchtsvoll ihren Namen, wenn die Sprache auf ihre größten Einflüsse kommt. Zu Recht.
Die Ende 1979 von Gitarrist Phil Cope und Sänger Zeeb Parkes im Sog der 'New Wave Of British Heavy Metal' in Stourbridge in den britischen Midlands aus der Taufe gehobene Formation, die nach dem gleichnamigen Horrorfilmklassiker von 1968 mit Vincent Price benannt wurde, setzte stilistisch praktisch dort an, wo die großen Urväter aus dem benachbarten Birmingham mit dem Abgang Ozzy Osbournes aufhörten und sich mit ihrem neuen Sänger Ronnie James Dio kommerzielleren Klängen zuwandten.
Nachdem Parkes und Cope mit Drummer Steve Kinsell und Bassist Toss McCready ihr erstes festes Line-up zusammengestellt hatten, wurden zunächst die lokalen Clubs beackert, was schließlich das aufstrebende Independent-Label Heavy Metal Records, welches zusammen mit Neat Records, Ebony Records und Guardian Records zu den wichtigsten NWOBHM-Plattenfirmen jener Zeit gerechnet werden muss, auf die Band aufmerksam machte.
Als erstes Ergebnis der Zusammenarbeit erschien im September 1981 die Single "Burning A Sinner" mit dem Stück "Satan's Children" als B-Seite, die allerdings sehr an einem katastrophalen Sound krankte. Kurze Zeit später wurde für den HM Records-Labelsampler "Heavy Metal Heroes" der Song "Rabies" eingespielt, dessen Klangqualität schon wesentlich besser ausfiel. Im Mai 1982 wurde die Band unter der Obhut von Peter Hinton, der zuvor schon bei der Entstehung von Saxons "Wheels Of Steel" und "Strong Arm Of The Law" auf dem Produzentenstuhl saß, erneut ins Studio geschickt, um das Debütalbum "Death Penalty" aufzunehmen.
Aus Kostengründen standen zwar nur drei Tage für die Aufnahmen zur Verfügung, aber herausgekommen ist dabei eines der für meinen Geschmack besten und beeindruckendsten Heavy Metal Alben aller Zeiten. Was Witchfinder General auf ihrem Erstling boten, mag für so manchen Hörer auf den ersten Eindruck wenig originell klingen, da ihr Sound äußerst massiv von den frühen Black Sabbath beeinflusst war. Besonders das Gitarrenspiel Phil Copes, der unter dem Pseudonym 'Woolfy Trope' auch noch den Bass bediente, klang als hätte man Tony Iommi geklont.
Die Band aber als reine Kopie abzutun, wäre absolut falsch und ungerecht. Sicher lagen Witchfinder General stilistisch sehr nah an den ersten vier Sabbath-Werken, aber es wurde zu keiner Zeit bereits dagewesenes recycelt, sondern mit eigenen Ideen verfeinert und dabei einige Klassiker für die Ewigkeit geschaffen.
Die Musiker setzten nicht nur auf zähflüssiges Zeitlupentempo, sondern variierten die Geschwindigkeit sehr abwechslungsreich. Vor allem verfügen Songs wie "Invisible Hate", "Free Country" oder "R.I.P." über einen tierisch rockigen, mitreißenden Groove, "No Stayer" ist sogar schon fast tanzbar, wodurch die Formation im Gegensatz zu vielen späteren Doom-Acts weniger düster, traurig oder gar bedrohlich daher kommt, was mit Sicherheit auch nie ihr Ziel war. Es steht hörbar der Spaß im Vordergrund.
Auf der andere Seite hat Phil Cope mit dem Titelstück oder dem Song "Witchfinder General" einige doomige Riffmonster kreiert, die Altmeister Iommi nicht hätte besser schreiben können. Über allem thront der eigenwillige, herrlich kauzige Gesang von Zeeb Parkes, der sicher alles andere als technisch perfekt klingen mag, aber wie früher Ozzy Osbourne bei Black Sabbath der Band eine persönliche unverwechselbare Note verleiht. Auch seine Texte, in denen er mit jugendlicher Naivität Themen wie Drogenmissbrauch ("Free Country"), Todesstrafe ("Death Penalty") oder Hexenverfolgung ("Burning A Sinner") abhandelt, regen eher zum Schmunzeln als zum Nachdenken an…
Erwähnenswert ist zudem noch die Produktion, die mancher Hörer der Kategorie 'Low Budget' zuordnen wird, für mich die Scheibe aber unglaublich authentisch und lebendig klingen lässt. Besonders die fette Gitarre, der naturbelassene Drumsound und das nicht immer perfekte Zusammenspiel vermitteln den Eindruck, direkt neben der Gruppe im Proberaum zu stehen. Aber gerade solche Unzulänglichkeiten (wenn man sie überhaupt so nennen mag) machen das Album so sympathisch und einzigartig, weshalb ich "Death Pealty" der zweiten, mindestens genauso starken und musikalisch ausgereifteren Platte "Friends Of Hell" ein klein wenig vorziehe.
Leider teilten vor zweieinhalb Dekaden nicht allzu viele Metaller meine Meinung, weshalb der kommerzielle Erfolg der Hexenjäger gelinde gesagt eher bescheiden ausfiel. Zwar bekam das Album einige sehr wohlwollende Kritiken und konnte sich auch für einige Zeit in Heavy Metal-Charts des damaligen Szene-Sprachrohr Kerrang! platzieren, aber das war's dann auch schon. Immerhin sorgte das Covermotiv, auf dem die Musiker sich über das praktisch unbekleidete 'Seite 3'-Sternchen Joanne Latham hermachten, für einen kleinen Skandal, der sogar bei News Of The World kurz Erwähnung fand. Daraufhin wurde die Platte mit dem Slogan »Get This Album Before It's
Banned« beworben.
Aber das nur nebenbei. Im Nachhinein kann man nur sagen, dass Witchfinder General doch ziemlich zwischen den Stühlen saßen und sich zur falschen Zeit am falschen Ort befanden. Die damalige Metal Szene befand sich gerade im Umbruch und versuchte sich von den klassischen Hard Rock-Vorbildern aus den Siebzigern zu lösen, weshalb die Musik immer härter und schneller wurde und sich auch die Hörgewohnheiten der Fans änderten. So klang der schwerfällige Heavy Rock der Band für die meisten Metaller eher veraltet. Für die Entwicklung des Doom Metal sind Witchfinder General allerdings von unschätzbarer Bedeutung.
Line-up:
Zeeb Parkes (vocals)
Phil Cope (guitars)
Graham Ditchfield (drums)
Woolfy Trope (aka Phil Cope) (bass)
Tracklist |
01:Invisible Hate
02:Free Country
03:Death Penalty
04:No Stayer
05:Witchfinder General
06:Burning A Sinner
07:R.I.P.
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