Edo Zanki & Band / Live (Die Bewegungen sind lächerich, aber das Gefühl ist maximal!)
Live (Die Bewegungen sind lächerich, aber das Gefühl ist maximal!) Spielzeit: 66:53
Medium: CD
Label: Brother Records, 2009
Stil: Pop / Soul Rock

Review vom 27.10.2009


Wolfgang Giese
Zunächst einmal - wer über den Untertitel zu dieser CD stolpern sollte - dort steht wirklich 'lächerich'!
Ob es ein Gag sein soll, vermag ich nicht aufzuklären, anzunehmen ist es. Jedoch wird auf allen Nennungen der Platte das Wort 'lächerlich' benutzt. Nun, das wird sich vielleicht noch aufklären.
[Schweren Herzens nehmen wir das zur Kenntnis. Die RockTimes-Korrekturabteilung.]
Wie dem auch sei, hier geht es um Musik! "Gib mir Musik", so auch Zanki auf dem Titel von 2001 (aus "Die ganze Zeit"), den er auch hier, auf seiner ersten in LP-Länge vorliegenden Liveeinspielung vorträgt.
Eine EP unter dem Titel "Gib mir Musik" mit 5 Nummern gab es übrigens bereits 1984, aber nun, wie gesagt, eine Platte in voller Länge!
Vorab kurz etwas zu dem Musiker Zanki, der als Edward Joseph Zanki am 19.10.1952 in der Hafenstadt Zadar/Dalmatien (Kroatien) geboren wurde. 1957 erfolgt der Umzug der Familie nach Deutschland. Sein Bruder Vilko bat den damals 14-jährigen Edo in seiner Band mitzuspielen. So erfolgte schon früh der Einstieg in die Musikszene.
Ich kann mich erinnern, dass ich den Musiker unter einem ganz anderen Namen kennenlernte: Er nannte sich nämlich ab 1972 Don Anderson. Ich entsinne mich an eine Coverversion von "Feelin' Alright" (der Traffic-Titel).
Hängen blieb da allerdings nicht viel. Erst als Zanki unter eigenem Namen 1979 das Album "Jump Back" (englisch gesungen) vorlegte, erinnere ich mich, mich gewundert zu haben, dass solch relativ soulige Klänge aus Deutschland stammen. Davor, 1977, hatte er es jedoch noch mit einer deutschsprachigen Scheibe, "Jetzt komm' ich", versucht. Aber erst seit 1983 und dem Album "Wache Nächte" wird es wieder deutschsprachig. Man verglich den Sänger und Keyboarder damals mit solchen internationalen Größen wie Stevie Wonder und Michael McDonald, so war ein deutscher Soulstar geboren.
Inklusive der bereits genannten EP gab es nachfolgend acht weitere Veröffentlichungen und mit "Edo Zanki 82-92" noch einen Sampler. Und nun diese Liveplatte, die letztlich auch ein Sampler ist, aber eine Zusammenstellung überwiegend neuer Titel. Sie stammen von folgenden Platten:
#2 ("Ruhig Blut", 1985)
#3, 4, 5, 10 ("...alles was zählt", 2008)
#6, 8, 9, 11 ("Die ganze Zeit", 2001)
#7 ("Wache Nächte", 1983)
Track eins ist ein ganz kurzer: Beifall und Zankis Worte, »Ich begrüße Euch herzlich«, und schon geht es los mit sanft groovenden Klängen. Man könnte glatt erwarten, gleich erscheine Bill Withers, so die Atmosphäre, aber nun kommt Edo und singt »Dein roter Mund auf meinem Glas Wein «.
Und schon ist er mit Leib, Herz und Seele dabei, Edo Zanki, eines der Urgesteine des deutschen Pop Rocks mit Soul-Appeal!
Und - es ist gar nicht einmal so weit her geholt, mich erinnert er auch hier wieder im stimmlichen Ausdruck etwas an Bill Withers, und wenn man mich fragen würde, wer der beste deutsche Sänger mit Soul in der Stimme sei, dann käme bei mir spontan Zankis Name über die Lippen. Unabhängig davon, ob Kritiker in diesem Bereich seit Jahren Stefan Gwildis feiern und loben. Sicher, er bringt seine Bearbeitung von Soul-Titeln auch gut, doch an Edo reicht er aus meiner Sicht nicht heran, denn dieser hat wesentlich mehr Feeling in der Stimme, er singt sie nicht nur, er lebt die Musik, das kann man spüren.
Und live kann man das noch viel besser fühlen, vergleicht man zum Beispiel exemplarisch einen Titel, "Weit über's Meer", jeweils in der Studio- und der Liveversion. Sehr bewegend vorgetragen in der Studioversion, zelebriert Zanki dieses Stück in der Liveaufnahme mit mehr Inbrunst - herrlich, wie er den Text und seinen gefühlvollen Inhalt stimmlich dehnt und der Dramatik Druck und Kraft verleiht (»Spür die Flut auch in Dir«)!
Dabei ist der Vortrag nicht unbedingt steif und sachlich, denn Zanki gibt sich publikumsnah, amüsant, wenn er z. B. nach dem Beifall zum zweiten Titel locker den Ausspruch »Ruhig Brauner, ruhig« bringt. Locker auch, wenn er zum Beispiel in "Ich frag' mich", kurz das Thema von "Papa Was A Rolling Stone" einfließen lässt. Und davor noch eine andere kleine Überraschung: Er scattet, und das sogar recht gut, dann wirft er in's Publikum »Music makes the people come together «.
Ein sehr gefühlvolles Stück ist "Heimkommen", das sich aufgrund persönlicher Erlebnisse entwickelt hat (»Kummer, geh' weg von meiner Tür, Kummer, ich hab' genug von Dir, ich will endlich heimkommen, endlich ankommen bei mir«).
Sehr ausdrucksvoll nimmt uns der Künstler mit filigranen Umrahmungen des Gitarristen auf eine Reise durch seine Gefühlswelt. Und das Keyboard schafft an- und abschwellende Klangwolken.Dudys spielt dann ein Solo, für mich sein schönstes auf der Platte. Hier kann angesichts des Feelings durchaus Gänsehaut aufkommen. Und - da ist wieder dieses kribbelnde Bill Withers-Feeling!!!!
Ein feiner 'Blue-Eyed-Soul'-Titel ist auch "Nur der Mond", ein lasziver Groove, eine überzeugende Darstellung!
Auffällig ist, dass er auf diesen Konzertausschnitten, ja, Ausschnitte aus verschiedenen Konzerten sind es, sein ihm eigentlich angestammtes Keyboard nicht spielt, sondern dieses Maze Leber überlässt, der diese Aufgabe gut meistert. So konzentriert sich Zanki eben voll auf den Gesang.
Auffällig ist mir auch, dass die Band mit Willy Wagner am Bass aus meiner Sicht hervorragend besetzt ist. Er spielt sehr virtuos, hat den gewissen Groove und versteht es, den Sound flexibel und dicht zusammenzuhalten. Dabei verharrt er nicht statisch, sondern gibt Impulse, folgt dem Gesang und bringt dadurch guten Druck und Zusammenhalt.
Dudys an den Gitarren spielt grundsätzlich sehr gruppendienlich, gibt einigen Titeln ein solides Funkgerüst und spielt sich nie selbstverliebt in den Vordergrund. Wenn er dann einmal ein Solo zum Besten gibt, dann weist das Gefühl und Tiefe auf (vgl. "Heimkommen"). Er ist kein 'Saitenhexer', sondern eher wesentlicher Bestandteil des Gruppensounds. Auf "Wir zünden die Nacht an" gibt er zum Beispiel etwas Leine und zeigt, dass er ein Solo mit zurückgehaltener Energie und Idee vortragen kann - etwas länger hätte das Solo aber sein können!
Etwas besser besetzt hätte ich mir persönlich die Rolle des Schlagzeugers gewünscht. Beileibe kein schlechter Drummer, ist mir Mario Garruccio hier oft zu dominant, schlägt mir zu hart und stört den von Gitarre und Bass aufgebauten, federnden Groove bisweilen durch zu kraftvolle Schläge.
Aber letztlich bleibt ein Gesamteindruck, der echten Edo-Fans das Herz höher schlagen lassen wird, angesichts dieser tollen Livestimmung, die bekannte Titel zu neuem Leben erweckt. Und man kann ihm das, was er hier vorträgt, glauben, das ist echtes Gefühl, das wird man spüren, wenn man genau zuhört!
Es war sozusagen höchste Zeit, dass eine Liveplatte erschien!
Und allen anderen sei geraten, sich auch einmal mit diesem deutschen Musiker zu befassen, er hat es angesichts dessen, was er in seiner langen Karriere bereits geleistet hat, mehr als verdient!
Schade - und das als persönliche Anmerkung - ist, dass alle seine alten Aufnahmen noch immer nicht auf CD erhältlich sind. Daher hier an dieser Stelle mein Aufruf, das Backprogramm endlich allen zugänglich zu machen!
...und gegen ein Konzert in Wilhelmshaven (das Pumpwerk bietet sich idealerweise an) hätte ich so ganz und gar nichts einzuwenden!!!
P.S.: Kann mir denn nun jemand sagen, warum die Bewegungen 'lächerich' sind???
Line-up:
Edo Zanki (vocals)
Jörg Dudys (guitar)
Maze Leber (keyboards)
Willy Wagner (bass)
Mario Garuccio (drums)
Tracklist
01:Begrüßung (0:15)
02:Dein roter Mund (6:10)
03:Weit übers Meer (6:48)
04:Wir zünden die Nacht an (6:39)
05:Heimkommen (8:14)
06:Nur der Mond (6:46)
07:Ich frag' mich (7:14)
08:Viel besser (5:17)
09:Etwas ähnliches (5:40)
10:Dass Du mir gehörst (6:43)
11:Gib mir Musik (7:01)
Externe Links: