Neil Young / Le Noise
Le Noise Spielzeit: 38:01
Medium: CD
Label: reprise/Warner Brothers, 2010
Stil: Rock

Review vom 04.10.2010


Wolfgang Giese
Gitarren bis zum Anschlag. Wenn man nach einer Weile die Rhythm Section erwartet - Fehlanzeige! Denn als weiterer Mitstreiter wird nur noch Daniel Lanois genannt. Und der spielt keine Instrumente, sondern tobt sich an Reglern und Knöpfen mit allerlei elektronischen Spielereien, Loops, Verzerrungen etc.. aus. Man hört also neben viel Gitarre einiges an Gezirpe und Geblubber, das dezent in die Musik eingestreut ist, nicht mehr, nicht störend, oder sind das Signale aus dem All? Hat Neil vielleicht bereits Kontakt aufgenommen?
Im Laufe seiner langen musikalischen Geschichte tauchten stets Themen auf, von denen man glaubte, sie bereits zu kennen. So geht es mir auch bei dieser Platte. Anders ist eben, dass Neils fetziger Sound plus die elektronischen Zutaten in gewissem Sinne neu sind. Wieder einmal absolut gegen den Trend, denn mit seiner eigenwilligen und sperrigen Art muss man bei Young immer rechnen.
Was soll das hier alles? Das werden sich einige Leute vielleicht fragen, wenn sie diese reduzierten Klänge hören, die sich irgendwie auch amateurhaft anhören. Was ist denn daran nur so besonders? Was ist es nur, das lohnenswert wäre, sich das anzuhören? Kurze und knappe Antwort: weil es Neil Young ist! Wahrscheinlich mag man es oder nicht, oder, wie der Brite sagt: "There Is No In Between".
'Onkel Neil' darf das, oder? Er ist eben ein eigenwilliger Typ, wirkt irgendwie unangepasst. Vielleicht ist es das, was seine Sonderstellung ausmacht und diese ganz bestimmte Faszination, die man wahrscheinlich verstehen muss, um die Musik zu verstehen. Doch neben dem massiven, teilweise schrammeligen E-Gitarren-Einsatz, der sich teilweise kaskadenhaft erstreckt, gibt es auch ruhige und akustische Momente, die einen wahren Gegenpart darstellen, leider aber, und diese Kritik sei mir gestattet, nur auf zwei Titeln. Mit dem Flair des einsamen Helden allein in der wilden und verlassenen Prärie, ein wenig wie der ganz frühe Young, könnten die Titel gut in den Soundtrack von "Pat Garrett & Billy The Kid" von Bob Dylan passen. Diese beiden Stücke sind sehr gefällig, sehr melancholisch, dabei recht einfach gestrickt, und weisen für mich doch mehr Tiefe und Ausdruckskraft auf als die elektrischen Songs.
Allen Nummern gemein ist der typische Gesang, der sich manchmal in hohe Töne aufmacht und teilweise mit viel Hall ausgestattet ist. Bei den elektrischen Titeln habe ich manchmal das Gefühl, dass sie sehr intensiv und aufdrängend sind, und auf gewisse Art und Weise fesseln. Ich denke, der Neil kann sich das erlauben und die Fans werden ihm ohnehin (fast) alles verzeihen, oder? Hört man noch einmal genauer hin, so ergeben sich dann in den zunächst relativ ähnlich klingenden Stücken Unterschiede. So birgt der erste Track gewisse psychedelische Elemente, bei "Rumblin'" ist es dann ein matschiger Mix, der auffällig ist, gerade auch, wenn die Stimme darin fast zu verschwinden scheint.
Ungewöhnliche Musik, für einige sicher abtörnend, für andere das Maß aller Dinge, doch - seien wir doch einmal ehrlich - bei so mancher der neuzeitlichen Casting-Shows würde Neil gnadenlos durchfallen. Und das macht ihn und diese Musik für mich so sympathisch!
Line-up:
Neil Young (vocals, guitars)
Daniel Lanois (electronics)
Tracklist
01:Walk With Me
02:Sign Of Love
03:Someone's Gonna Rescue Me
04:Love And War
05:Angry World
06:Hitchhiker
07:Peaceful Valley Boulevard
08:Rumblin'
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