Neil Young / Living With War
Living With War Spielzeit: 42:00
Medium: CD
Label: Reprise/Warner Bros., 2006
Stil: Rock

Review vom 07.09.2006


Thomas Brunner
Als Jugendlicher kannte ich von der Band Lynyrd Skynyrd lediglich den Song "Sweet Home Alabama". Im Laufe der Zeit bekam ich dann mit, dass es in diesem Song u.a. um Kritik an dem kanadischen Musiker Neil Young geht.
Eben jener Neil Young hatte nun aber auch einen Song im Programm, der mir außerordentlich gut gefiel: "Rockin' In The Free World". So stellte sich die Frage, ob man denn eigentlich Fan von der Band aus Florida und gleichzeitig auch Fan von Neil Young sein kann...
Diese Frage musste ich mir dann doch glücklicherweise nie wirklich beantworten. Neil Young hatte zwar ein paar wirklich tolle Songs ("Heart Of Gold" oder "My My, Hey Hey") im Angebot, aber so richtig traf er meinen Geschmack nicht. Dazu war er einfach ein zu schwacher Sänger und auch Gitarrist.
Nun habe ich mir sein neues Album "Living With War" gekauft. Wenn man die Einleitung zu meinem Text liest, stellt sich vielleicht die Frage, wieso ich sein neues Werk kaufe - wenn ich Young musikalisch nicht so prickelnd finde.
Der Grund ist recht simpel: Sowohl der Name der CD, als auch einige Titel haben mich einfach angesprochen. Denn eines kann man Neil Young bestätigen: Er war immer ein Musiker, der auf Missstände hingewiesen und oft auch kein Blatt vor den Mund genommen hat (z.B. "Ohio", Anfang der 70er Jahre)!
Mit dieser Motivation habe ich mir also nun seine neue Platte angehört. Musikalisch ist die Scheibe durchwachsen. Er greift doch mehrmals zur E-Gitarre, die dann allerdings eher 'geschrubbt', denn filigran gespielt wird (z.B. bei "Living With War" oder "The Restless Consumer").
Aber vielleicht muss das bei dieser Scheibe genau so sein - harte Gitarrenriffs und wenig technische Spielereien. Denn ich meine, dass die Texte mehr als die Musik im Vordergrund stehen. Doch dazu gleich mehr.
Interessant ist der Einbau eines gemischten Chores bei "Let's Impeach The President" und "America The Beautiful". Neil Young hat gut daran getan, ein paar klasse Sängerinnen und Sänger mit auf die Scheibe zu nehmen. Denn ich finde, dass er selber teilweise die Töne nicht wirklich trifft. Vielleicht aus Wut - die er bestimmt im Bauch hatte, sowohl beim Komponieren, als auch beim Einspielen der CD...
... Denn um Wut geht es auf diesem Album von Anfang bis zum Schluss. Die Wut von Neil Young auf die amerikanische Irakpolitik!
Gehen wir aber mal weg von seinem musikalischen Schaffen. Wer die Musik des Kanadiers mag, der wird auch von dieser CD nicht enttäuscht sein. Interessanter wird's bei den Texten. Denn wie der Titel "Living With War" schon vermuten lässt, widmet sie sich dem Irakkrieg und den Problemen in den USA. "Let's Impeach The President" (dt.: Lasst uns den Präsidenten seines Amtes entheben) wird somit zu einer Abrechnung mit George W. Bush und dessen Irak- und Antiterrorpolitik. Dieser Song ist, was den Text angeht, dadurch unheimlich interessant. Denn Young traut sich schon was, wenn er öffentlich mit diesem Song fordert, dass der amerikanische Präsident, wegen seiner Lügen- und Manipulationspolitik im Zusammenhang mit dem Irakkrieg, seines Amtes enthoben werden sollte.
Jeder Song dieser CD setzt sich mit diesem Krieg auseinander. Young kritisiert die Politiker, aber auch die Gesellschaft, die eben nicht genau hinschaut. Und an vielen Textstellen wird immer wieder der Vorwurf laut ausgesprochen, dass es ein Ende haben soll mit den vielen Lügen; dass man auch an die Familien der getöteten Soldaten denken soll; sich mal an Bob Dylan und dessen Text erinnern sollte (»listen to Bob Dylan in 1963« in dem Song "Flags Of Freedom"; die echten Dylan-Fans (zu denen ich mich nicht zähle) werden mit diesem Hinweis sicher auf einen Song kommen, der sich wohl mit der Vietnamproblematik auseinander gesetzt hat).
Schließlich ist Neil Young auf der Suche nach einem »leader / To bring our country home / Reunite the red, white and blue«...
Das Album ist somit eine in sich geschlossene Sache, geht man einmal vom Text aus. Es ist gestaltet wie ein Konzeptalbum.
Besonders ins Auge sticht das Cover der CD. Mich hat das an die Care-Pakete erinnert, die nach dem Zweiten Weltkrieg hier in Deutschland an die notleidende Bevölkerung verteilt wurden.
Ebenso schlicht ist auch das komplette Booklet gehalten. Es hat die Farbe von (irakischem) Wüstensand, nur die Texte der Songs sind enthalten, am Ende die mitwirkenden Musiker und Sänger und eben die üblichen Credits. Bilder finden sich keine in dem Heftchen.
Etwas kritisch sehe ich die Spielzeit der CD. Denn mit knapp 42 Minuten Laufzeit ist diese Scheibe doch sehr knapp bemessen. Ich hab den Kauf trotz der angesprochenen Kritikpunkte nicht bereut!
Tracklist
01:After The Garden
02:Living With War
03:The Restless Consumer
04:Shock And Awe
05:Families
06:Flags Of Freedom
07:Let's Impeach The President
08:Lookin' For A Leader
09:Roger And Out
10:America The Beautiful
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