Warren Zevon
Excitable Boy - Stand In The Fire - The Envoy
Excitable Boy - Stand In The Fire - The Envoy Spielzeiten:
41:52 (Excitable Boy)
60:26 (Stand In The Fire)
45:02 (The Envoy)
Medium: CD
Label: Rhino, 2007 (1978, 1980, 1982)
Stil: Singer/Songwriter / Rock


Review vom 17.04.2007


Ulli Heiser
Ich weiß es noch, als wäre es erst gestern und nicht vor fast 30 Jahren passiert - die Veröffentlichung von Warren Zevons "Excitable Boy". Die Scheibe zündete nicht nur bei mir, denn nach dem Debüt-Flop 1969 und der mit seinem Namen betitelten Platte aus dem Jahr 1976 erreichte das Album Platz 8 in den Charts und die ausgekoppelte Single "Werewolves Of London" kam auf Position 21. Die Langspielplatte und später natürlich die CD, sind immer noch in meiner privaten Rotation. Dank Rhino kann ab heute die expanded und remasterte Ausgabe ihre Runden im Player ziehen. Neben dem "Excitable Boy" hat Rhino gleich die Live-Scheibe "Stand In The Fire" und "The Envoy" mit aufgelegt. Nicht nur klanglich, sondern auch was die Infos angeht, ist alles perfekt: Lyrics, komplette Line-ups und ausführliche Liner Notes von David Fricke, David Wild und Carl Hiaasen finden sich in den Booklets. Wenn man sich diese durchliest, erfährt man einiges über den Mensch und Musiker Warren Zevon, der den Durchbruch seinem Freund Jackson Browne verdankt.
Warren war Sohn russischer Emigranten, der Vater ein professioneller Spieler und die Mutter Mormonin. In jungen Jahren lernte er Klassik und hatte ein Faible für Strawinsky. Bis er es schaffte, einer der ausdruckstärksten amerikanischen Singer/Songwriter zu werden, spielte er im spanischen Exil in Touristenbars, komponierte Werbe-Jingles, schrieb Songs für die Turtles, war eine Hälfte des Folk-Duos Lyme & Cybelle und steuerte mit "He Quit Me" eine Nummer zum "Asphalt Cowboy"-Soundtrack bei. Bei den Everly Brothers bediente er die Tasten bis... ja bis an einem Abend 1975 ein gewisser Jackson Browne seine Show unterbrach und dem Publikum etwas über »a real good friend of mine« erzählte. Besagter Freund war Warren Zevon. Browne und sein Gitarrist
David Lindley spielten schließlich "Mohammed's Radio", eine Nummer aus "Warren Zevon", die sich auch auf der "Stand In The Fire"-Livescheibe befindet. Jackson Browne stellte noch einige von Warrens Songs vor und gab dem Publikum etwas mit auf den Weg:
»Remember the name - Z-e-v-o-n«. Dann spielten sie "Werewolves Of London", und der Rest ist Geschichte.
Excitable BoyDie New York Times bezeichnete "Excitable Boy" als »eines der ausgefeiltesten und aufregendsten amerikanischen Rockalben der letzten Jahre«. Genau das dachte ich auch, damals vor 29 Jahren, als mir die Platte mit dem intellektuell dreinblickenden 'Buben' das erste Mal unterkam. Produziert wurde die Platte von Jackson Browne und Waddy Wachtel und sie war weit davon entfernt, eine typische Singer/Songwriter-Scheibe zu sein. Purer, affenstarker Rock eröffnet das Werk und hört auf den Namen "Johnny Strikes Up The Band". Überhaupt ist es schwer, einen Track besonders hervorzuheben. Das hymnenartige "Roland The Headless Thompson Gunner", welches Warren zusammen mit dem irischen Auswanderer David Lindell, einem angeblichen Ex-Guerilla geschrieben hat, hat auch nach so vielen Jahren nichts von seiner Klasse eingebüßt. Satirisch sind Zevons Songs und oft sehr politisch, wie man z.B. bei "Veracruz" hören kann. Eine wunderschöne Ballade über den amerikanischen Imperialismus. Jorge Calderón, Puerto Ricanischer Freund war an der Nummer beteiligt und singt auch den höchst emotionalen spanischen Teil. Ebenfalls sehr emotional, balladesk und ganz tief gehend ist "Accidentally Like A Martyr".
Titeltrack, "Werewolves Of London" und "Nighttime In The Switching Yard" rocken und sollten textlich gleichfalls nicht unbeachtet sein - die Lyrics liegen ja dankenswerteweise bei. Auch "Lawyers, Guns And Money" kracht ordentlich aus den Boxen. Als Bonustracks spendierte Rhino der CD vier bisher unveröffentlichte Nummern. Das kurze Outtake "I Need A Truck", a cappella vorgetragen. Eine Alternative-Version seines Hits "Werewolves Of London", "Tule's Blues", welches Warren lediglich pianospielend intoniert. Dieses Stück stammt von "Wanted Dead Or Alive" und ist nach seiner ersten Frau benannt. Bonus Nummer vier, "Frozen Notes", ist eine Streicher-Version: Wir erinnern uns, er hat in jungen Jahren Klassik studiert und sein 'Idol' Strawinsky übrigens sogar persönlich getroffen.
Line-up Excitable Boy:
Warren Zevon (piano, organ, synthesizer)
Waddy Wachtel (guitars, synthesizer, harmonies)
Leland Sklar (bass)
Russell Kunkel (drums)
Danny Kortchmar (percussion, guitar)
Rob Glaub (bass)
The Gentlemen Boys [Jackson Browne, Jorge Calderón, Kenny Edwards, John David Souther, Waddy Wachtel] (harmonies)
Jim Horn (saxophone, recorders)
Linda Ronstadt (harmonies)
Jennifer Warners (harmonies)
John McVie (bass)
Mick Fleetwood (drums)
Karla Bonhoff (harmonies)
Jeff Porcaro (drums & percussion)
Greg Ladanyi (bell)
Kenny Edwards (bass)
Rick Marotta (drums)
Arthur Gerst (mexican harp)
Luis Damian (jarana)
Manuel Vasquez (requinto jarocho)
Jorge Calderón (vocals)
Stand In The Fire Dass Warren auch live eine Bank war, beweist der Konzertmitschnitt aus dem Roxy in Los Angeles. Lange war die Show nicht erhältlich und wenn jemand die Aufnahme besaß, dann auf Kassette. Die Version von Rhino ist die erste auf CD überhaupt und rockiger Beweis, dass Singer/Songwriter Warren Zevon ein perfekter Entertainer war. Man bekommt das zwar nicht visuell mit, merkt das, was im Booklet beschrieben wird, aber der Audio-Konserve an. Hier rockt der Saal, und seine Band um den Gitarristen David Landau macht mächtig Druck. Im Vergleich zu seinen Studioplatten ist das Line-up klein gehalten. Wie man auf "Exitable Boy" und "The Envoy" sieht, hat Warren stets eine Schar hochkarätige Musiker an Bord gehabt. Aber seine fünf Mitstreiter an diesem Abend im Roxy, lassen keinen einzigen wirklich vermissen. Warren Zevon stand übrigens an fünf Abenden in Folge auf der Roxy-Bühne. Muss man mehr zur Qualität der "The Dog Ate The Part We Didn't Like"-Tour sagen?
Eines meiner absoluten Zevon-Favs, "Jeannie Needs A Shooter", wird hervorragend präsentiert. Diese Nummer, geschrieben in Kooperation mit Bruce Springsteen, ist ein All-Time Klassiker für mich. Seine bekannten Stücke sind ebenfalls in super Live-Versionen zu hören. Der Titelsong, "Stand In The Fire, "Mohammed's Radio" (man beachte die Lyrics, Jimmy Carter betreffend) und "Poor Poor Pitful Me", welches eine große Nummer für Linda Ronstadt wurde, überzeugen ebenso wie "I'll Sleep When I'm Dead", mit den etwas an Thin Lizzy erinnernden Double-Leads. Und dann natürlich das aus Bo Diddley-Covern bestehende "Bo Diddley's A Gunslinger/Bo Diddley".
David Fricke adelt "Stand In The Fire" in den Liner-Notes als Portrait eines Künstlers, vergleichbar mit Werken wie Lou Reeds "Rock'n'Roll Animal", Jackson Brownes Running On Empty oder
Neil Youngs "Live Rust": »... a portrait of the artist as tightrope walker, defiantly dancing the hairline between emotional exorcism and mass entertainment«.
Überhaupt, ich muss mich wiederholen, die Liner-Notes sind einfach klasse. Sie gehen nicht nur auf die Geschichten um die verschienden Songs ein, sondern geben gleichzeitig einen Blick auf den Menschen Warren Zevon, seine Probleme und Marotten, frei. Auch auf "Stand In The Fire" sind vier bisher unveröffentlichte Stücke gepackt. Neben Live-Krachern wie "Johnny Stikes Up The Band" und "Play It All Night Long" (herrlich irisch gefärbt und mit starken Lyrics), sind "Frank And Jesse James", geschrieben Anfang der Siebziger für seine ehemaligen Arbeitgeber, The Everly Brothers, sowie der Rausschmeißer "Hasten Down The Wind", eher von der ruhigeren, aber nicht minder intensiven Art.
Mit den Worten »Keep on rockin' and take my love and vaya con dios« endet ein tolles Konzert.
Line-up Stand In The Fire:
Warren Zevon (piano, 12-string guitars)
David Landau (lead guitar)
Zeke Zirngiebel (rhythm & lead guitar, slide guitar, electric 12-string guitar, vocals)
Bob Harris (synthesizers, piano, vocals)
Marty Stinger (drums)
The EnvoyEbenfalls CD-Premiere feiert "The Envoy", den Zevon in einem Interview als »Excitable Boy grows up« bezeichnete. An den Erfolg des zitierten Albums konnte "The Envoy" nicht anknüpfen und David Wild nennt dies als mögliche Ursache, dass die Platte nie auf CD erschienen war. Klar, es fehlen Hits wie auf Excitable Boy, aber auch hier bekommen wir satte Songs mit den typischen Lyrics, wie z.B. über den gehörnten Ehemann in "The Hula Hula Boys", oder seine Worte über Elvis Presley in "Jesus Mentioned".
Und wie aktuell heute der Titeltrack von 1982 ist, können wir folgendem Auszug entnehmen:
» Nuclear arms in the Middle East
Israel is attacking the Iraqis
The Syrians are mad at the Lebanese
And Baghdad does whatever she please«
Wieder hat sich Warren mit namhaften Musikern umgeben und auch Sohn Jordan steht in der Reihe mit dabei. Erwachsen ist die Platte, wenn man z.B. Tracks wie "Never Too Late For Love" hört und 'liest'. Nachdenkliches gibt es in "Charlie's Medicine", (vielleicht) Weisheiten in "Looking For The Next Big Thing" mit tollen Gitarren von Waddy Wachtel und Kenny Edwards und geilen Harmonies von Graham Nash und J.D. Souther. Wieso kommerzielle Aufmerksamkeit der Platte vorenthalten blieb, erschließt sich mir nicht so ganz. Qualitativ ist "The Envoy" erste Sahne und vielleicht klappt es ja jetzt, nachdem die Anzahl der Stücke auf 13 erhöht worden ist. Wieder sind es vier bis dato unveröffentliche Goodies, die vom Instrumental "Word Of Mouth" angeführt werden. "Let Nothing Comes Between Us" ist eine alternative Version mit leicht veränderten Lyrics und "The Risk" könnte 'ne Fun-Nummer vom Boss sein.
"Wild Thing" ist eine schräge Version des Troggs-Klassikers und damit endet "The Envoy". Beenden möchte ich das Review über "The Envoy" mit einem Zitat von David Wild:
» The Envoy represents Warren Zevon at his very best. And at his best, Warren Zevon remains one of the best that ever was.«
Line-up The Envoy:
Warren Zevon (guitar, synthesizers, piano, vocals, harmonies, background vocals)
Waddy Wachtel (guitars, percussion, harmonies, background vocals)
David Landau (guitars, background vocals)
Leland Sklar (bass)
Jeff Porcaro (drums, tahitian log drums, pule sticks)
Don Henley (harmonies)
Lindsay Buckingham (harmonies)
Jim Horn (recorders)
Jordan Zevon (harmonies)
Steve Lukather (guitar)
Jorge Calderón (harmonies)
Danny 'Kootch' Kortchmar (guitar)
LeRoy Marinell (guitars)
Mike Botts (drums)
Steve Forman (percussion)
J.D. Souther (background vocals)
Bob Glaub (bass)
Rick Marotta (drums)
Kenny Edwards (guitar)
Graham Nash (harmonies)
Russell Kunkel (drums)
Ein tolles Dreierpack hat uns Rhino beschert und wer nicht gleich dreifach zuschlagen will, sollte aber unbedingt "Excitable Boy" ins Kalkül ziehen. Die beiden anderen CDs werden unweigerlich folgen. Warren Zevon starb am 7. September 2003 im Alter von 56 Jahren. Ich glaube er freut sich, dass nun auch "Stand In The Fire" und "The Envoy" auf CD erhältlich sind.
Tracklists
Excitable Boy:
01:Johnny Strikes Up The Band
02:Roland The Headless Thompson Gunner
03:Excitable Boy
04:Werewolves Of London
05:Accidentally Like A Martyr
06:Nighttime In The Switching Yard
07:Veracruz
08:Tenderness On The Block
09:Lawyers, Guns And Money
10:I Need A Truck - Outtake*
11:Werewolves Of London - Alternate Version*
12:Tule's Blues - Solo Piano Version*
13:Frozen Notes - Strings Version*
Stand In The Fire:
01:Stand In The Fire
02:Jeannie Needs A Shooter
03:Excitable Boy
04:Mohammed's Radio
05:Werewolves Of London
06:Lawyers, Guns And Money
07:The Sin
08:Poor Poor Pitiful Me
09:I'll Sleep When I'm Dead
10:Bo Diddley's A Gunslinger/Bo Diddley
11:Johnny Strikes Up The Band*
12:Play It All Night Long*
13:Frank And Jesse James*
14:Hasten Down The Wind*
The Envoy:
01:The Envoy
02:The Overdraft
03:The Hula Hula Boys
04:Jesus Mentioned
05:Let Nothing Come Between You
06:Ain't That Pretty At All
07:Charlie's Medicine
08:Looking For The Next Best Thing
09:Never Too Late For Love
10:Word Of Mouth - Outtake*
11:Let Nothing Come Between You - Alternate*
12:The Risk - Outtake*
13:Wild Thing - Outtake*

* bisher unveröffentlicht
 
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