Vielleicht sind die wichtigsten Kunstwerke heute jene, deren emotionale Kraft und intellektuelle Energie sich unmittelbar mitteilen und von welchen sich möglich viele Menschen angezogen bzw. inspiriert fühlen können.
Kunst, die sich nicht egozentrisch zeigt, sondern einladend. Nach solchen Kriterien
sind Popmusik und Film die maßgeblichen Künste unserer Zeit. Insbesondere die Musik prägte so manches Lebensgefühl stärker als wir wahrhaben wollen, oder gestalten unser Erleben nur umfassender aus, als wir es je vermöchten.
In ihrer mittlerweile schon über drei Jahrzehnte anhaltenden Geschichte, gelang es den
Urvätern des sogennannten 'fortschrittlichen Kunstrocks', Yes, ihre Faszination, die immer vom wundervollen esoterischen Gesang Jon Andersons und den stark an klassische Strukturen angelehnten experimentellen Kompositionen geprägt war, am Leben zu erhalten.
Knapp vier Jahre später wurde jetzt der komplette Konzertmittschnitt von Ihrem brisanten Auftritt bei Claude Nobs sagenhaften Jazzfestival in Montreux am 14. Juli 2003 zur
Veröffentlichung freigegeben und als DVD aufgelegt.
Und diese audiovisuelle Konserve hat es in jeglicher Art in sich. Auch nach allen, nur erdenklichen Konstellationen und Querelen in der Vergangenheit macht die, in der Geschichte von Yes vielleicht erfolgreichste Besetzung Anderson, Howe, Squire, Wakeman, White, die sich damals gerade mal wieder reformiert hatten, trotz drohenden Rentenalters eine allesamt gute Figur, als perfekt musizierende Handwerker.
Auch wenn sich der eingefleischte Fan den einen oder anderen Track mehr gewünscht
hätte, wurden, selbst angesichts eines Riesen-Repertoires, bei der etwas gestrafften Songauswahl wichtige und heißgeliebte Schmankerl wie "And You And I" und "Awaken" (in einer furiosen 20-minütigen Version) nicht ausgespart.
Natürlich durften sich die Herren Virtuosen Steve Howe und 'Heimkehrer' Rick Wakeman ihrem musikalischen Egotrip hingeben, um die kostbaren Minuten dieser Konzertaufzeichnung zu füllen. Meiner Ansicht nach hätte man sich die Soloeinlagen sparen können, besonders die schwülstigen, etwas zu dick aufgetragenen Synthieplänkeleien eines Liberace Wakeman, die den Energiefluss der Performance immens hemmt bzw. ausbremst.
Beim Münchner Konzert dieser Tournee hatte man sich dieses musikalische Übel aus Zeitgründen entledigt und somit einem der spannendsten Yes-Konzerte den Weg geebnet. Das hätte ich mir für diese DVD auch gewünscht. Zwar agiert das Ensemble etwas zu zahm und ohne jegliches musikalisches Experiment, lässt aber in Sachen Songauswahl den Braten nicht anbrennen.
Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass es die toleranten Musikkonsumenten mit der Gnade einer frühen Geburt und die Liebhaber der unvergänglicheren Bombastkompositionen garantiert mögen werden.
Wakemans obszöne Tastenbatterie, Howes virtuose Saitenausschweifungen und Andersons Falsett-Arien sind dagegen nur etwas für Menschen, die gern mal wieder den Yes-Songs-Dreier aus dem verstaubten Regal ziehen.
Die Bildqualität ist einfach brillant, auch in dunkler ausgeleuchteten Szenen werden die Details gut sichtbar wiedergegeben, selbst der Schnitt der Show präsentiert sich recht stabil, außer ein paar Zooms und Schwenks, was der Authenzität aber sehr zugute kommt.
Ergo wirkt die Optik ohne jeglichen Schnickschnack sehr sinnesfreundlich, die TV-Kameras fingen das Bühnengeschehen in optimalen Widescreenbildern ein und die Tonkulisse
schmeichelt sich kompakt bzw. rundum dynamisch ins Ohr des Betrachters.
Bei der Anfertigung der Mixe im Dolby Digital und DTS 5.1 Sound leisteten die Toningenieure ganze Arbeit, wie man es eigentlich schon von der Montreux-Reihe gewohnt ist.
Die fünf Briten haben für mich auf solchem Medium noch nie so gut und atmosphärisch geklungen, wie auf "Live At Montreux 2003".
Keine Frage, die 'alten Herren' beweisen zum wiederholten Mal die Haltbarkeit ihrer Musik, und man kann hierbei erfahren, warum dieses Konzert nach Ansicht der Bandmitglieder selbst zu ihren Live-Sternstunden gehört.
Ob sie nun wohl kommt, die Reunion zum 40-jährigem Bandjubiläum im nächsten Jahr,
sei einmal dahingestellt, bei diesen tollen Konzertbildern kann sich der gemeine Yes-Fan jedenfalls die Wartezeit genüsslich verkürzen bzw. Testosteron ausschütten.
Unbedingte Empfehlung!
Tracklist |
01:Siberian Khatru
02:Magnification
03:Don't Kill The Whale
04:In The Presence Of
05:We Have Heaven
06:South Side Of The Sky
07:And You And I
08:To Be Over
09:Clap
10:Show Me
11:Rick Wakeman Solo Medley
12:Heart Of The Sunrise
13:Long Distance Runaround
14:The Fish
15:Awaken
16:I've Seen All Good People
17:Roundabout
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