Der vorliegende Silberling ist das fünfte Studioalbum in vierzehn Jahren der Indie-Band The Young Knives, einer Drei-Mann-Combo aus Ashby-de-la-Zouch, was irgendwo im Nirgendwo zwischen Birmingham und Nottingham liegt. Mittlerweile sind The Young Knives, bestehend aus den Herren Oliver Askew, Henry Dartnall und dessen Bruder Thomas 'The House of Lords' Dartnall, in Oxford ansässig. Und mit dem jüngsten Sprössling "Sick Octave", aufgenommen in einem Flughangar, um der Platte einen klanglichen Industrial-Charme zu verleihen, will das Trio hörbar aus der Indie-Ecke ausbrechen.
Während die vorangegangenen vier Alben mit tanzbaren Indie-Mitsing-Nummern gefüllt waren, bekommt man mit "Sick Octave" einen schrillen bis skurrilen Post Punk-Flickenteppich um die Ohren gehauen, was mitunter zu echten körperlichen Schmerzen führen kann. Das Intro der Platte haben niedliche Kinderstimmen eingesungen, die auf der Platte noch das ein oder andere Mal auftauchen. Das darauffolgende "Owls Of Athens" zeichnet sich durch einen angenehm treibend-pulsierenden Synthie-Rock-Riff auf Ecstasy aus, in den sich synthetische Trompetenspitzen und eine windschiefe Gitarrenfigur mischen. "We Could Be Blood" ist eine hitverdächtige Mitsing-Doo-Wop-Ballade mit knackendem Bass und nostalgischen Hammond-Orgel-Figuren - und mit seiner Eingängigkeit bildet dieser Song eine Ausnahme auf dem Album, so viel kann ich schon mal vorwegnehmen.
Denn die nächsten Stücke wie z. B. "All Tied Up" und "White Sands" lassen sich als Industrial-Spektakel in einem elektronischen Krautgarten beschreiben, in dem scheinbar willkürlich Rhythmen und Melodien durch die Luft gewirbelt und mit schrillen Soundeffekten beschossen werden. Gesanglich beschränkt sich Henry Dartnall auf das Minimalste (außer beim Abschlusstrack "Maureen", das schwer nach 80er tönt). Und immer wieder hört man die Kinder aus dem Intro in den verschiedensten Stimmungen durch, wie beispielsweise in den Stücken "Preset Columns/Default Comets" oder "Bella Bella". Es erscheint fast so, als hätten die kleinen Racker bei dieser durchgeknallten Klangproduktion maßgeblich ihre Finger im Spiel gehabt.
Auch wenn "Something Awful" von der Alzheimer-Erkrankung von Dartnalls Großvater handelt, klingt dieses monströse Stück stellenweise eher, als würde die Band völlig zugedröhnt herumjammen und gleichzeitig Super Mario auf einer Großleinwand mit voll aufgedrehten Lautsprechern zocken. Es ist ja löblich, dass hier allerhand experimentiert und durchaus klanglich Interessantes ausprobiert wird, aber wenn ich das Gesamtergebnis betrachte, beschleicht mich vielmehr das Gefühl, dass vieles einfach nur ungeschält in einen Topf gekippt wurde und nun ungekocht serviert wird.
"Green Island Red Raw" bietet eine vergnügt-kindliche Jazz-Bridge, so erfrischend wie ein Kinderlächeln. "Bed Warmer" ist nochmal ein leuchtender Abstecher in alte Indie-Reviere mit huldvollen Anleihen des At The Drive-In-Sounds.
Der Versuch, die Indie Rock-Sparte zu verlassen, gelingt The Young Knives nur bedingt. Es ist, als klebe der Band der alte Sound noch wie ein nasses Hemd am Leib, während die drei Herren sich wie wilde Kinder redlich bemühen auf dem Post Punk-Spielplatz herumzutoben. Kein Frage: Es gibt tolle und begeisternde Lichtblicke auf dieser Scheibe ("We Could Be Blood", "Bed Warmer"). Doch selbst beim zweiten und dritten Durchlauf von "Sick Octave" komme ich zu keinem neuen Gesamteindruck, außer dass eine bekanntere Band wie Blur mit einem derartig abgedrehten Werk durchgekommen wäre. Und so erscheint mir das Gros dieser Platte mehr als durcheinandergeratene Effekthascherei, mit der wohl nur hartgesottene Fans und Hardcore-Musikforscher etwas werden anfangen können.
Line-up:
Henry Dartnall (vocals, guitar)
Thomas Dartnall (vocals, bass)
Oliver Askew (drums, background vocals)
Tracklist |
01:12345
02:Owls Of Athens
03:We Could Be Blood
04:All Tied Up
05:White Sands
06:Something Awful
07:Preset Columns/Default Comets
08:Bella Bella
09:Marble Maze
10:Green Island Red Raw
11:Sore
12:Bed Warmer
13:Maureen
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