CD-Cover
Das Leid mit den Beipackzetteln...
Ungefähr seit Mitte der 1980'er Jahre setzen uns die Companys Musikkonserven in Form von CDs vor. Der seitdem verstrichene Zeitraum hätte eigentlich genügen müssen, alle mit diesem "neuen" Medium einhergehenden Fragen abschließend klären zu können. Gewiss, die Bands haben mittlerweile damit angefangen, die Quantitäten ihrer Kreativitätsschübe den über 70 Minuten Speicherplatz anzunähern. Noch nicht immer, aber doch in zunehmenden Maße. Auch probiert heutzutage kein ernstzunehmender Spaßvogel mehr, die Mähr von der CD als Bierdeckel zu verifizieren. Aber da sind immer noch die CD Cover...
Das mit den CD Covern ist wirklich so eine Sache. Die Plattenfirmen wissen noch nicht wirklich, wie sie die "Sekundärart", also Coverbild, sonstige Informationen, Songtexte, Danksagungen und so weiter der CD so beifügen sollen, das alles zusammen wie eine Einheit wirkt. Auch ist offenbar noch nicht enträtselt worden, welche Anforderungen der Beipackzettel erfüllen muss, um überhaupt ausreichend vom Käufer studiert zu werden. Die Innovationsworkshops der Marketingabteilungen haben den Hammer der Inspiration so richtig kreisen lassen. Was ist wohl dabei herausgekommen?
Bei einem großen Teil der CDs finden wir ein durch Klammern zusammengehaltenes und in die Plastikhülle geklemmtes Heftchen. Manchmal so dick und sperrig, dass es nur durch Einsatz von Chirurgie heraus zu nehmen ist. Offenbar sind die kleinen Plastikschienen in den Hüllen bei dieser Idee nicht ausreichend berücksichtigt worden. Eigentlich sollen sie die Booklets an ihren angestammten Platz fixieren, wenn der Konsument keine weiteren Informationen zum Hörgenuss benötigt. Kontraproduktiv werden sie dahingegen schon mal dann, wenn er sich solche Informationen beschaffen will. Wenn das Heftchen nach Lektüre erst einmal wieder an seinen Platz zurück soll, offenbaren sie die gesamte Konzeptionslosigkeit dieser Lösung....
Bild 1 - Ein Beispiel für ein gelungenes Heftchen:
Immer öfter wird das Heftchen in Papphüllen gesichtet. Ganz verwegene Firmen wollen der Plastikverschalung scheinbar "Ade" sagen. Sie gehen statt dessen mit ineinandergefalteten Kartons auf Kundenfang. Schön für die Umschlaggestalter, denn sie haben für ihre Einfälle plötzlich mehr Platz. Die beiden Laschen des Kartons bilden mit der Rückseite nämlich zumindest eine zusammenhängende Einheit, die visuell genutzt werden kann. Das Booklet bleibt für die Layouter aber weiterhin ein Problem, denn mehr Platz ist auf einer Seite von ihm trotzdem nicht vorhanden.
Bild 2 - Aufklappcover:
Besonders Findige versuchen deshalb ganz vom Heftchen weg zu kommen. Sie setzten auf einen großen Bogen aus meist kaschiertem Papier, der dann oft als Gesamtkunstwerk gestaltet wird. Zwangsläufig muss er aber letztendlich auf CD - Größe zusammengefaltet werden. Der Bogen ist mal quadratisch, mal rechteckig, aber immer wieder ein Ärgernis. Er bietet trotz allem für die Künstler nicht so viel Platz wie früher die LP-Hülle.
So auseinandergefaltet macht das "Booklet" oder besser "Faltlet" schon was her. Wer es aber nach dem Betrachten wieder originalgetreu zusammenfalten will, fühlt sich wie bei einem Intelligenztest. Dafür können die Informationen so abgedruckt werden, dass sie ohne dioptriegeschwängerten Sehhilfen entzifferbar sind. Trotzdem sind manche dieser Origami-Faltlets dann Schildbürgerstreiche, wenn interessante Details so abgedruckt werden, dass sie alle auf die "Standard-CD-Cover-Größe" passen. Offenbar gibt es immer wieder Jemanden, der meint, dass alle wichtigen Informationen auf die "normale" Rückseite des zusammengefalteten Covers drapiert werden müssen.
Bild 3 - Faltlet:
Natürlich haben diese Probleme auch Auswirkungen auf die Sekundärkunst an sich. Auf der Größe einer CD Hülle beschränkt, gilt es einen Blickfang zu designen. Dazu muss noch der Band- und Albumname angegeben werden. Und wenn es geht in einem Layout, dass beides lesbar macht. Sowohl bezogen auf die Schriftgröße, als auch auf die Schriftart.
Früher war man mit der Lupe zugange, um den Plattenhüllen immer neue Details und Überraschungen abzugewinnen. Viele davon waren wirklich "Hidden Art", aber manches hat nur der jeweilige Finder erkannt. Das liegt natürlich an unserer speziellen Fähigkeit zur Mustererkennung und zwar auch dort, wo überhaupt keine Muster sind. Heute hingegen benötigt man die Lupe oft bereits dazu, um das Cover überhaupt würdigen zu können.
Was erwartet uns in Zukunft?
Nie war die Entwicklung der Trägermedien so schnell wie heute. Das gleiche gilt für die Technisierung der Haushalte. Gibt es also bald:
* Das Cover samt Infos und noch vielmehr als je zuvor zu bestaunen, weil es als Datei mit auf die CD gepresst wird (oder als Anhang des Downloads)? Ein vernünftiges Cover wird dann vielleicht nur noch einblättrig simuliert.
* Ein 3-D Bild in Hologrammtechnik?
* Die Front- oder auch Backhülle als Touchscreen-Display mit Menüs zum Blätter?
Wie auch immer. Die Entwicklung wird voranschreiten. Haben wir uns gerade an die jetzigen CD-Cover gewöhnt, werden sie sicherlich schon bald dem Gott des modernen Trägermediums geopfert werden. Sie werden ebenso wie die LP-Cover irgendwann nur noch in Artikeln wie diesem hier auftauchen. Als Erinnerungen an eine Zeit, in der die Platten - nun ja - ansehnlicher waren.
Allerdings immer aus der Sicht der älter werdenden Betrachter!
Man sieht sich!
Olli "Wahn" Wirtz, 6.3.2005