Olli "Wahn" Wirtz hat es schön knackig auf den Punkt gebracht:
"Es gibt was auf die Ohren".
Da fühle ich mich als bekennender "Audiophiler" doch glatt angesprochen und kann und will gleichzeitig gar nicht widersprechen.
Zunächst zu meinem Selbstverständnis: Als "Audiophiler" outet sich in meinen Augen jeder Musikfreund, der seine Tonkonserven ähnlich intensiv hört, wie der Bücherwurm die gedruckten Wörter liest.
Das führt automatisch zu einer Sensibilisierung gegenüber der gebotenen Soundqualität. Hierfür wiederum sind zunächst einmal die Tonträger selber, dann aber natürlich auch und gerade die Abspielkomponenten der heimischen Ton -Transformationsanlage verantwortlich. Und schließlich, nach kurzem Eintauchen in die wundersame Welt der Akustikwissenschaften, wird dem geneigten "Amateuraudiophilen" klar, dass für ¾ aller tönenden Qualitäten der jeweilige Hörraum und seine individuelle Beschaffenheit verantwortlich zeichnet. Spätestens nach dieser Erkenntnis haben wir es mit einem "Vollzeitaudiophilen" zu tun!
Da ich glaube, dieser letzteren Spezie anzugehören, kann ich nur bestätigen:
"Es gibt was auf die Ohren".
In aller nicht einzuhaltenden Kürze, da bauen sich zunächst zwei grundsätzlich verschiedene und lediglich in Teilen vereinbare Welten auf:
Die Zweikanal- oder Stereowelt und die Mehrkanalwelt.
Nun, was hier zu bevorzugen ist, dürfte letztlich reine Geschmacksache sein und darüber hinaus nicht unerheblich vom individuellen Geldbeutel und den vorhandenen Räumlichkeiten abhängen. Ich für meinen Teil mache es mir sehr einfach (vielleicht zu einfach?!), in dem ich die reine Stereophonie dem Musiklager und die Ouadro-und-was-weiß-ich-phonie dem Filmlager zuordne. Fertig! Warum? Nun ja, in einem Livekonzert befinde ich mich als Zuhörer ja nicht auf der Bühne mitten zwischen den Musikern, sondern vor der Bühne, idealerweise relativ mittig und höre Stereo inklusive den Resonanzen des konzertanten Raumes.
Warum also 5.1 im heimischen Wohnzimmer?
Beim Blockbuster von heute wiederum spielen die Darsteller, die Story, die Dialoge keine große Rolle mehr (sie sind mehr oder weniger austauschbar), gepunktet wird beim Sound! Motto: Wir sitzen als Kinobesucher nicht mehr nur in der ersten Reihe, sondern sind mittendrin statt nur dabei! Und dieses Erlebnis kann ich jetzt, wenn ich mir etwas Mühe gebe und das nötige Kleingeld besitze, sehr veritabel in meine eigenen vier Wände transportieren, der DVD und den neuen Tonformaten sei Dank.
Wenn ich also diese, zugegeben, etwas verengte Einteilung vornehme, komme ich als Musikfreak schnell zu dem Schluss, dass es eine gute Stereophonie zu Hause auch tut.
Denkste, denn: "Es gibt was auf die Ohren".
Da kommt uns allen natürlich die Musikindustrie in die Quere, die durch Internetpiraterie, verlustfreier 1:1-Brennerei am heimischen PC (oder mit CD-Rekorder), neuer Komprimierungsformate wie Mp3 als quasi neuem Standard für den Musikkonsumenten - Ottonormalverbraucher mit damit verbundener Wegrationalisierung aller gut sortierten Plattenläden, die schlicht nicht mehr gebraucht werden, Millionen- wenn nicht gar Milliardenverluste hinnehmen muss und daher verzweifelt nach einem Nachfolger für die herkömmliche CD sucht, um vielleicht einen ähnlichen Effekt zu erzielen, wie anno Mitte der 80er, als der signifikant rückläufige Tonträgermarkt durch die Einführung der CD gerettet und bis ca. Ende der 90er in einen Boommarkt umgewandelt wurde.
Schwups treten nunmehr Formate wie DVD-Video, DVD-Audio und SACD auf den Plan.
Bei der DVD-Video ist es ja noch übersichtlich, sie soll und hat mittlerweile die alte VHS-Kassette abgelöst und lässt sich auch hervorragend im Musiksegment durch die Archivierung von Konzerten, Dokumentationen oder Musikvideos einsetzen, was offenbar mit ziemlich großem Erfolg praktiziert wird, ob nun Zwei- oder Mehrkanalton, völlig wurscht, denn pfiffigerweise lassen sich mehrere Tonvarianten abspielen, je nach Geschmack und Bedarf.
Schwieriger wird's bei DVD-Audio und SACD. Beide Formate richten sich vorrangig an die Soundästheten, da sie im Vergleich zur herkömmlichen CD technisch bedingt mit einer erheblich höheren Auflösung aufwarten können. Da auch die Speicherkapazität erheblich größer ist, gibt's immer häufiger zusätzlich zur Stereoversion noch Mehrkanalsound auf einer Disk!
Nanu, was denn jetzt, also doch Multikanalausstattung in den heimischen vier Wänden?
Gemach, die (Sound-) Vorteile beider neuen Tonträgerformate lassen sich ausschließlich über hochwertige neue Quellgeräte wie SACD-Player und DVD-Audio - Player wiedergeben, vielleicht auch noch mit einem richtig teuren Multiformatplayer, und diese Vorteile liegen i.d.R. vorrangig in der Mehrkanalvariante, da die Stereoversionen vom Klanggewinn her vergleichsweise nicht mithalten können. Diesbezüglich nützt die Abwärtskompatibilität gar noch weniger, welche zwar ein Abspielen der Stereovariante auf herkömmlichen CD-Playern (bei SACD) und DVD-Playern (bei DVD-Audio) erlaubt, hier aber gegenüber der herkömmlichen CD so gut wie keine signifikanten Soundverbesserungen erreicht werden können.
So, und was nu?
"Es gibt was auf die Ohren".
Irgendwie garantiert, aber womit?
Letztlich wird es der (zahlende) Konsument entscheiden. Seine Affinitäten und seine Sensibilität bezüglich der Preis- und Produktgestaltung werden der Sache ihren Weg weisen. Somit räume ich den eventuellen Hoffnungen der Musikindustrie, durch neue, technisch verbesserte Audioformate einen nochmaligen Boom auszulösen eher geringe Chancen ein. Denn dann müssten wirklich alle auf Mehrkanalsound umrüsten/umsteigen, inklusive eines qualitativ hochwertigen Equipments, um die Vorteile der neuen Tonträger auch richtig nutzen zu können.
Die Geschichte hat uns aber gelehrt, dass sich nicht immer die bessere Qualität durchsetzt (siehe beispielsweise das Scheitern von Video 2000, oder der Siegeszug der datenreduzierten herkömmlichen CD gegenüber der unpraktischeren, aber bei einer vernünftigen Pressung deutlich besser klingenden Vinyl-LP, von den nochmals verstärkt datenreduzierten Mp3-Files mal ganz zu schweigen). Ich denke, abwarten und Tee trinken ist die Devise der Stunde, genauso wie die Überlegung, wie viel mittendrin statt nur dabei brauche ich eigentlich?!
Denn eines ist ohne Zweifel gesichert:
"Es gibt was auf die Ohren".
Olaf ("Olli") Oetken, 06.02.2005
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