Back to the Eighties! Weshalb ein 19-Jähriger von der alten Metal-Tradition so fasziniert ist.
Zwischenruf Marius sinniert über Metal-Traditionen in den 80er/90er Jahren und versucht zu erkunden, warum der 'wahre Metal' auch weiterhin nichts von seiner Faszination einbüßen wird.



Zwischenruf vom 13.04.2010


Marius Gindra
Jaaaaa, die ACHTZISCHER! Geil warn se doch! Da fuhr man noch lediglich mit Dosenbier und Schlafsack bewaffnet aufs Monsters Of Rock (Hallo Jens!), betrachtete die Scorpions auf ihrer Welttournee (und bekam dabei kein lästiges "Wind Of Change" um die Ohren gepfiffen. Cool, dass Du 1982 in Offenbach dabei warst und mir 27 Jahre später davon erzählen kannst, Papa!), die Plattencover hatten noch Detail und Ausstrahlung (All Hail Derek Riggs & Andreas Marschall!), die Alben wurden analog aufgenommen, die Klassiker und Referenzwerke am Fließband produziert. Jaaaa, SO war das damals!
Wir befinden uns nun im Jahr 2010 und es gibt einen kleinen Kreis junger Metal-Fans, darunter beispielsweise den Schwätzer dieser Zeilen, die durften leider nicht auch nur eine Sekunde der 80er-Jahre erleben und würden deshalb am liebsten den Kalender ins Jahr 1985 zurückdrehen. Aber weshalb?
Heute lebt es sich doch so bequem, in der modernen Welt hat man einfach alles. Ein Beispiel: Die breite Auswahl an Musik. Man kann zum Beispiel die 'ultra coooole', neue Bring Me The Horizon (suck!) direkt nach der ersten Iron Maiden hören und das auch noch alles ganz fett und cooool auf dem neuesten 160 GB-iPod, auf dem ganz nebenbei meine gesamte, wirklich nicht kleine Schallplatten-, Tape- und CD-Sammlung drauf passen würde. Wäre doch alles kein Problem, schön handlich und würde perfekt in die Innentasche meiner stinkenden, mit Aufnähern zugeklatschten Jeans-Kutte passen.
Ich könnte zudem vor den kleinen 16-jährigen Bauchnabelpiercing-Mädels, gekleidet in bauchfreiem "Bullet For My Gayhotline"-Shirt, rumprotzen und wäre ihr neuester Schwarm, weil ich ja so ausgesprochen rebellisch bin und doch so up to date (*würg*). Jaja, meine Damen, da habt ihr leider gelitten. Sucht euch bitte einen mp3-illegal-Downloader, der möglichst weniger als fünf Original-Tonträger besitzt und ein richtig schnuckeliger 'RoCk-bOyYy <3' ist!
Und nun die Erklärung dafür, weshalb ich das gerade Beschriebene nur aus wahrlich tiefstem Herzen hasse: Ja, ich pflege im fanatischen Stile ein sehr ungewöhnliches Hobby!
In jeder verfügbaren Minute versuche ich, Informationen zum Thema 'Metal-Musik in den 80ern und ganz frühen 90ern' zu bekommen, durchforste jede mögliche Informationsquelle, vergöttere auch die noch so schrottigste Accept-Kopie von 1984 (siehe als Beispiel hierzu das Klassiker-Review von Fact - Anm. d. Verf.), studiere jedes Detail eines Vinyl-Covers, lerne die Band-Besetzungen der damaligen Interpreten auswendig und versuche mich richtig in das damalige Geschehen reinzudenken. Mein eigenes Zimmer soll möglichst die Ästhetik von damals einfangen: Wer mein Zimmer betritt, wird mit einem Tourposter von Black Sabbath aus den 80ern empfangen. Kaum drin, schaut ihm ein Original-Poster von Maiden-Eddie anno 1981 an. (Kleiner Dank an Papa, der als 20-jähriger damals diese Poster ergatterte und aufhob. Bist der Beste!) Andere, 'zeitgemäße' Jugendliche würden da vielleicht denken: 'Der ist doch hängen geblieben.' Aber solche Leute strafe ich sowieso mit tiefster Missachtung und Hohn, denn sie sind für mich so wichtig wie ein Körnchen Staub! Ich mag vielleicht nicht ganz normal, sowie ganz bewusst verdammt 'anti-trendig' sein, etwas mit den Gedanken zu sehr in einer persönlich nicht erlebten Zeit sein, doch ist es für mich einfach ein absolutes Privileg, dieses exotische Hobby zu pflegen. Was gibt es denn schon schöneres, als eine NWoBHM-Single aus dem Jahre 1982 zu hören, die gerade mal 300 andere Leute auf dieser Welt kennen und das Wissen über diese Band mit einem kleinen, aber elitären Kreis zu teilen?
Weshalb übt man so etwas aber nun aus? Die heutige Jugend macht mir mit ihrer Musik mehr oder weniger den Eindruck, nicht mehr zu wissen, wo ihr Ziel ist.
In der Rockkultur haben sich in den letzten 20 Jahren dermaßen viele Untersparten entwickelt: Alternative, Indie, Emo, Grunge, was weiß ich. Alle drei Monate kommt was Neues, noch Moderneres auf den Markt. Dabei verstehen 80 % meiner Gleichaltrigen einfach nicht mehr, dass mit jedem neuen Interpreten schlicht und einfach die Qualität der Musik immer mehr den Bach runter geht, nur noch wenige Ausnahmen könnte ich spontan erwähnen.
Der immer wässrigere Mix aus Independent-, Emo-, Sonstwas-Kacke wirkt nur noch kraftlos, verweichlicht und animiert meine Lauscherlappen pro gehörtem Lied dazu, die nächsten 666 Stunden Omens "Battle Cry" aus 1984 intensiv zu inhalieren!
Okay, man kann jetzt sagen, mit dem Erscheinen von Nirvana wurde der 'wahre Metal' gekillt. Nein, er war NIE tot! Seit 40 Jahren existiert nun diese Musik und die echten Fans haben seine traditionell ausgerichteten Klänge immer zu schätzen gewusst. Als Kiss (okay, ist zwar Hard Rock, hören aber natürlich ebenso viele Metalheads) im mitunter Metal-feindlichsten Jahr 1996 bekannt gaben, dass sie wieder mit Make-up auftreten, waren die Hallen ja auch ausverkauft. Als 1998 Black Sabbath mit Ozzy eine Reunion feierten, waren die Arenen voll! Auch beispielsweise meine Forever-and-Ever-Lieblinge Running Wild veröffentlichten 1994 mit "Black Hand Inn" ein absolutes Highlight ihrer musikalischen Geschichte!
Deshalb gilt: Der 'Spirit Of True Metal' wird wohl immer weitergegeben werden, es wird auch immer wieder gesunden Nachwuchs geben, denn die Faszination für diese harten, dennoch magischen Klänge kann einfach NIE komplett zugrunde gehen! Und, wer weiß: Vielleicht werden Omen, Running Wild und Cirith Ungol in 200 Jahren in Bezug auf musikalische Kultur in einem Atemzug mit Mozart, Beethoven und Bach erwähnt. Vielleicht bekommt "King Of The Dead" schon bald mehr Beifall als Luddels "9. Sinfonie"? Immerhin sangen Overkill bereits 1988 auf ihrem Album "Under The Influence": »Never say Never!«

In diesem Sinne: Up The Horns, Forever & Ever!