Horch und Guck - Ein Hi-Fi-Fachgeschäft der besonderen Art
Zwischenruf »Ich bin doch nicht blöd!«



Zwischenruf vom 12.02.2011


Mike Kempf
Horch und GuckSeit gut zwanzig Jahren schluckte mein Onkyo-Player regelmäßig CDs, ließ sich problemlos mit meinem gleichnamigen Verstärker koppeln, um mir anschließend das betreffende Liedgut um die Ohren zu blasen. Es versteht sich von selbst, dass meist nur ausgewählte Songs mein Nervenkostüm verwöhnten, bis ich anfing für unser Magazin Silberlinge zu rezensieren, die nicht allesamt unbedingt meinen bevorzugten Musikstilrichtungen angehörten. Irgendwann fiel mir auf, dass einige Scheibchen bei meinem Schwager viel besser, druckvoller und klarer aus den Boxen dampften, als aus meiner Musikanlage.
Bei einer Shoppingtour mit meiner Gattin kreuzte unser Weg ein Schaufenster, in dem die herrlichsten Hi-Fi-Geräte zu Schau gestellt wurden. In diesem Augenblick reifte schnell der Gedanke, sich vom alten Onkyo-Equipment zu trennen und sich schnellstmöglich von einer neuen Anlage die Ohren verwöhnen zu lassen. Auch stand für uns fest, unseren Geldbeutel nicht zu schonen und uns was Exklusives zu leisten.
Horch und GuckMensch, na klar! Deutschlands Super-Comedy-Star Mario Barth behauptet doch ständig in fast allen vorabendlichen TV-Programmen: »Ich bin doch nicht blöd«. Genau, dieses Fachgeschäft müssen wir aufsuchen. Gesagt, getan. Ah, da ist ja die Abteilung, die mit tollen Angeboten lockt. Entweder wird der Preis um satte 20% gesenkt oder es wird mit einer 30-monatigen 0%-Finanzierung gelockt. Ein Fachverkäufer, der die interessanten Objekte vorstellen kann, ist schwer ausfindig zu machen. Und doch, einer lässt sich erbarmen und faselt von DEM Angebot! Hintergründigem Nachfragen bzgl. des Verstärkers, der Boxen oder des CD-Players wird geschickt ausgewichen, schließlich ist der Laden brechend voll und alle wollen von den sensationellen Angeboten Gebrauch machen. Ja sicher, aber warum nicht mal beim Konkurrenten, dem 'Geiz ist geil'-Imperium, vorbeischauen? Die haben doch erst kürzlich einen Musiktempel an der Gedächtniskirche aus dem Boden gestampft und werden vielleicht noch mehr von den sogenannten 'Schnäppchen' im Angebot haben. Wow, hier gibt's sogar zwei Hörprobenräume! Möglichst unauffällig, fast schleichend und doch sehr interessiert beäugen wir die Hi-Fi-Türme. Irgendwie spüren wir, dass wir verfolgt werden, unsere Schritte erhöhen die Schlagzahl, die Musikanlagen werden gar nicht mehr wahrgenommen, es gibt nur eins: Wir müssen uns der drohenden Gefahr entziehen. Doch es ist zu spät, der Jäger in Form eines Verkäufers hat uns gestellt.
Und als ob man ein Verkehrsdelikt begangen hat, führt uns der 'Musikexperte' zum Verhör in eines dieser Hörprobengemächer. Es geht gleich zur Sache. Links die Anlage für schlappe 35.000 €, die man aber getrost bei Seite schieben kann. Da empfiehlt es sich, fürs nicht ganz so üppige Budget, eher rechts, die Anlage fürs Sensationsangebot von 'nur' 6.000 € zu kaufen. Aber das ist längst nicht alles. Abzüglich des Journalisten-Rabatts und dem Abrunden der Einzelpreise wird der Preis noch mal um 1.500 € tiefer gelegt! Dazu ebenfalls eine 0%-Finanzierung, die über den Daumen eine monatliche Rate von nicht mal 200 € ergibt. In der Tat, das Hörerlebnis mit den gestylten Einzelelementen wie Player, Verstärker plus Vorverstärker und tollen, schmalen, hohen Boxen im Klavierlack weiß im ersten Moment zu überzeugen. Und wenn wir unsere Anlage gleich modifizieren ließen, dann hätten wir erstklassig vorgesorgt, könnten jede x-beliebigen Boxen anschließen. Alles kein Problem. Der Klang wär zukunftsweisend und auf Jahrzehnte gesichert! Ja! Das ist genau das, was wir wollen!
Während gecheckt wird, ob wir liquide sind, wird nebenbei erwähnt, dass das Modifizieren pro Gerät mit 300 € veranschlagt wird. Macht bei drei Geräten 900 € plus, und daran hatten wir gar nicht gedacht, es fehlen noch extravagante Kabel, die für die benötigten vier Meter mit 'günstigen' 600 € verbucht werden müssten. Auf eine Nenner gebracht: 4.500 € plus 1.500 € fürs Nachrüsten der nagelneuen Anlage, ergibt das 'sensationelle' Angebot von 6.000 €!
Aber warum sollen wir eine Anlage, die nicht nur neu ist, sondern sich eben richtig klasse anhörte, überhaupt optimieren lassen? Das alles muss einfach einen Sinn ergeben. Stimmt, es macht Sinn! Nämlich noch ein, zwei Nächte darüber zu schlafen, im Internet nach Alternativen zu suchen und auf Horch und Guck zu stoßen!
Horch und GuckNein, nein, keine Angst, hierbei handelt es sich nicht um die Zeitschrift vom Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR, sondern um ein Berliner Hi-Fi-Outlet! Google-Maps gibt mir die Herschelstraße vor, eine stinknormale Nebenstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg. Wat, hier soll ein Musikanlagenfachgeschäft sein? Tatsächlich, ein kleines Leuchtreklameschild zeigt es deutlich - J.BEER www.horch-und-guck.de. Trotzdem, ich weiß nicht, zum einen ist der Laden am Wochenende dicht und zum anderen erinnert er mich eher an einen Tante Emma-Laden in einem gewöhnlichen Mietshaus. Was soll's, wir vereinbaren telefonisch einen Termin und werden darauf hingewiesen, dass wir uns kein Zeitlimit setzen sollen. So eine Beratung kann sich in die Länge ziehen.
An einem Dienstag, 16.00 Uhr, betreten wir das Areal von Jürgen Beer, werden freundlich begrüßt und uns wird gleich Kaffee angeboten. Unser erster Eindruck ist der, dass hier das blanke Chaos herrscht. Zwischen unzähligen Boxen, Kartons, Regalen, Broschüren, CDs, Verstärkern, Kabeln und Steckern, finden wir tatsächlich noch Sitzgelegenheiten. Doch etwas stimmt mit Herrn Beer nicht. Als er sich uns gegenüber platziert, fällt uns seine Besonderheit auf. Er ist blind! O.K., für eine Musikanlage ist das Gehör eh wertvoller und ob man auf ein designtes Outfit steht, muss man als Konsument sowieso selbst entscheiden.
Horch und GuckWir lassen uns vom Experten in die Mangel nehmen, d. h., er stellt Fragen nach unseren Bedürfnissen, nach der Raumgröße in dem die Anlage stehen soll, welche Tapeten den Raum schmücken, ob Teppiche liegen, wie die Möbel stehen, ob Laminat verlegt wurde usw. Mit solch einem Fragenkatalog haben wir nicht gerechnet, eher mit seiner Abschlussfrage, welchen Betrag wir bereit sind auszugeben. Ich setzte mal die Messlatte nicht allzu hoch an und gebe 4.000 € als Maximalbetrag an. Seine Antwort: »Keine Angst, wir sind nicht dazu da, um Ihnen den letzten Euro aus der Tasche zu ziehen«, beruhigt uns.
Horch und GuckAuf geht's in den Hörproberaum. Mittig platziert, werden uns mehrere Boxensets mit diversen Verstärkern vorgeführt. Dabei kann J. >Beer in Sekundenbruchteilen von einer Anlage zur nächsten springen, somit werden wir sofort dem unmittelbaren Vergleich ausgesetzt und können ideal abwägen, welche Hi-Fi-Anlage am besten zu uns passt. »Da! Habt ihr das zarte Anschlagen am Drum-Teller gehört?«. Ähmm, nee nicht wirklich, bitte nochmal! Mit der nötigen Konzentration hören wir wirklich jede einzelne Kleinigkeit unserer mitgebrachten CDs! Ich fass es nicht, ich wusste gar nicht was für geile Silberlinge wir besitzen, bzw. dass unsere ältere Anlage nicht mehr ganz zeitgemäß war. Nach gut dreistündiger, exzellenter Beratung entscheiden wir uns für ein Paar Dantax P2500-Boxen und die System Fidelity 300-Komponenten in Form eines Verstärkers und CD-Players, eines dänischen Herstellers. Ach ja, wie teuer wird denn nun das Gesamtpaket? 1.600 €! Und Boxenkabel gibt's gratis! Wie bitte? So günstig? Der Deal wird umgehend perfekt gemacht und als Sahnehäubchen wird uns die Anlage kostenfrei nach Haus geliefert. Besser geht's nun wirklich nicht! Abgesehen davon, dass wir 4.400 € gespart haben, besitzen wir eine Anlage mit solch einer überragenden Qualität, wie wir sie noch nie unser Eigen nennen durften.
Meine Empfehlung:
1. Kontakt zu Horch und Guck aufnehmen. Auch ruhig mal das Gästebuch der HP checken, dort gibt es sehr interessante Feedbacks.
2. Termin vereinbaren
3. Sich Zeit nehmen und optimal beraten lassen
Ich bin mir sicher, wer sich von Herrn Beer beraten lässt, der wird eine tolle, im Vergleich mit anderen Anbietern preisgünstige Musikanlage finden, die den eigenen Ansprüchen voll gerecht wird. Dass er künftig für weitere Arbeitsplätze sorgen wird/muss, ist sicherlich auf die steigende Nachfrage seiner Fachkompetenz zurückzuführen. Den Einkauf haben wir nicht bereut, im Gegenteil. Wir verließen das Charlottenburger Hi-Fi-Outlet mit dem 'Ich bin doch nicht blöd-Gefühl' und ergötzen uns nun jeden Tag an musikalischen Hochgenüssen unserer geliebten Platten, die nun optimal aus den Boxen dröhnen!
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