Während eines Vorstellungsgespräches bin ich tatsächlich mal gefragt worden, wie man Rockmusik definieren könnte. Den Fragesteller bezog ich großzügig mit ein, als ich antwortet, dass wir zusammen reich werden könnten, wenn ich das wüsste.
Langenscheids Fremdwörterbuch versucht es so: "Popmusikrichtung, die auf dem Rock'n'Roll beruht." Die machen es sich einfach.
Viele Leute haben schon darüber nachgedacht und die unterschiedlichsten Definitionen sind artikuliert worden. In vielen davon kommen Worte vor wie Gitarren, schnelle und stark Rhythmik, aggressiver Gesang und so weiter und so fort. Aber irgendwie sind all diese gescheiterten Versuche nichts weiter als eben gescheiterte Versuche. Sie kratzen ein wenig an der Oberfläche des Phänomens, aber Volltreffer sind das alles nicht.
Young, Young und Johnson, die Masterminds von AC/DC, haben auch keine wirkliche Antwort. Mit ihrer Antithese "Rock and Roll ain't noise pollution" erklären sie uns zumindest, was Rock-Musik nicht ist, nämlich Lärmbelästigung. Zum Trost versprechen sie uns aber, dass Rock and Roll nicht sterben wird.
Die erste Frage ist, ob die Welt eine Beschreibung überhaupt braucht. "Nicht wirklich", sagen die Einen. "Unbedingt", behaupten die Anderen. Und solange nicht alle diese Frage mit "Nein" beantworten, werden wohl ohne Unterlass ständig neue Versuche gestartet werden, eine griffige Formulierung zu finden.
Die nächste Frage ist, ob es überhaupt möglich ist, einen Musikstil sprachlich zu beschreiben. Es ist sicherlich unmöglich, den Sound einer E-Gitarre in Worte zu fassen. Gibt es geschriebene Worte, um einem Gehörlosen tatsächlich ein Snarebeat begreiflich zu machen? Ein Musikstil aber ist ja nichts anderes als eine Klassifizierung von Liedern. Jeder bekommt zumindest die gröbsten Unterscheidungen hin, etwa zwischen Volkstümlicher Musik und Punk. Also müsste es doch möglich sein, aus den Unterscheidungskriterien eine Beschreibung abzuleiten.
Bei größer Eindringtiefe in diese Thematik wird schnell klar, dass in Musik im allgemeinen und in den Songs im Speziellen noch eine Dimension steckt, die semantisch nicht zu greifen ist. Warum gefällt einem dieser Song und der andere nicht? Die Antwort ist, dass es wohl am Geschmack liegt. Und damit befinden wir uns auf einer emotionalen Metaebene. Das Herz hört eben mit.
Aber plötzlich und unerwartet bin ich auf eine Beschreibung gestoßen, die jedenfalls in meinem Herzen den Begriff Rock-Musik erfasst, auch auf dieser ominösen Metaebene. Sie stammt von dem Fantasy-Autor Terry Pratchett. In seinem Buch "Rollende Steine" ist von einer besonderen Musikart die Rede. Die Scheibenweltbewohner bezeichnen sie als "Musik mit Steinen drin". Und genau das ist Rockmusik für mich:
Musik mit Steinen drin.
Ob Pratchett überhaupt beabsichtigt hat, den Begriff der Rock Musik zu füllen, oder ob es eher ein humoresker Bezug zu den Rolling Stones ist, weiß ich nicht. Trotzdem liest mein Herz die Definition mit und stimmt ihr zu.
Wir Rocktimers versuchen zumindest, die Musik in unseren Reviews so zu beschreiben, wie sie in unserem Inneren klingt. Ob uns das immer gelingt ist natürlich unwahrscheinlich, aber im Forum könnt ihr ja kundtun, wie ihr die Scheiben empfindet.
Olli "Wahn" Wirtz, 9.10.2004
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