Die deutsche Band Abacus hat, grob gesagt, zwei Leben. Das erste begann im Jahr 1971 durch die Gründung in Person von Chris Williams, Charly Schade, Felix Hans, Chris Barutzky und Klaus Kohlhase. Nur wenige Monate später folgte ein Auftritt auf einem Pop-Festival im niedersächsischen Langelsheim, der dem Quintett prompt einen Plattenvertrag einbrachte. Allerdings hielt das Glück nur vier Alben lang, bis sich die Band 1976 wegen den berühmten 'musikalischen Differenzen' auflöste. Das zweite Leben begann 1979, als der Bassist Klaus Kohlhase – allerdings mit komplett neuen Musikern – erneut an den Start rief. Auch dieses Line-up, zu dem übrigens auch bereits der heutige Keyboarder Jürgen Wimpelberg gehörte, durfte sich wieder über einen Deal (dieses Mal bei Label-Riesen EMI) freuen, nach "Carribean Sun / Believe In Music" (1982) war jedoch ebenfalls schon wieder Feierabend. Seither kam es zu sporadischen Alben und einigen "Archive"-Veröffentlichungen und auch die Siebziger-Platten wurden 2011/12 nochmal neu aufgelegt.
Und das brandneue Studioalbum "Highland Warrior" hat ebenfalls zwei Leben. Zumindest ist es unterteilt in die ersten drei sowie die letzten sechs Tracks, die unter der Überschrift "Robert The Bruce" laufen. Wer nun aufgrund der Vorgeschichte von den Abacus-Musikern des Jahres 2021 sentimentalen Krautrock erwartet, ist allerdings schief gewickelt. Was uns hier auf den ersten drei Nummern vorgestellt wird, ist kraftvoller und straight nach vorne gehender Hard Rock, der hier und da mal von psychedelischen Keyboard-Parts oder träumerischen Flöten unterbrochen wird. Ab dem vierten Stück (dem fast instrumentalen "Highland Warrior"), sprich der Geschichte von "Robert The Bruce", hält unmittelbar ein keltischer Einfluss Einzug. Auch hier ist die Band so dynamisch, wie auch melodiös unterwegs. Powervolle Riffs und eine grundsolide Rhythmus-Abteilung untermauern eine epische, fast schon dramatisch anmutende Story.
Das balladeske "My War Is Over Now" startet mit feinen Piano-Klängen, die einen etwas müden und traurigen Protagonisten (Robert The Bruce) dabei unterstützen, sein Leid zu klagen. Auch dieser Song wird mit fast achteinhalb Minuten Spielzeit und unterschiedlichen Parts (einschließlich weiblichen Gesangsparts) ausgiebig zelebriert. Langweilig geht anders. Ganz sicher auch der erzählten Geschichte geschuldet liegt hier stilistisch (nicht von der Instrumentierung) ein deutlicher Anteil britisches Mittelalter bzw. britischer Folk auf der Musik, ohne dass diese tatsächlich in dieses Genre eingeordnet werden könnte. "The Voice" wird (ähnlich wie bei "Spiel mir das Lied vom Tod") von einer hohen Frauenstimme getragen, bevor dann bei "On My Way Home" wird kräftig gerockt wird. Das Keyboard übernimmt die Führung, bis Carsten Hilles Gesang wieder das Ruder übernimmt. Abgeschlossen wird die Geschichte von dem wieder mit Frauengesang beginnenden "Shelter", der anfangs lediglich von Windgeräuschen und dann zusätzlichen Stimmen unterstützt wird. Sehr ruhig und komplett von Gesang dominiert wird das insgesamt sechs Tracks umfassende "Robert The Bruce" schließlich zu Ende geführt.
Als Fazit kann man festhalten, dass Abacus mit "Highland Warrior" ein gutes progressives Hard Rock-Album mit deutlichen Einsprengseln von britischem Folk gelungen ist. Die Songs sind durchweg sehr melodiös gestaltet, verfügen über einen satten Sound und wurden professionell umgesetzt. Leider fehlen bei den Gastmusikern die Angaben, wer hier welche Parts übernommen hat, aber das sollte nicht ins Gewicht fallen. Meine Anspieltipps sind das eröffnende "Into My Life", "My War Is Over Now", "Lay Down Your Sword" sowie "On My Way Home".
Line-up Abacus:
Jürgen Wimpelberg (keyboards, guitars, background vocals)
Carsten Hille (lead vocals)
Norbert Hötger (bass, guitars)
Marc Klemme (lead guitars)
With:
Gianmarco Moroder
Nina Zenses
Sarah & Henry Miller
Sould Out Brass
Monique
Peter Terhoeven
Tracklist "Highland Warrior":
- Into My Life
- Now You Are Gone
- Rule The World
- Highland Warrior
- My War Is Over Now
- Lay Down Your Sword
- The Voice
- On My Way Home
- Shelter
Gesamtspielzeit: 51:48, Erscheinungsjahr: 2021
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