Ikonen und herausragende Gestalten gab es im Rock’n’Roll immer schon und wird es wahrscheinlich immer geben. Was schon seit Zeiten des seligen sowie den frühen fünfziger Jahren verstorbenen Hank Williams ganz kräftig an der Mythenbildung arbeitete, war wenn ein(e) ganz Große(r), eine Gallionsfigur bereits viel zu früh den Löffel abgab. »Live hard, die young« war sogar mal ein (ziemlich blöder) Schlachtruf einer ganzen Bewegung bzw. einer ganzen Generation. Recht bald stellte die gesamte Szene dann aber auch ernüchtert fest, welche weit klaffenden Löcher durch die Abtritte von Leuten wie Jimi Hendrix, Janis Joplin oder Jim Morrison (um nur mal ein paar ganz wenige zu nennen) entstanden.
Eine dieser viel zu früh gegangenen Ikonen war Ronald Belford 'Bon' Scott, geboren in Schottland und im zarten Alter von fünf Jahren mit seinen Eltern nach Australien ausgewandert. Etwa zehn Jahre versuchte er sich in Bands wie The Spektors, The Valentines oder Fraternity, bevor sein Einstieg bei der Band AC/DC im Jahr 1974 die große Wende brachte und sowohl ihn selbst als auch die komplette Band ganz nach oben führte. Es soll nicht gerade wenige Hardcore-Fans der Band geben, die die Jahre mit Bon als Frontmann als die besten oder – noch extremer – die einzig wahren betrachten.
Aber wie dem auch sei, zu dem Tag, der der siebzigste Geburtstag Scotts gewesen wäre, brachte das Label Cannonball im vergangenen Sommer als Anerkennung und Ehrerweisung eine Box mit vier CDs namens "Hell Ain’t A Bad Place To Be (In Memory Of Bon Scott)" auf den Markt. Und selbst wenn die hier enthaltenen Aufnahmen bereits seit geraumer Zeit einzeln zu haben waren, so stellt diese Box dennoch eine schöne Geste dar, die – um nicht naiv zu sein – ganz sicher auch aus einem kommerziellen Gedanken geboren wurde. Die Aufnahmen stammen zum größten Teil aus Radioübertragungen von Konzerten aus den Jahren 1977 bis 1979, die vom Sound her qualitativ doch eher schwanken.
Bereits sehr ordentlich legt die erste CD mit der Show vom 22. August 1977 aus Cleveland, Ohio los. Für die damligen Verhältnisse ein sehr guter Sound, wenn er erwartungsgemäß auch nicht optimal ist. Neben Standards wie "Rocker", "The Jack", "High Voltage" oder "Problem Child" kommen hier auch noch später selten gespielte Stücke wie "Baby, Please Don’t Go" und "She’s Got Balls" zum Einsatz. Leider fällt das zweite Konzert, nur wenige Wochen später am 03. September in San Francisco soundmäßig doch deutlich ab. Dennoch gibt es auch hier das Plus von selten gespielten Tracks der Marke "Kicked In The Teeth" oder "Up To My Neck In You".
Sprung ins Jahr 1978, genauer gesagt zum 21.August und dem Gig in Boston, Massachusetts und einem zum Vorgänger wieder deutlich optimierteren Sound. Eine klasse Show, die neben dem Standardprogramm (siehe Tracklist) auch "Gone Shootin'" und zu meiner Freude "Dog Eat Dog" enthält. Ein toller Bonus ist hier ein Interview mit Bon Scott aus dem Jahr 1977. Mein persönlicher Favorit ist die Show vom 16. Oktober 1979 in Towson, Maryland, gerade mal viereinhalb Monate vor Scotts Tod. Hier wird nicht nur mehr oder weniger das Programm der offiziellen Live-Scheibe "If You Want Blood" zum Besten gegeben, sondern es befinden sich mit "Highway To Hell", "Shot Down In Flames" sowie (dem Song) "If You Want Blood (You’ve Got It)" auch drei Nummern des 1979er Klassiker-Albums im Programm.
Während das Stück "Rock’n’Roll Damnation" auf dieser Box zu meinem Bedauern überhaupt nicht vertreten ist, kommt es ansonsten zu vielen Überschneidungen ("Live Wire" eröffnet alle vier hier vertretenen Konzerte). Was (zweiteres) aber auch verständlich ist für einen Zeitraum von gerade mal etwas mehr als zwei Jahren und eine Band, die in jenen Zeiten fast pausenlos auf Tour war, wenn nicht gerade Aufnahmen für das nächste Studioalbum anstanden.
Das Fazit also: Ganz sicher eine schöne Box für alle, die diese Aufnahmen noch nicht im Schrank haben, die Band mögen und sich an authentischen Konzerten erfreuen, selbst wenn der Sound nicht immer optimal ist. Einsteigern würde ich dagegen erstmal die regulären Alben empfehlen. Bon Scott selbst starb nach einer heftig durchzechten Nacht im Februar 1980 in London im Alter von gerade mal 33 Jahren einen (ziemlich miesen) Rock’n’Roll-Tod im Auto eines Bekannten. Er war an seinem Erbrochenen erstickt.
Line-up AC/DC:
Bon Scott (lead vocals)
Malcolm Young (rhythm guitars, background vocals)
Angus Young (lead guitars)
Cliff Williams (bass, background vocals)
Phil Rudd (drums)
Tracklist "Hell Ain’t A Bad Place To Be (In Memory Of Bon Scott)":
- Live Wire
- She’s Got Balls
- Problem Child
- The Jack
- High Voltage
- Baby, Please Don’t Go
- Rocker
CD 3 – Live at the Paradise Theatre, Boston, Massachussetts, August 21st, 1978
- Introduction Radio Broadcast
- Live Wire
- Problem Child
- Sin City
- Gone Shootin'
- Bad Boy Boogie
- The Jack
- High Voltage
- Rocker
- Radio Announcement
- Dog Eat Dog
- Radio Broadcast Outro
- TV Interview With Bon Scott 1977
- Live Wire
- Hell Ain’t A Bad Place To Be
- Up To My Neck In You
- Kicked In The Teeth
- The Jack
- Whole Lotta Rosie
- High Voltage
- Baby, Please Don’t Go
- Problem Child
CD 4 – Live at the Stage College, Towson, Maryland, October 16th, 1979:
- Live Wire
- Shot Down In Flames
- Hell Ain’t A Bad Place To Be
- Sin City
- Problem Child
- Bad Boy Boogie
- The Jack
- Highway To Hell
- High Voltage
- Whole Lotta Rosie/Rocker
- If You Want Blood/Let There Be Rock
- Radio Announcement Of Bon Scott’s Death
Gesamtspielzeit: 48:50 (CD 1), 59:30 (CD 2), 77:48 (CD 3), 76:48 (CD 4), Erscheinungsjahr: 2016 (1977 – 1979)
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