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AC/DC / Live At Donington – DVD-Review

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Als ich am 30. Juli 2022 beim Konzert von Judas Priest in Halle an der Saale unterwegs war, erfuhr ich nach Ende der Veranstaltung, dass zeitgleich eines ihrer Konzerte in Wacken auf 3sat zu sehen war. Das bedeutete für mich genüssliches Zurücklehnen, denn ich hatte nach dem Ende der Corona-Pandemie endlich mein lang ersehntes Live-Erlebnis eingefahren, außerdem steht der Judas Priest-Konzertmitschnitt aus Wacken (2015) unter dem Titel "Battle Cry" bei mir zu Hause im Regal.

Ich hatte die gleichnamige DVD mehrmals als Einstimmung für das Konzert in Halle angesehen, schaue mir den Mitschnitt aber regelmäßig an. So verhält es sich mit anderen Videoproduktionen. Diese sind nicht unbedingt Sammlerobjekte, mir geht es vielmehr darum, anhand ausgewählter Produktionen durch die Liveatmosphäre die besondere Stimmung einzufangen, die bei den eigenen Favoriten herrscht.

Insofern ist das Argument, man kaufe sich eine DVD und lasse sie anschließend im Regal verstauben, schon einmal entkräftet. Ein eindeutiger Kandidat für regelmäßige Durchläufe im Player ist der Konzertmitschnitt "Live At Donington" von AC/DC. Das Spektakel aus dem Jahr 1991 lässt sich gut auf die kurze Formel bringen: Kultkonzert einer Kultband. Auch mein eigenes Konzerterlebnis mit der Formation fünf Jahre später am 1. Mai 1996 in Leipzig war für mich ein Erlebnis für die Ewigkeit, weil es für das Schauspiel einfach keine Worte gab. Der Zusammenschnitt aus dem Donington-Park vom 17. August 1991 war in der Silvesternacht 2022/23 beim Thementag im Fernsehsender 3sat zu sehen. Allerdings gab es dort nur eine abgespeckte Variante über 58 Minuten. Im Original ist das Konzert zwei Stunden lang.

Mit "Thunderstruck" beginnt der Konzertreigen. Das Stück ist eine Art Erkennungsmelodie und wird von den Fans stets euphorisch aufgenommen. Da bildete der Headliner-Auftritt im Rahmen von "Monsters Of Rock" vor 72.500 Zuhörern natürlich keine Ausnahme. Mit dabei in Donington waren zum gleichen Zeitpunkt noch Metallica, Mötley Crüe, Queensryche und The Black Crowes. Zweifelsfrei ein denkwürdiges Line-up.

Die Fans mussten nicht lange warten, ehe die ersten Ohrwürmer erklangen. Schon die dritte Nummer war "Back In Black". Der Titelsong aus dem gleichnamigen Album erschien 1980. Es war die erste Veröffentlichung der australischen Hard Rocker mit Sänger Brian Johnson, der damals den fünf Monate zuvor verstorbenen Bon Scott ersetzte. Man kann den Gesang von Johnson bewerten wie man will – seine Stimme gehört wie das Gitarrenspiel der Young-Brüder zu den Markenzeichen der Band. Gegen Mitte des Konzertes erklingen "Dirty Deeds Done Dirt Cheap", "Hells Bells" mit der legendär über der Bühne schwebenden Glocke, "High Voltage" und "Whole Lotta Rosie". Was für eine Titelauswahl!

Damit bleiben keine Wünsche offen. Wenngleich "Live At Donington" kein Album im Stile eines Best Of ist, so ist ein solcher Charakter doch unbestritten und dies gilt bis ins Jahr 2023 – gut fünf Jahre nach dem Tod des Rhythmusgitarristen Malcolm Young. Der Bruder von Angus Young war nicht nur Gründungsmitglied und Backgroundsänger bei AC/DC, sondern maßgeblicher Songwriter. So war das Album "Power Up " (2020) noch mit Material von ihm eingespielt worden.

Angus Young glänzt gewohnt in seiner Paraderolle mit Schuluniform und seinen rhythmisch tanzenden Bewegungen. Das Oberteil der Uniform und das Hemd legt er in Striptease-Weise während des Liedes "Jailbreak" ab. Die Hose behält er an. Nur kurz gewährt er den Blick auf seine Unterhose mit der britischen Flagge. Diese Einlagen gehören zu jeder Show. Das wollen die Fans sehen. Das Können auf der Gitarre ist ihm nicht abzusprechen. Bei "T.N.T." ist er zusätzlich als Background-Sänger zu hören. Die Zeilen "Oi, oi, oi, oi" gehören ihm als Sänger und könnten als Seltenheit in die Rockmusikgeschichte eingehen.

Am Schlagwerk sitzt 1991 Chris Slade, der von 1990 bis 1994 und später von 2015 bis 2020 bei AC/DC trommelte. Es ist augenscheinlich, dass er zu jeder Zeit als Mitglied der Bandfamilie fest integriert war. Diesen Eindruck vermittelte er selbst. Die Aufzeichnung unter der Regie von David Mallet, bei der 26 Kameras zum Einsatz kamen, lebt von der Spielfreunde der fünf Musiker. Von der ersten Minute an sind sie auf Betriebstemperatur. Mit dem Opener sind die Zuhörer hellwach und verfolgen den Auftritt ihrer Idole beim dritten Monsters-Of- Rock-Festival der Bandgeschichte. Auch wenn man sie heute fast schon dem Mainstream zuordnen kann, so haben sie von ihrer Eigenständigkeit nie etwas verloren. Das macht deren Beliebtheitsgrad über Genregrenzen hinaus aus.

Obwohl das Filmdokument von 1991 schon in die Jahre gekommen ist, erscheint es zeitlos. In erster Linie stehen dafür die allseits bekannten Kompositionen. Es macht einfach Freude, zuzuhören und zuzusehen. Der Zuschauer erlebt eine Band, die wie ein Schweizer Uhrwerk funktioniert.

Ein legendäres Filmdokument mit einer bestens aufgelegten Formation, bereits auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, die aber noch lange anhalten sollte.


Line-up AC/DC

Brian Johnson (vocals)
Angus Young (guitar)
Malcolm Young (guitar)
Cliff Williams (bass)
Chris Slade (drums)

Tracklist "Live At Donington":

  1. Thunderstuck
  2. Shoot To Thrill
  3. Back In Black
  4. Hell Ain’t A Bad Place To Be
  5. Heatseeker
  6. Fire Your Guns
  7. Jailbreak
  8. The Jack
  9. Dirty Deeds Done Dirt Cheap
  10. Moneytalks
  11. Hells Bells
  12. High Voltage
  13. Whole Lotta Rosie
  14. You Shook Me All Night Long
  15. T.N.T.
  16. Let There Be Rock
  17. Highway To Hell
  18. For Those About To Rock (We Salute You)

Gesamtspielzeit: 116:00 Erscheinungsjahr: 2003

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

2 Kommentare

  1. Mario Keim

    Hallo Marco,
    vielen Dank für die "Blumen" und Deine regelmäßigen Kommentare und natürlich Besuche. Das freut mich (uns) sehr. Ich bin zufrieden, dass nicht nur die Trauernachrichten bei RockTimes für Aufmerksamkeit sorgen. Wie Du erfahren konntest, habe ich den Thementag am 31. Dezember 2022 auf 3sat zum Anlass für die Besprechung genommen. Ich liebe solche spontanen Einfälle! Es ist fast schon logisch, dass dann neben viel Herzblut auch persönliche Dinge einfließen. Es soll unsere Arbeit abwechslungsreich gestalten.
    Viele liebe Grüße nach Triptis von Mario

  2. Marco Schuster

    Hallo Mario,
    man fühlt sich "mittendrin, statt nur dabei", wenn ich deine Berichte lese..hab in der Silvesternacht das Konzert auch verfolgt, einfach imposant und beeindruckend, was die Band auf und vor der Bühne für Begeisterung rüberbringt. Sehr informativ und unterhaltsam geschrieben, alles drin, was man erfahren möchte, wenn man die DVD noch nicht kennt! Musikalische Grüße aus Triptis

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