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AC/DC / Power Up – CD-Review

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Dass sie als Band sprichwörtlich wie Phönix aus der Asche erscheinen, kann man von AC/DC angesichts ihrer bemerkenswerten Vita nicht unbedingt behaupten. Trotzdem hatte ich genau dieses Gefühl, als ich am 10. November 2020 kurz vor 7 Uhr europäischer Zeit plötzlich im ARD-Morgenmagazin Angus Young sah. Der Gitarrist war live zugeschaltet und ließ sich von den Moderatoren Susan Link und Sven Lorig unter anderem folgenden Satz entlocken: »Ich ziehe den Anzug an, und dann weiß ich genau, wer ich bin!« Allein diese Bemerkung saß. Angus Young gab den Zuschauern unmissverständlich zu verstehen, dass es die Band live erst wieder nach Corona zu erleben gibt. Frei nach dem Motto: 'Ganz oder gar nicht'.

Angesichts dieser Botschaft schien mein Puls unaufhaltsam höher und höher zu ticken. Ich hatte das Gefühl, der Rock’n’Roll ist wieder auferstanden, nachdem ich am 07. März in Leipzig mein bislang letztes Live-Konzert erleben durfte, damals mit dem deutschen Musiker Stoppok.
Ungewöhnlich war die Schaltung nach Übersee nicht. Sind die Hardrocker mit Einflüssen aus dem Blues Rock und dem Rock’n’Roll doch längst im Mainstream gelandet. Genauso wie das Wacken Open Air Jahr für Jahr in der Tagesschau.

Angriffslustig in bestem Sinne wirkte der australische Rockstar auf mich, schlicht bekleidet mit einem weißen T-Shirt. Einmal abgesehen vom Alter des inzwischen 65-Jährigen, erweckte er den Eindruck eines gut aufgelegten Jugendlichen, der keine Geheimnisse hatte und bereitwillig Auskunft über das Bandgeschehen gab.
Freudig erregt und solide vorbereitet traten ihm die Moderatoren im Kölner Studio entgegen. Angesichts der Dauerpräsenz von Corona und Donald Trump in den Medien schien ihnen diese Abwechslung mehr als zu gefallen. Dazu erklangen in der Sendung einige Sequenzen aus dem Video zu "Shot In The Dark", der ersten Singleauskopplung aus dem neuen Album "Power Up".

Angesichts der Tatsache, dass ich meine Aufmerksamkeit für Neuerscheinungen in diesem sehr speziellen Jahr nicht sehr hoch halte, war diese Veröffentlichung für mich doch ein wenig überraschend. Vor allem deshalb, weil mir nicht klar war, wie es mit AC/DC weitergehen würde, nachdem Angus Youngs Bruder Malcolm am 18. November 2017 verstorben war. Er hatte als Rhythmusgitarrist und Songwriter großen Anteil am bisherigen Erfolg der Hardrocker. Hinzu kommt, dass sich Sänger Brian Johnson vor fünf Jahren auf ärztlichen Rat von der Bühne verabschiedet hatte, denn es drohte ihm Taubheit. Neben ihm kehrten 2020 nach Bandangaben Schlagzeuger Phil Rudd und Bassist Cliff Williams zurück. Seit 2014 gehört Rhythmusgitarrist Stevie Young zu AC/DC. Der schottische Musiker rückte an die Stelle seines Onkels Malcolm Young, der krankheitsbedingt 2014 aufhören musste, bevor er 2017 starb.

Wie Angus Young in der ARD-Sendung erklärte, sei der Grundstock für das neue Album noch zu Lebzeiten seines Bruders gelegt worden. Nach dem Tour-Ende 2016 habe er mit ihm einige schon länger bestehende Songideen ausgearbeitet. 2020 wurden diese Stücke unter Beteiligung der anderen Protagonisten zu einem Gesamtwerk zusammen gefügt. Der große Überraschungseffekt bleibt logischerweise wie immer aus. Dafür ist der Wiedererkennungswert unendlich hoch. Langeweile kommt beim Anhören der zwölf Tracks trotzdem nicht auf. "Demon Fire" und "Witch’s Spell" sind zwei Pulswärmer, die sich gut als Anspieltipp eignen. Ausfälle gibt es innerhalb der Spielzeit von 41 Minuten keine.

Das neue AC/DC-Album "Power Up" weckt im Corona-Jahr die Hoffnung auf bessere Zeiten. Offiziell knüpft die Produktion dort an, wo das bisher letzte Album Rock Or Bust (2014) aufhörte. Das aktuelle Werk steht somit in der Folge der gefühlten 100 Alben, die bisher aus dem Hause AC/DC kamen. Tatsächlich veröffentlichte die 1973 in Australien neu formierte Band um Gründungsmitglied Angus Young 17 Studioalben.


Line-up AC/DC:

Brian Johnson (vocals)
Angus Young (guitar)
Stevie Young (guitar)
Cliff Williams (bass)
Phil Rudd (drums)

Tracklist "Power Up":

  1. Realize
  2. Rejection
  3. Shot In The Dark
  4. Through The Mists Of Time
  5. Kick You When You’re Down
  6. Witch’s Spell
  7. Demon Fire
  8. Wild Reputation
  9. No Man’s Land
  10. Systems Down
  11. Money Shot
  12. Code Red

Gesamtspielzeit: 41:03, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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