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Achilles Wheel / Sanctuary – CD-Review

Achilles Wheel / Sanctuary – CD-Review

Achilles Wheel – eine Band so richtig nach meinem Geschmack. Das geht bereits im Booklet bei den Danksagungen los, denn da wird der Belegschaft der Berryessa Brewing Company für die stete Unterstützung genauso gedankt, wie der Person, die die Katzen hütet. So muss das sein, Aber so richtig nach meinem Geschmack ist natürlich die Musik von Achilles Wheel. Das kann man gerne noch mal nachlesen bei den Reviews von 13 Hours (2013) und Stones To Sand (2014).

Auch "Sanctuary" haut voll in diese Kerbe. Das liegt vor allem an den beiden Spitzengitarristen Jonny 'Mojo' Flores und Paul Kamm sowie an den beiden Drummern Mark McCartney und Gary Campus. Doppelbesetzung an Gitarre und Schlagzeug … genau!  Es liegt aber nicht nur daran, Shelby Snow an Bass und Ben Jacobs an den Keyboards sind Meister ihres Fachs und last but not least komplettieren Mandoline und Harmonika die instrumentalen Waffen dieser kalifornischen Jam-Truppe. Als i-Tüpfelchen verfügt die Band über vier Sänger, die diese Harmoniewaffe des Öfteren einsetzen und somit das eine und andere Mal die Nackenhaarfrisur durcheinanderbringen.

Dass die Wurzeln von Achilles Wheel bei Dead Ahead liegen, schrieb ich bereits in einem Vorgängerreview. Ich muss es aber gerne wiederholen, denn nicht nur die Kompositionen, nicht nur das Line-up, nein, auch die Stimmfärbung lässt immer wieder die Augenbrauen hochschnellen, weil man zwar weiß, dass hier nicht Jerry und Bob die Saiten bedienen, es aber genau so klingt.  Gitarrenspieltechnik, Gitarrensound, Komposition … Jonny 'Mojo' Flores und Paul Kamm hauen voll in diese Kerbe. Dazu die frappierende Ähnlicheit bei den Vocals. Man höre sich nur einmal "Oak Tree" an. Diese folkige Bluegrass-Nummer mit dem gekonnten Mandolinenspiel. Es ist nicht zu glauben …

Aber Achilles Wheel als eine Band zu bezeichnen, die ihren Heroes einfach nur nacheifert, wäre falsch. Natürlich haben sie auch zwei Drummer, weil diese vertrackten und locker trabenden, aber komplizierten Rhythmen anders nicht zu bewerkstelligen wären. Und doch merkt man, dass da eine andere Truppe zugegen ist. Sie bereisen einfach mehr Gebiete des Jam Rocks. Und sie bewegen sich auch im Southern Rock, im Country- und Folk Rock, mit "Honey Bee Wine" gibt es auch einen bluesig jazzigen Boogie …

Und dann die Monster wie "Drink The Water" oder "One More Last Chance", um ’nur' mal zwei Titel zu nennen. Zwei aus einem Album, dessen Tracklist eigentlich komplett aus Granaten besteht. Klingt es hier nach Phish, dort nach den Allmans und unterschwellig aber immer nach Grateful Dead, sind die Arrangements doch allesamt von Achilles Wheel. Bei diesen Händchen fürs Songwriting kann man nur den Hut ziehen. "Drink The Water" ist ein Jam vor dem Herrn. Besser kann man das nicht machen. Und das bereits als Opener (auch der Rausschmeisser "Turn The Worm" ist vom gleichen Kaliber)! Man möchte an den Kleiderschrank und die Tie-dye-Klamotten herauskamen, kommt aber nicht von der Anlage weg. Da ich nur zwei der Monster vorstellen wollte, kann ich jetzt "Blow Wind Blow" nicht erwähnen, diesen jammigen und flotten Country-Rocker.

Also dann "One More Last Chance". Das Stück atmet die Luft des Südens, verströmt Allmans-Rhythmik, Allmans-Gitarren, hat hier und da etwas Spirit der Marshall Tucker Band und lässt auch Meister Haynes vor dem geistigen Auge die Mule-Saiten malträtieren. Und, liebe Leser, so geht das im Prinzip über das komplette Album. Mir ist zur Zeit keine Band bekannt, die dieses Genre so genial bearbeitet.

Kaufen, kaufen, kaufen, kann ich da nur sagen. Siebzig Minuten Jam Rock vom Allerbesten: Absoluter Tipp!


Line-up Achilles Wheel:

Jonny 'Mojo' Flores (vocals, guitars, mandolin)
Paul Kamm (vocals, guitars)
Shelby Snow (vocals, bass)
Mark McCartney (drums, vocals, percussion)
Gary Campus (drums, percussion)
Ben Jacobs (keyboards, harmonica)

Tracklist "Sanctuary":

  1. Drink The Water
  2. Blow Wind Blow
  3. Across The River
  4. Cross The Bridge
  5. Love Is Thicker Than Water
  6. Sanctuary
  7. Shadow Of A Doubt
  8. Honey Bee Wine
  9. Oak Tree-01
  10. One More Last Chance
  11. Rain Don’t Last Forever
  12. Babylon By Morning
  13. Turn The Worm

Gesamtspielzeit:67:21, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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4 Kommentare

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  1. Marek

    Hallo Peter ! Kennst du Bitter Roots ? Wenn nicht unbedingt checken !

    Hallo Uli ! Tolle Rezi wie immer mein alter Kerzen-Musik Freund.

    Marek

    1. Ulli Heiser

      Jesses! Marek!

      Schön, dass ich mal wieder etwas von dir höre. Wie lange ist das denn nun her?
      Kerzenmusik, ja … 🙂

      Allerbeste Grüße mein Freund

  2. Ulli Heiser

    Hallo Peter,

    Danke für dein Feedback. Es freut mich sehr, dass die Band anscheinend doch Freunde in Deutschland hat. Die Jam-Gemeinde hierzulande mag zwar klein sein, aber dafür ist sie fein. Es ist wahrscheinlich so, dass die meisten Clubs hierzulande immer auf den gleichen Blues Rock setzen. Der hat Fans und füllt den Saal. Das Riskio, eine Band aus den Staaten zu holen, ohne zu wissen, wie die Clubbesucher das annehmen, ist sicher finanziell riskant. moe. allerdings wundert mich, der Name sollte Rock-Liebhabern jeder Coleur eigentlich bekannt sein.
    Fairerweise muss man aber auch fragen: Woher sollen die Leute solche Bands auch kennen? Die letzte Scheibe bekamen wir von einem Promoter aus Skandinavien. Die jetzige von der Band selbst, "Devil in the Yard" wurde mir nicht nahegebracht und das ist der Knackpunkt, denn wo hätte ich die finden sollen, außer die Truppe immer auf dem Schirm zu haben? Daher sage ich nichmal: Klasse, dass es 'da draußen' Fans gibt. Wir Schreiberlinge sind anscheinend leider viel zu Wenige, um so etwas zu verbreiten.

    Ulli

  3. Peter

    Danke, dass Du dich wieder dieser phantastischen Band und ihrem aktuellen Werk angenommen hast. Es fehlt zur Vervollständigung nun nur noch die Rezension vom Album "Devil in the Yard" von 2016.
    Schade, dass deutsche Hörer allem Anschein nach, nichts mit dieser Art von Musik anfangen können – warum -.keine Ahnung. Jam Rock findet ja quasi hierzulande nicht statt. So habe ich vor einigen Jahren, die genialen Moe., die in den USA regelmäßig ganze Stadien füllen, in einem "Dorfschuppen" vor vielleicht 100 Leuten erlebt. Die meisten Bands kommen wohl deshalb gar nicht erst über den Teich.
    Aber selbst die deutsche Musikpresse übergeht diese Musikrichtung fast vollständig, dafür lese ich, gefühlt jeden Monat, etwas von Joe Bonamassa (den ich übrigens auch sehr schätze).
    Selbst wenn ich auf Amazon mal meinen Senf zu einer Neuerscheinung, wie denen von Achilles Wheel dazugebe, ist die Reaktion meist null.
    Ich bin jedenfalls froh, dass es noch ein paar Online .Magazine wie Rocktimes gibt, die berichten.
    Gruß aus Thüringen

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