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Achim Reichel / Blues in Blond – LP-Review

Die Nachricht von Achim Reichel und seinem Nr. 1-Hit in China mündete in einem Gang zur LP-Sammlung.
Den Zugriff bekam "Blues in Blond", einem von »[…] vier für ihn wichtige Scheiben […]«.
An anderer Stelle handelt es sich bei der vorliegenden Platte sogar um eines der vier bedeutendsten Alben.

Die anderen drei Veröffentlichungen sind "Regenballade", "Melancholie und Sturmflut" sowie "Wilde Wassermann Balladen & Mythen".
"Blues in Blond" wurde 1981 veröffentlicht und feierte 2021 sein vierzigjähriges Jubiläum.

Relativ gut ist die Erinnerung beim Kauf-Grund. Einerseits, weil Blues auf dem Cover steht und andererseits wegen "Der Spieler". Bei der Nennung des Songtitels wird heute noch zuhause im Duo gesungen.
»[…] Komm rüber, Spieler, Spieler komm rüber
Das Spiel ist doch längst vorbei […]«
.
Dann ist da noch die Sache mit der 17 … »[…] und 17 fällt […]«.

Zum Song "Der Spieler" und seiner LP-Länge von zirka fünfeinhalb Minuten lesen wir auf Achim Reichels Website:
»[…] Und sogar als Der Spieler schon ein Hit war, haben sich einige Rundfunk-Stationen geweigert, ihn zu spielen. Ich entschied für mich, was soll’s, mach' halt eine Kurzversion davon und kürze das Stück um eine Strophe. Und so kam, was nicht zu verhindern war, die Einladung zur ZDF-Hitparade. Obwohl das eigentlich nicht meine Baustelle ist, war ich dann doch der Meinung: Wenn Du den Leuten zeigen willst, dass es auch etwas Anderes zu hören gibt, musst Du da hin. Seitdem steht in meiner Trophäen-Sammlung eine metallene Hitparaden-Drei. […]«

Der Tonarm senkt sich und schon sind wir mittendrin im Geschehen.
Es ist wie damals. "Der Spieler" läuft. "Der Spieler" endet mit einer rollenden Roulettkugel, und einem »[…] rie ne va plus […]«.
Den Tonarm liften und wieder bei Anfang absenken. "Der Spieler" läuft. "Der Spieler" endet mit einer rollenden Roulettkugel, und einem »[…] rie ne va plus […]«. Und so weiter.
Irgendwann ist dann Schluss mit "Der Spieler" und die anderen zehn Songs werden unter die Lupe genommen.

Achim Reichel, der Deutsch-Rocker, Liedermacher, der Singer/Songwriter, der Musiker, der den Blues hat.
Der Album-Abschluss und gleichzeitig Titelsong "Blues in Blond", in dem es um eine Frau mit langem blondem Haar geht, deren Herz man in Berlin erobert hat und dann auch schnell wieder verlor. Achim Reichel singt den Blues und seine Mitmusiker spielen einen ganz feinen Zwöftakter, der vom reich an Nuancen dargebotenen Johnny 'Hurricane' Paris-Saxofon-Einsatz überlagert wird.
Der "Eckenliegerblues", jetzt mit Manfred Seegers am Holzblasinstrument, ist eine wunderschön groovende sowie extrem entspannte Nummer.

Geschmeidig kommt "Mama Stadt" in fast schon epischer Breite rüber.
Eine Art Lobgesang auf eine Großstadt, für die es doch noch Hoffnung gibt. Die Texte aller Songs auf "Blues in Blond" stammen aus der Feder von Jörg Fauser.
Dazu liest man auf der Website des Protagonisten unter anderem:
»[…] Zwischen uns beiden gab es ein tolles Verständnis. Wir waren uns ziemlich nah, was unsere Kommunikation sehr erleichterte. […] Schlussendlich sollten die Texte über meine Zunge rollen können, darum war es für mich nötig, mich mit ihnen identifizieren zu können. Jörg hat das verstanden. […]«

Von "Mama Stadt" kommt der Reisende schließlich "In einer fremden Stadt" an.
Hier wird kräftig gerockt und entsprechend groß sind die Emotionen im Gesang eines Achim Reichel. So verpackt man einen vielseitigen, aussagekräftigen Text in ein genau passendes musikalisches Umfeld. Highlight!
Ein weiterer Höhepunkt ist das Treiben beim "Apyokalypso Ball". Ziemlich abgedreht, über was sich die Leute, geladen oder nicht, so aufregen. Der »[…] Knall […]« auf dem Ball bleibt aus. Der Song ist der Held.

Verführerisch ist nicht nur der "Kettchen am Fuß"-Text, sondern die gesamte Nummer, die man irgendwo in sonnigem See-Feeling wiederfindet.
Ein Hammer ist dann das gleich darauf folgende "Komm in die Falle, Marie", einem Stück, das auch hier die scharf gewürzte Gitarre zur Geltung bringt. Ein seichter Blick in die Siebzigerjahre erlaubt sich auch ein Achim Reichel.
"Der Schatten an der Wand" ist traumwandlerisch-schwebende Eleganz in knapp fünf Minuten. Einfach herrlich, diese dahin gleitende Atmospäre.

Neben Bassist Dieter Horns (auch Lucifer’s Friend), Peter Franken (Schlagzeug), sind die Tastenbeiträge von Adrian Askew (unter anderem Lucifer’s Friend, Atlantis, Tone Band, Lake) bemerkeswerte Klang-Erweiterungen. Ganz zu Schweigen von den beiden Herren am Saxofon.

Der Mitbegründer von The Rattles sowie damals Mitglied bei Wonderland hat uns mit "Blues in Blond" einen riesen Gefallen getan.
Achim Reichel zeigt eine hochgradige Kompetenz, wenn es nicht um Lieder auf hoher See geht.
"Blues in Blond" ist und bleibt ein Highlight.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Line-up Achim Reichel:

Achim Reichel (vocals, guitars)
Peter Franken (drums, percussion, calimba)
Dieter Horns (basses)
Adrian Askew (keyboards)

With:
Manfred Seegers (saxophone – #A2,4)
Johnny 'Hurricane' Paris (saxophone – #B6)
Claus-Dieter Schmolt (guica – #A5)
Ruth Rockenschaub (choir – #A3)

Tracklist "Blues in Blond":

Seite 1:

  1. Der Spieler (5:23)
  2. Ich hab von dir geträumt (3:28)
  3. Mama Stadt (5:58)
  4. Eckenliegerblues (3:33)
  5. Der Schatten an der Wand (4:48)

Seite 2:

  1. In einer fremden Stadt (5:30)
  2. Kettchen am Fuß (3:12)
  3. Komm in die Falle, Marie (3:29)
  4. Apokalypso Ball (2:13)
  5. Die stärkste Sonne sieht man nicht (3:52)
  6. Blues in Blond (4:35)

Gesamtspielzeit: 23:10 (Seite1), 22:51 (Seite 2), Erscheinungsjahr: 1981

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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