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Acoustic Black / In A Different Light – CD-Review

Acoustic Black / In A Different Light

Potzblitz, ist das nicht der Staufen?
Auf dem Video zu "Destiny Ride", mit dem sich Acoustic Black bei RockTimes vorstellten, rollen drei Vehikel durch die Natur, selbstverständlich besetzt mit unseren Protagonisten Franz, Jakob und Stefan. Dessen sehr Leichenwagen-verdächtiges Gefährt streikt als erstes, dann hat auch Jakobs Moped einen Platten. Franz sammelt sie alle auf, doch irgendwann geht auch dem Fiat 500 die Puste aus und das letzte Stück zur Anhöhe heißt es dann schieben. Doch am Ende spielen sie im Abendlicht im Kreise brennender Fackeln und vor der einzigartigen Bergkulisse der Chiemgauer und Berchtesgadener Alpen auf ihren akustischen Klampfen und der Kistentrommel ihren Song zu ende, die »Schicksalsfahrt zur Sonne« findet einen glücklichen Ausgang. Klingt wie eine alternative Sonnenwendfeier, die im Chiemgau noch immer aufwendig praktiziert wird.

Was man mit akustischen Gitarren alles zaubern kann, denke ich mir und werde zurückversetzt in den Opener des Rodriguez-Films "Desperado", als Mr. Banderas mit seiner Gitarre auf die Theke hüpft und zum Höhepunkt seines Solos dem fiesen Sauermann, der dort gerade ein paar Frauen belästigt hat, nebenbei sein Spielgerät über die Omme zieht. Schlagende Argumente für einen starken, handgemachten Sound von unverstärkten Saiten.

In ihrem Begleitmaterial werden sie als ein möglicher Mix aus The Sublime und The Clash beschrieben – dem kann ich nicht widersprechen. Die drei bereits namentlich erwähnten Jungs aus Freilassing haben sich für einen akustischen Sound entschieden, der ihren Wunsch nach handgemachter schnörkelloser Musik ausdrücklich transportieren soll. Auch das gelingt trefflich und gibt ihnen damit zwar kein Alleinstellungsmerkmal, aber ganz sicher einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Dass die Musik jedoch von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselt und mitreißt, liegt daran, dass die Jungs einfach gute Songs schreiben. Eingängige, meist tanzbare Intros mit vielen Assoziationen für Bekanntes (bei "Do You Wanna Dance?" musste ich spontan an die Chili Peppers denken), die aber sofort melodische und spannende Wendungen eingehen, ohne den eingeschlagenen Spirit zu verlassen. Damit haben sie mich sofort 'on the road' geholt, die Straße auf dem Weg wohin auch immer; ein Bild, das sich durch das ganze Album zieht, ganz besonders in der traumhaft schönen Ballade "My Song", eine besinnliche Reflexion auf das Leben und wohin es uns führen wird.

Was der Musik von Acoustic Black wohl den markantesten Stempel aufsetzt, ist die faszinierend ausdrucksstarke und elektrisierende Stimme von Sänger und Gitarrist Franz. Kernig, emotional und ungeheuer authentisch – das gibt den Songs zusätzliche Glaubwürdigkeit und mir an manchen Stellen eine passable Gänsehaut.

Den speziellen Humor der Jungs findet man überall auf dem Album, ich hab mir da mal den "Mr. Lan" etwas genauer angehört, den die Mädels nicht mögen und der sich halt Befriedigung im 'Netz' besorgt. Huch, ein ziemliches Tabu, über das Viele nur wenig reden. Böser wird es noch in "Flowers", wenn ein junges Mädchen, lieb und unschuldig von Natur aus, gerne mit Mami und Papi in die Kirche geht, in der Schule immer die beste ist – und eines Tages mit Blumen für Mami und Papi in der Tür steht und vor sich die liebe Mami nackt auf dem Boden mit dem Prediger beisammen sieht: »Flowers in her hands, with a face like in trance, she stands in the door, she’s no angel no more.« Spontan fallen mir Hannes Waders Lieder von Pfaffen und Bauern ein.
Ja ja, was so alles hinter verschlossenen Türen vor sich geht, schön dass unsere drei Akustischen vor solchen Themen nicht halt machen.

Schön übrigens auch, dass das Album mit Naturgeräuschen beginnt und endet, während dazwischen vierzig Minuten lang gradlinig und sauber gerockt wird. Das abschließende "Wonderland", das erst einmal ein paar Reminiszenzen an Bob Dylans "Knockin' On Heavens Door" ausweist, entwickelt sich nach einer flotten Fahrt am Ende zu einem stimmungsvollen Ausklang, der mich an eine ganz besonders großartige Liveband aus Schottland erinnert, nämlich Runrig und die fantastische Stimme von Bruce Guthro. Da kommt richtiges Folk-Feeling auf.
Hey, und die Trompeten-Sprenkel in einzelnen Songs geben dem ganzen eine sehr schöne, zusätzliche Nuance, ein gewisser Danny Louis praktiziert das ja schon lange, auch wenn er inzwischen meist die Posaune bemüht.

Ein ganz besondere Stärke des Albums insgesamt ist so etwas wie die Adaption des bayrischen Spirits in die alternative Musikszene. Wer die Filme von Marcus H. Rosenmüller oder die genialen Eberhofer-Krimis kennt, wird hier bestens bedient. Augenzwinkernd, getragen von Humor so schwarz wie die Akustische, aber irgendwie immer gut drauf und am Ende entwirren sich auf glückliche Weise alle Verschlingungen. Eine wohltuende Botschaft aus dem bajuwarischen Süden, deren positive Prägung ganz sicher auch ein bisschen mit dem zu tun hat, was einen umgibt, wenn man mal mit der Karre durchs Alpenvorland heizt und die Sinne frei macht für das, was man sieht. Das Video zeigt dies bei allem Spaß, der dort getrieben wird, sehr eindrucksvoll.

A geile Musi, a Gaudi, a g’scheits Bier, und hie und da gemma aufi auf’m Berg, genau darum lebe ich ja auch in Bad Reichenhall – wenn ich die Zeit dazu habe.
Genau das wird, so ist jedenfalls der Plan, Anfang Oktober der Fall sein, wenn in Piding die Release-Party für dieses tolle Album gefeiert wird. Da könnte ich von meiner Behausung fast zu Fuß anreisen. Das Laufen werde ich mir vermutlich ersparen, den Besuch hingegen möchte ich mir nicht entgehen lassen. Und das alles direkt am Fuße der eingangs erwähnten Staufen-Nordwand aus dem Video, möge die "Destiny Ride" von Freilassing nach Piding diesmal glimpflich ausgehen, allzu weit ist es ja nicht und die Steigungen halten sich in Grenzen.

Großartige Melodik und eine mitreißende Stimme, gepaart mit bayrischem Wortwitz ins Englische übertragen, das ist akustischer Alternativ-Rock aus Freilassing, der bereit ist, die Welt zu erobern. Und wenn der Fiat wieder mal nicht fahren will, gibt es ja immer noch die Bahn, denn die fährt (fast) immer und überall hin. Acoustic Black machen Spaß, sehr viel Spaß und ich freue mich, sie demnächst auch live erleben zu können.


Line-up Acoustic Black:

Franz Haas (vocals, guitar, trumpet)
Jakob Hauk (bass)
Stefan Reiter (drums, percussion)

Tracklist "In A Different Light":

  1. Destiny Ride
  2. Irresistible
  3. Do You Wanna Dance?
  4. Drinking The Night Away
  5. Wasted Nights
  6. Crazy Love
  7. Mr. Lan
  8. Flowers
  9. Feel So Free
  10. My Song
  11. Wonderland

Gesamtspielzeit: 39:32, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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