Der neue Stern am deutschen Americana-/Roots Rock-Himmel soll ein Mann namens Alex Behning sein, so heißt es. Auf den schwarzweiß-Fotos des Plattencovers ist der Protagonist mal mit Würfeln, mal mit Spielkarten, mal mit einer Kristallkugel oder ziemlich verlassen an der Eintrittskasse zu sehen, während ein schwach beleuchtetes Zirkuszelt das Cover von "Trickster und Propheten" schmückt. Da wird erstmal eine Atmosphäre aufgebaut, die natürlich hervorragend zum Albumtitel passt und obendrein auch richtig neugierig macht.
Aber nee, nee, nee, Freunde der Nacht, ich kann mich einfach nicht mit "Trickster und Propheten", dem zweiten Album des gebürtigen Schleswig-Holsteiners und heute scheinbar in Konstanz lebenden Alex Behning, anfreunden. Und wenn mir noch soviele Leute aus seinem Umfeld sowie alte oder neue Fans und dazu noch gewisse Kollegen von anderen Musikmagazinen das Gegenteil erzählen wollen. Dabei hat der Mann musikalisch eigentlich ein richtig nettes Americana-/Roots Rock-Album vorgelegt. Vom Kompositorischen und Musikalischen her sind das gute Songs mit warmem Klang, hervorragend produziert und zudem abwechslungsreich gestaltet. Der Knackpunkt, der mir dieses Album aber ziemlich vermiest, sind (gar nicht mal so sehr) die Gesangsmelodien und (sehr viel mehr) die Texte. Die sind nämlich so offensichtlich von Bob Dylan… nennen wir es mal 'inspiriert', dass die Individualität dieser Scheibe sehr schnell flöten geht.
Das geht bereits mit dem Opener "Die Hand, die das Geld entgegennimmt" los, über dem Dylans "Time Out Of Mind" wie eine schwarze Wolke hängt. Dann kommt "Wenn du mal wieder im Norden bist"… hat irgendjemand schon mal "Girl From The North Country" gehört? Bei "Seit wir Freunde sind" singe ich beim Refrain intuitiv Dylans "Golden Loom" zur Melodie mit usw. usw. Auch "Was hast du gesehen" ist so ein Fall, der mich eher missmutig werden lässt. Textlich rührt Behning oft in poetischen Welten, wie man sie von dem bereits oft erwähnten Dylan und teilweise auch Tom Waits kennt (und liebt). Klar sind die Texte auf Deutsch (ach ja, der gute Tom Liwa von den Flowerpornoes lässt auch hier und da mal grüßen), aber die Querverweise bzw. Vorlagen dafür sind nicht von der Hand zu weisen, was leider oft auch auf die Arrangements zutrifft.
Logischerweise kann man das sehen, drehen und wenden, wie man will. Und vielleicht sind vielen von Behnings Fans dessen Einflüsse auch gar nicht (mehr) geläufig. Denen mags gefallen und das sei ihnen auch gegönnt, wie jedem anderen selbstverständlich auch. Mir persönlich geht es eher so, als wolle man mir hier ein X für ein U vormachen bzw. etwas als Neu verkaufen, wobei sich der Musiker doch ganz heftig bei seinen eigenen Vorbildern bedient hat (wieso kommen mir jetzt gerade die Prinzen mit "Alles nur geklaut" in den Sinn??). Vielleicht merkts ja aber auch keiner? Ich finds jedenfalls ärgerlich und alles andere als originell, was euch aber nicht davon abhalten sollte Alex Behning mal anzuchecken, um euch eure eigene Meinung zu bilden.
Line-up Alex Behning:
Alex Behning (Akustik-Gitarre, Pedal Steel Guitar – #1,4, Mundharmonika – #7,9, Gesang)
Wulf Schnaase (Elektrik-Gitarre)
Georg Schröder (Bass)
Detlev Martens (Schlagzeug, Perkussion)
Mit:
Sven Urbatzka (Klavier – #1,3,5,12, Orgel – #6-8,10-12)
Oliver Grünwoldt (Klavier – #4)
Daniel Thürler (Schwyzeroergeli – #2)
Bill Flowe (Banjo – #3, Geige – #5)
Fabian Halter (Trompete – #8)
Mario Räbsamen (Trompete – #8)
Manuel Halter (Posaune – #8)
Markus Passerini(Saxofon – #8)
Arno Haas (Saxofon – #11)
Oskar Lützow (Helikon – #8)
Tracklist "Trickster & Propheten":
- Die Hand, die das Geld entgegen nimmt
- Wenn du mal wieder im Norden bist
- Liebe ist ein Fluch
- Elvira Madigan
- Frisches Gras
- Himmel voller Geigen
- Seit wir Freunde sind
- Neuigkeiten aus dem Paradies
- Heather
- Was hast du gesehen
- Rockabilly
- Wir sehen uns wieder irgendwann
Gesamtspielzeit: 42:27, Erscheinungsjahr: 2016
Neueste Kommentare