Vielleicht ist es gerade der ländliche Raum, der Musikerträume früher gedeihen lässt. Ein Beispiel: Die Gemeinde Seewald im Nordschwarzwald.
Harald Haist ('Harry') war gerade einmal elf Jahre jung, als er das erste Mal den Drang verspürte, Rock’n’Roll-Musiker zu werden. Dieser Traum sollte schon bald Realität werden: 2012 gründete der Gitarrist zusammen mit Frontmann und Bassist Mathias Seuthe ('Pille') die Band AlleHackbar, zu der ein Jahr später der Schlagzeuger Jan Oberle stieß. In dieser Besetzung musiziert das Trio noch heute. In einer schnelllebigen und oft turbulenten Zeit ist dies gewiss keine Selbstverständlichkeit. Doch genau daraus speisen AlleHackbar ihre Kraft zum Musizieren und sicherlich auch eine gesunde Portion Selbstbewusstsein. »Heavy Rock’n Roll from Black Forest Hell Germany« war geboren.
In erster Linie gehen die drei Süddeutschen der Lizenz zum Partymachen nach und leben das gleichwohl in musikalischer Hinsicht aus, alle Klischees inbegriffen. Hier unterscheidet sich ihr aktuelles Album inhaltlich und musikalisch nicht von den beiden Vorgängern "Play It Fucking Loud" (2015) und "Redneck Superstar" (2017). Zusätzlich gab es 2019 ein Livealbum. Die EP "Rock Around The Cock" erschien 2014 zum Karrierestart. Wann immer es die Möglichkeiten erlauben, sind AlleHackbar seitdem mit Videoclips am Start und untersetzen ihre Botschaft audiovisuell. Solange es die Band gibt, so lange gibt es im Ortsteil Besenfeld in der Gemeinde Seewald das jährliche Festival "Harry`s Full Metal Party", das der Gitarrist mit viel Herzblut und Akribie organisiert und bei dem der Name Programm ist. Am 1. und 2. Juli 2022 geht die Party mit vier, fünf Bands in die nächste Runde.
AlleHackbar haben mit dem Heavy Rock’n’Roll ihre musikalische Heimat gefunden und halten damit alle Türen offen, um andere Stilrichtungen wie Punk und Power Metal einfließen zu lassen. Verrät allein die originelle Bezeichnung Heavy Rock’n’Roll eine Nähe zu ihrem verstorbenen Vorbild Lemmy Kilmister (1945 – 2015) und dessen Band Motörhead, galt doch die gleichfalls dreiköpfige britische Formation nicht nur als reine Heavy Metal-Band, sondern ließ stets auch Einflüsse aus Punk, Hard Rock, Rock’n’Roll und Bluesrock zu. Das war charakteristisch für die Band Motörhead, die sich durch eine ungezügelten Spielfreude auszeichnete.
Ohne angezogene Handbremse, dafür mit einem rasanten Tempo interpretieren AlleHackbar ihre dreizehn neuen Stücke auf "In Your Face". Die harten Gitarrenriffs, der Gesang und die mit atemberaubender Geschwindigkeit agierende Rhythmusgruppe aus Bass und Schlagzeug lassen immer wieder Anleihen zum Punk erkennen. Der Übergang ist fließend. An einigen Stellen, beispielsweise beim Titel "In Your Face" und bei "Fuck The Haters", ist ein Hauch Metallica unüberhörbar, sowohl gesanglich als auch in puncto Instrumental.
Im Kern bewegen sich AlleHackbar aber schon zwischen Heavy Rock und Rock’n’Roll. Das passt insofern gut, weil Rock’n’Roll in den frühen Jahren ein nicht eindeutig abgegrenzter Begriff für einen Musikstil war, der für das damit verbundene Lebensgefühl einer jungen Generation stand. Klar ist wohl auch, dass der Bandname in irgendeiner Bar zwischen Whisky und Bier entstanden sein muss. Was die drei Musiker am Ende aus den Boxen lassen, erscheint allemal ehrlich und glaubwürdig. Während es hier einen verlässlichen Anknüpfungspunkt zu Motörhead gibt, stellt die enorme Energieleistung beim Musizieren beide Bands auf Augenhöhe.
Auf "2012" feiern sich AlleHackbar und ihr Entstehungsjahr ausgelassen. "Friendship" beschreibt die Freundschaft als wichtiges Fundament für das gemeinsame Thema, die Musik. Mit "Modern Slave," "No Return" und '"Fuck The Haters" zeigen die drei Akteure, dass Partys zwar zum Alltag gehören, aber nicht unbedingt alles sind. Die Texte schreibt übrigens fast ausschließlich Gitarrist und Festival-Organisator Harry.
Alle Platten eingerechnet, ist mit "In Your Face" gerade das fünfte Album erschienen, das nach Informationen der Band schon für Ende 2020 geplant war. Ihre Zielstrebigkeit, die hohe Beständigkeit in der Besetzung, ihre Aktivitäten bis hin zu eigenen Konzerten, ihre Geradlinigkeit und die Beliebtheit bei den eigenen Fans nötigen großen Respekt ab. AlleHackbar sind nicht gerade auf dem Weg, eine Marke zu werden. Sie sind es längst.
Line-up AlleHackbar:
Harry (vocals, guitars)
Pille (bass, vocals)
Jan (drums)
Tracklist "In Your Face":
- In Your Face
- No Return
- Metal-Train
- Religion
- Beer, Scotch, Gras
- Zander
- Saturday Night
- 2012
- Born To Rock
- Another Page
- Fuck The Haters
- Friendship
- Modern Slave
Gesamtspielzeit: 42:36, Erscheinungsjahr: 2022
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