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Alvin Lee / Detroit Diesel – LP-Review

Alvin Lee - "Detroit Diesel" - LP-Review

Der Verfasser dieser Zeilen kann sich noch lebhaft erinnern, wie entsetzt und enttäuscht er von dem einzigen Studioalbum aus den achtziger Jahren seiner damaligen Lieblings-Blues Rock-Band Chicken Shack war, nachdem er "39 Bars" die ersten paar mal durch seine Anlage gejagt hatte. Denn auch der Band um den Frontmann Stan Webb widerfuhr damals dieser schreckliche Achtziger-Sound, zu dem man wohl nicht mehr viel sagen muss. Glücklicherweise ist diese Unart an Alvin Lee und seinem 1986er-Album "Detroit Diesel" – vielleicht auch, weil er selbst produziert hatte – nur ansatzweise anzukreiden. Die Scheibe stellte Alvins ersten Studio-Output seit "RX5" der Alvin Lee Band aus dem Jahr 1981, also nach fünf Jahren, dar. Als Mitstreiter hatte er nach wie vor den Keyboarder und Gitarristen Steve Gould sowie den Bassisten Mick Fe’at an seiner Seite, während er für diese Scheibe auch auf den Tastenmann Tim Hinckley (unter anderem Ex-Steve Marriott) sowie weitere Gäste bauen konnte.

Um den bekanntesten Gast mal vorab zu erwähnen, steuerte niemand geringerer als George Harrison eine klasse Slide-Gitarre zu der Blues-Ballade "Talk Don’t Bother Me" bei. Eingespielt als Trio, war an diesem Stück auch Hinckley an der Hammond beteiligt. Los geht allerdings alles mit dem feinen Rocker "Detroit Diesel", dem Titeltrack, bei dem sich Lees mit fettem Sound ausgestattete Gitarre nach einer kurzen Keyboard-Einleitung gleich mächtig reinhakt und erst gar keine Zweifel aufkommen lässt, dass hier nach wie vor ehrlicher Blues Rock das Sagen haben soll. Für "Shot In The Dark" wurde dann allerdings – glücklicherweise als einzigem Stück – sowohl Drum-Programming, als auch ein Synth Bass verwendet. Ja … kann man, muss man aber nicht mögen. Der Song an sich ist ebenfalls eher poppig, allerdings vom Songwriting gar nicht mal sooo schlecht ausgefallen. Dennoch stellt die Nummer die rote Laterne im Song-Ranking des Rezensenten bezüglich dieses Albums dar.

Ist "Ordinary Man" auch ein guter Rocker, so muss er sich dennoch ein paar Punktabzüge für etwas zu uninspiriertes Songwriting gefallen lassen. Deutlich besser kommt da schon "Too Late To Run For Cover", das durch große Power und klasse Gitarrenarbeit zu überzeugen weiß. "Heart Of Stone" startet die zweite Seite der mir vorliegenden neuen Vinyl-Ausgabe der Scheibe auf sehr starkem Niveau, das von dem folgenden, etwas trivialen "She’s So Cute" jedoch nicht gehalten werden kann. Auch "Back In My Arms Again" kommt gefällig und mit cooler Gitarrenarbeit, aber seien wir ehrlich: solches Material konnte der gute Alvin Lee nachts im Schlaf schreiben und nach dem ersten Gang ins Bad mit noch halb geschlossenen Augen runter spielen. Heißt: 'Inspiriert' ist was anderes. Glücklicherweise legt "Don’t Want To Fight" dann noch mal einen Zahn – wenn nicht vom Tempo, dann aber von der Qualität – zu.

Ganz fair gesehen kann man durchaus festhalten, dass "Detroit Diesel" ganz sicher nicht eines der besten Studioalben von Alvin Lee war, selbst wenn Stücke wie das abschließende "Let’s Go", der Titeltrack, "Don’t Want To Fight", "Talk Don’t Bother Me" sowie – allen voran – "Heart Of Stone" durchaus überzeugen können. Tatsächlich dauerte es dann wieder sechs Jahre und bis ins Jahr 1992, bis der Engländer sein nächstes Werk mit dem Namen "Zoom" unter die Leute brachte. Aber das ist eine andere Geschichte, die in Kürze hier bei uns in RockTimes genauer unter die Lupe genommen wird.

Abschließend sei noch gesagt, dass der Sound dieser Vinyl-Ausgabe einwandfrei und allen mir bekannten CD-Versionen vorzuziehen ist. Wer das Album also sowieso mag oder einfach mal in sehr gutem Sound antesten will, der kann hier nichts falsch machen.


Line-up Alvin Lee:

Alvin Lee (lead & rhythm guitars, harmonica, bass – A#4, B#1, drum programm – A#2, drums – #A4)
Tim Hinckley (keyboards, Hammond organ, background vocals)
Steve Gould (rhythm guitar, synthesizer, background vocals)
Mick Fe’at (bass – A#3,5, B#2,4,5, background vocals)
Alan Young (drums – A#1,3, B#1-3,5)
Bryson Graham (drums – A#5, B#2,4)
Vicky Brown (background vocals)

With:
George Harrison (slide guitar – A#4)
Joe Brown (fiddle – B#1)
David Hubbard (keyboards, synth bass A#2)
Jon Lord (Hammond organ – A#5, B#5)
Leo Lyons (bass – A#1)
Boz Burrell (bass – B#3)

Tracklist "Detroit Diesel":

Side 1:

  1. Detroit Diesel
  2. Shot In The Dark
  3. Too Late To Run For Cover
  4. Talk Don’t Bother Me
  5. Ordinary Man

Side 2:

  1. Heart Of Stone
  2. She’s So Cute
  3. Back In My Arms Again
  4. Don’t Want To Fight
  5. Let’s Go

Gesamtspielzeit: 20:09 (Side 1), 19:06 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2023 (1986)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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