Piano-Trios haben eine lange Tradition im Jazz, darüber dachte ich bereits vor einigen Jahren nach, als ich eine Platte des Helge Lien Trios vorstellte. Angefangen von Art Tatum, über Oscar Peterson bis hin zu Keith Jarrett mit seinen aktuellen Aufnahmen oder dem Trio des unlängst verstorbenen Esbjörn Svensson (E.S.T.), das wieder einmal 'frischen Wind' in die Szene blies, zählte auch Lien zu den Neuerern in diesem Umfeld, auch, weil die Musik eher eine Gemeinschaftsarbeit aller drei Mitwirkenden ist, und nicht Bass und Schlagzeug als reine Rhythmusgeber und sture Begleiter, sondern Mitgestalter.
Wie sieht es nun damit aus beim Andy Ostwald Trio? Der Pianist Ostwald spielte bereits im Kindesalter Piano und im Alter von Zwölf versuchte er sich an Rocksongs. Doch gleichzeitig sorgte sein Vater für die Berührung mit Klassik und Jazz, und es kam zur Annäherung an Musik von Herbie Hancock, Ahmad Jamal und Oscar Peterson. Seit 2011 besteht nun das Andy Ostwald Trio, und in der noch gleichen Besetzung wurde das aktuelle Album "Field Guide" eingespielt, im Übrigen erst jetzt das Debüt-Album.
Eingespielt hat das Trio zehn Fremd- und eine eigene Komposition, auf die Tracklist verweise ich hierzu. So handelt es sich um Musiker ganz unterschiedlicher Stilrichtungen, neben Titeln des Great American Songbooks finden wir solche unterschiedlichen Quellen wie aus Afrika von Abdullah Ibrahim (Dollar Brand) als auch aus dem mehr freiem Umfeld eines Sam Rivers.
Dieses hat sich auch auf die Gestaltung der Lieder ausgewirkt. Der Eröffnungstrack, "Sonar", erinnert mich stark an eines der Vorbilder des Protagonisten, an Oscar Peterson: dezenter Swing mit elastischem Drive und flüssigen Piano-Läufen. Steve Swallow’s "Falling Grace" wirkt stark verwurzelt in den Siebzigern, als verschiedene Einflüsse den Jazz bereicherten. Hier empfinde ich auch eine Art Verbindung zur Musik des Münchner Labels ECM Records, der Song klingt einfach typisch nach Swallow.
"Sweet Emma" von Nat Adderley weist den typischen Funk des Soul Jazz der Sechziger auf, ein wenig schimmert hier Ramsey Lewis durch, und Keith Jarrett’s "Memories Of Tomorrow" erklingen ebenfalls recht stark angelehnt an dessen musikalischem Ausdruck. Mithin hat sich Ostwald recht stark an die Ausstrahlung der Originale gehalten und ihnen dazu ein wenig eigenen Anstrich verpasst, stets professionell unterstützt von seinen beiden Begleitern, die durchaus mitgestaltend wirken.
Gespannt war ich auf die Umsetzung von "Beatrice", das Rivers einst auf dem hervorragenden Album "Fuchsia Swing Song" aus 1965 einspielte. Im Rahmen des ein wenig avantgardistischen Umfelds der Musik der Platte ist dieser Titel eine recht besonnene Ballade, natürlich getragen vom Saxofon des Komponisten. Der Pianist war seinerzeit Jaki Byard. Ostwald scheint das entgegen zu kommen, denn er nimmt den zarten Faden dieser Ballade auf und verarbeitet die Komposition zu einer angenehmen Stimmung. Auch "The Wedding" ist sehr passend und an das Original angelehnt umgesetzt worden, hier allerdings in einer Piano-Solo-Version. Im Umfeld dieser ganzen Kompositionen muss sich das eigene Stück, "Meadow’s Edge", nicht verstecken, auch hier erleben wir eine romantisch-verklärte Balladen-Atmosphäre.
Und so kann ich resümierend feststellen, das dem Andy Ostwald Trio ein Album mit Musik gelungen ist, dass gleich mehrere Spielarten miteinander verknüpft zu einem insgesamt entspannten und professionell aufgearbeitetem Ergebnis. Eine Mischung aus Unterhaltungsjazz, einige wenige Fusion-Elemente inklusive, ein wenig Erroll Garner vielleicht noch und mitunter die Stimmung von Jazz, wie er gegen Mitternacht in einigen dunklen Bars gespielt wird, auf jeden Fall sehr unterhaltsam.
Line-up Andy Ostwald Trio:
Andy Ostwald (piano)
Ravi Abcarian (bass)
Bryan Bowman (drums)
Tracklist "Field Guide":
- Sonar (Kenny Clarke and Gerald Wiggins)
- Falling Grace (Steve Swallow)
- Sweet Emma (Nat Adderley)
- Virgo (Wayne Shorter)
- To Wisdom The Prize (Larry Willis)
- Meadow’s Edge (Andy Ostwald)
- Memories Of Tomorrow (Keith Jarrett)
- I Hear A Rhapsody (Fragos/Baker/Gasparre)
- Beatrice (Sam Rivers)
- Like Someone In Love (Jimmy Van Heusen/Johnny Burke)
- The Wedding (Abdullah Ibrahim)
Gesamtspielzeit: 58:39, Erscheinungsjahr: 2022
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