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Andy Susemihl / Rapture – CD-Review

Andy Susemihl / Rapture

Der unbegrenzte Zugang zu allen Berufen im 19. Jahrhundert und die Tatsache, dass mit Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) jeder Einwohner selbst aktiv werden musste, weil es dort weder Vorschriften noch Regulierungen gab, führte im Ausland zu dem Begriff 'Land der unbegrenzten Möglichkeiten'. Fiktion oder gelebte Wirklichkeit? Wie mögen Einwanderer diesen Begriff heute werten? Einer, der dem Lockruf der fernen Staaten folgte, ist Andy Susemihl. Der Musiker zog 1994 nach Los Angeles, Kalifornien. Der Deutsche, geboren in Ulm, begann seine Karriere in den 1980er Jahren und feierte nach 1987 Erfolge in verschiedenen Hardrock-Bands wie U.D.O. und Sinner. Er ist als Gitarrist, Sänger, Songwriter und Plattenproduzent tätig.

»Ich habe von Blues über Country bis Jazz eigentlich alles gemacht«, sagte er über sich im Interview mit RockTimes. Kollegin Ilka führte mit ihm ein sehr langes Gespräch und entlockte ihm dabei viele Antworten, die sein Wirken als Musiker und seine Sicht der Dinge gut beschreiben. Im Verzeichnis von RockTimes sind darüber hinaus alle seine Soloalben enthalten. Nimmt man die Produktionen, an denen er neben den eigenen Platten mitwirkte, kommt er auf gut 20 Alben. Den Begriff der 'unbegrenzten Möglichkeiten' beantwortet Andy Susemihl auf seine besondere Weise: Indem bei ihm musikalisch kaum etwas unmöglich ist. Vor allem hat er sich in mehreren Jahrzehnten seines Schaffens die Arbeit mit vielen Musikerkollegen zu eigen gemacht. Diese Wegbegleiter führten ihn zu neuen Ufern.

Auf seinem neuen Album "Rapture" erleben wir den vielseitigen Künstler frei nach dem Motto 'Back to the Roots' (Deutsch: Zurück zu den Wurzeln). Obwohl er keine Schubladen kennt, hören wir stilistisch nur Rockmusik, platziert zwischen den Polen Hard Rock und Melodic Rock. Die CD enthält zwölf Songs im zeitgemäßen Gewand und mit einer Gesamtspielzeit von 47 Minuten. Jedes Lied hat damit durchschnittlich eine Spieldauer von vier Minuten. Eine gute Zeitdauer, um jeder Komposition ein Gesicht zu geben, um als Hörer die Struktur kennenzulernen. Manchmal kratzt er damit an der Radiotauglichkeit, was aber kein Nachteil sein sollte. Einige Male wird es etwas ruhiger. Das geht jedoch nicht zu Lasten der exzellenten Gitarrenarbeit des Wahl-Amerikaners ("Ghost In My Dreams"). Ruhig bedeutet aber nicht gleich Schnulze, wie wir es beispielsweise in guten wie in schlechten Zeiten bei Sänger John Francis Bongiovi und dessen Band Bon Jovi erleben mussten.

Susemihl gefällt mir dennoch am besten, wenn es rockig ist. Er scheint dafür geboren zu sein. Schon deshalb sind für mich der Opener "Ashtray" und das mitreißende "Awakening" gute Anspieltipps, um hierbei nur eine kleine Auswahl treffen zu wollen. Bei "Once Upon A Time" schleicht sich ein kleiner Hauch Country ein. Es ist ein guter Beleg dafür, dass der Blick über den Tellerrand selbst bei einem reinen Rockalbum anhält. Für mich ist Andy Susemihl eine der wertvollen Neuentdeckungen, weil ich ihn erst mit "Rapture" kennen- und schätzen gelernt habe. Er ist vielleicht nicht der herausragende Akteur im internationalen Musikgeschäft, aber mit seinem eingängigem Rock, anspruchsvollen Kompositionen und Texten mit Herz und Lebenserfahrung setzt er sich von einer grauen Masse ab und schafft es, Alben wie aus einem Guss zu produzieren. Seine langjährige Karriere macht ihn für diese Aufgaben fit.
Texte und Musik stammen aus seiner Feder. Auch im Studio spielt er als Produzent die erste Geige. Beim Titellied "Rapture" schrumpft seine Band sogar zum Duo, weil Andy Susemihl im Studio zusätzlich den Bass übernimmt. Unterm Strich bleibt ohne Übertreibung gehobener Hörgenuss, der modernen Standards Rechnung trägt und noch für gute Laune sorgt.

Beeindruckend ist, wie er seine Stimme den unterschiedlichen Rhythmen und Tempos anpasst. Sein Ausdruck in der Stimme passt damit hervorragend zu den unterschiedlichen Stücken. Er schafft es, Emotionen zu transportieren, wie "Far From Home" eindrucksvoll belegt. An seiner Seite arbeiten ein Bassist (Mike Walter) und drei verschiedene Schlagzeuger (Harry Wester, Andre Lebelle und Alexander Menichini). Der solide Gesamteindruck reicht bis hin zum Artwork. "Rapture" ist eine jener Platten, die man einem guten Freund oder einer Freundin mit gutem Gewissen wärmstens empfehlen möchte.


Line-up Andy Susemihl:

Andy Susemihl (vocals, guitars, bass – #12)
Mike Walter (bass – #1-11)
Harry Wester (drums – #1,3,5,7,9,10,11,12)
Andre Lebelle (drums – #2,4)
Alexander Menichini (drums – #6,8)

Tracklist "Rapture":

  1. Ashtray
  2. Bring It On
  3. Vanity
  4. Sacred Fire
  5. Ghost In My Dreams
  6. Shine
  7. Under The Radar
  8. Awakening
  9. Once Upon A Time
  10. Far From Home
  11. No Man’s Land
  12. Rapture

Gesamtspielzeit: 47:22, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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