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Angel / Risen – CD-Review

Angel / Risen

Als sich im August unsere hier vorzustellenden Protagonisten beim belgischen 'Golden Age of Rock'-Festival nach langer Zeit mit einer abgefeierten Show zurückmeldeten, da war schon klar, dass die neue Scheibe im Herbst erscheinen würde. Mit deren Auftritt und diesem Wissen wurde die Zeit bis zur endgültigen 'Enthüllung' dessen, was sich auf dem Rundling befinden würde, für jeden Fan fast schon zur Qual. Für viele der Anwesenden bei dem Festival war das Set von Angel ein Highlight unter vielen weiteren – übrigens eine Veranstaltung, die dem geneigten Fan des Classic Rock für 2020 wärmstens ans Herz gelegt werden soll. Es lohnt sich, hier die Vorankündigungen im Auge zu behalten.

Exkurs abgehakt, "Risen" liegt auf dem Tisch (bzw. nur das Case, denn die Scheibe dreht im Player) und lässt helle Freude aufkommen. Das liegt einerseits schon an der außerordentlich langen Spielzeit von nahezu 75 Minuten und andererseits daran, dass wir schlappe 15 neue Titel haben und nur zwei bereits von früher bekannt sind. Aus dem ursprünglichen Line-up von 1975 sind zwar mit Punky Meadows und Frank Dimino (auch DiMino) gerade mal zwei Musiker übriggeblieben, aber sie waren neben dem leider wieder ausgestiegenen Keyboarder Gregg Giuffria (u. a. auch House Of Lords) nun mal die maßgeblichen Triebfedern, die dafür sorgten, dass die Band zwar nie Weltruhm, doch aber einen unbestrittenen Kultstatus erlangte. Auch heute noch treten die Jungs in diesen Glam Rock-typischen weißen Anzügen auf, die ihnen nicht selten Hohn und Spott einbrachten.

Das wäre eigentlich ein passendes Stichwort für alternde Rock-Größen, die sich immer noch nicht daran gewöhnen können, dass ihr Stern längst verglüht ist. Unsere Jungs hier lassen aber ganz schnell nach dem instrumentalen Intro erkennen, wie es wirklich um sie bestellt ist: fit an den Instrumenten und sangeskräftig am Mikro. Sänger Frank Dimino kann mit seinen Stimmbändern immer noch prächtig spielen und bringt das durchaus eindrücklich rüber.

Klar wird auch ganz schnell, dass alle Musiker in Bestform sind und ein wirklich klasse Zusammenspiel unter Beweis stellen. Punky Meadows hat nichts von dem verlernt, was ihn in seiner Arbeit an der Sechssaitigen früher ausmachte und auch Neuzugang Danny Farrow an der zweiten Gitarre bringt seine Arbeit mit geradem Rücken rüber. Wer sich im Back-Katalog von Angel etwas auskennt, dem wird vor Augen geführt, dass man es hier geschafft hat, gänzlich neue Stücke in ein Angel-typisches Kleid zu stecken und schlicht und einfach den Spirit der Siebziger (und zwar ohne diesen ganzen Retro-Brei) verbreiten kann.

"Under The Gun", "Revolution", "Stand Up" oder "Shot Of Your Love" sind knackige Rocker, die von Beginn der Scheibe an den Weg richtig zu weisen wissen. Zwischendurch gibt es natürlich auch die obligatorischen Power-Balladen, als da wären "1975" (ja, das klingt ab und an auch etwas schmalzig, ist aber wohl der eingängigste Track auf dem Rundling) oder "Don’t Want You To Go", ohne die eine Band aus der damaligen Zeit nie ausgekommen wäre und die dadurch auch heute noch eine gewisse (wichtige) Authentizität bekommen.

Mit "We Were The Wild" haben sich Angel sicherlich das Aushängeschild zum vorliegenden Album geschrieben – das kommt schon echt knackig und eingängig rüber. Aber auch sonst geht die Reise eher in Richtung Hard Rock, denn in die des Schnulzen-Pop Rock, wie man es als Angel-Unkundiger beim Anblick des Covers vielleicht vermuten mag.

Wo es Höhen gibt, da sind auch Tiefen und die haben wir auf "Risen" zumindest mal mit "I. O. U." oder "(Punky’s Couch Blues) Locked Cocked Ready To Rock", die subjektiv (!) nicht wirklich zu überzeugen wissen. Liegt es vielleicht an der Länge des Gesamtwerks oder an der tatsächlich nicht so herausragenden Qualität der Einzelstücke, dass ich hier kleine Abstriche machen muss? Wie auch immer, es soll den Verdienst der Musiker um das Wieder-Erscheinen (Risen) von Angel nicht schmälern und die Freude an ihrem unlängst erschienenen Werk nicht trüben!

Es bleibt zu hoffen, dass wir auch in kommenden Jahren noch mehr aus der Ecke Meadows/Dimino zu hören und besser noch live zu sehen bekommen. Die Veröffentlichung von "Risen" jedenfalls verspricht, ein Schritt in die richtige Richtung zu sein.


Line-up Angel:

Frank Dimino (vocals)
Punky Meadows (guitars)
Danny Farrow (guitars, backings)
Steve E. Ojane (bass)
Charlie Calv (keys)
Billy Orrico (drums, backings)

Tracklist "Risen":

  1. Angel Theme
  2. Under The Gun
  3. Shot Of Your Love
  4. Slow Down
  5. Over My Head
  6. 1975
  7. We Were The Wild
  8. I. O. U.
  9. (Punky’s Couch Blues) Locked Cocked Ready To Rock
  10. Turn Around
  11. Desire
  12. Our Revolution
  13. Tell Me Why
  14. Don’t Want You To Go
  15. Stand Up
  16. My Sanctuary
  17. Tower (bonus)

Gesamtspielzeit: 74:17, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Jochen von Arnim

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Genres: Blues, Rock, Heavy Metal

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