Spätestens ab Mitte der siebziger Jahre war Reggae Music, angeführt von den Speerspitzen Bob Marley, Peter Tosh oder auch Jimmy Cliff schwer im Kommen. Und auch in Europa tat sich diesbezüglich einiges – beispielsweise die Entstehung der in London ansässigen Band Aswad. Das Wort aswad stammt aus dem Arabischen und bedeutet soviel wie ’schwarz', was unter anderem auch als politisches Statement der allesamt aus der Karibik nach England emigrierten Bandmitglieder stehen sollte. Gegründet wurde das ursprüngliche Quintett im Jahr 1975 (manche Quellen sprechen auch von 1974), das Debütalbum erschien 1976 und das zweite Werk dann 1978. Damit war ein guter Anfang gemacht und die Band hatte sich auch ein bereits eine feste Zahl an Fans erspielt. Als sie im Sommer 1980 im Kölner WDR-Studio B aufschlugen, waren sie vom großen Erfolg allerdings noch meilenweit entfernt.
Es war der 03. Juli 1980, als dieses Konzert über die Bühne ging. Anwesend war ein gewohnt zurückhaltendes Publikum, wie wir es aus den Rockpalast-Produktionen jener Jahre und dieser Location kennen. Was Aswad von von den großen jamaikanischen Acts dieser Zeit unterschied, war dass die Band textlich auch sehr oft Bezug auf das Leben von Immigranten in der englischen Metropole einging. Musikalisch ließ der Fünfer jedenfalls nichts anbrennen und konnte speziell mit Nummern wie "I A Rebel Soul", "Sons Of Criminals", "Concrete Slaveship" oder auch der Zugabe "Natural Progression" überzeugen. Neben der sehr tighten 'Riddim'-Abteilung gefällt besonders der Lead-Gitarrist Martin Augustine mit sehr gefühlvollem und differenziertem Spiel.
Die Lead Vocals teilten sich Brinsley Forde sowie das bis heute einzig übrig gebliebene Gründungsmitglied Angus Gaye am Schlagzeug, wobei der Frontmann Forde doch den Löwenanteil inne hatte. Es wäre vermessen zu sagen, dass man die hier gebrachte Musik in ganz ähnlicher Form nicht schon davor gehört hätte, aber davon abgesehen bekommt man eine Stunde lang qualitativ hochwertigen Reggae mit teilweise kämpferischen Texten geboten. Das erste Stück "Only Jah Children" hatte die Band zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht veröffentlicht, diente aber als perfektes Warm-Up für den Rest der Show. Und die steigert sich natürlich in ihrem Verlauf, so wie es bei jeder guten Band der Fall ist. Es mag an meinem etwas veralteten Fernseher liegen, aber der Sound scheint nicht immer ganz optimal gewesen zu sein. Der Bass drückt/brummt beispielsweise etwas zu stark und die Keyboards sind auch ein bisschen zu stark in den Vordergrund gemixt.
So richtig ans Eingemachte geht es ab etwa "Rainbow Culture", ab dem die Band auch sichtlich lockerer wird. Und – wer hätte es gedacht?? – selbst das Kölner TV-Publikum kommt immer mehr aus sich heraus. Zumindest hat man deutlich das Gefühl, dass der Applaus irgendwann von Herzen kommt und nicht wegen den Regie-Anweisungen. Eine Errungenschaft für jede Band! Vor der Zugabe wird es sogar nochmal richtig laut und Aswad kommt natürlich bereitwillig für "Natural Progression" zurück.
Ein paar Jahre dauerte es zwar noch, aber 1988 hatte die Band mit "Don’t Turn Around" schließlich einen Nummer 1-Hit in England, dem sie in den folgenden Jahren noch einige hohe Chartplatzierungen folgen ließ. Aswad gibt es übrigens immer noch, selbst wenn das letzte Studioalbum bereits 2009 veröffentlicht wurde. Heute nach wie vor an Bord sind Angus Gaye sowie Tony Robinson, die mit oft wechselnden Gastmusikern unbeirrt die Bühnen Europas und auch außerhalb beackern.
Wieder mal ein tolles Zeitdokument aus den Rockpalast-Archiven!
Line-up Aswad:
Brinsley Forde (rhythm guitar, lead vocals)
Angus Gaye (drums, lead & background vocals)
Tony Robinson (bass, background vocals)
Dennis Levi (percussion)
Clifton Morrison (keyboards)
Martin Augustine (lead guitar)
Tracklist "Live At Rockpalast – Cologne 1980":
- Only Jah Children
- I A Rebel Soul
- Back To Africa
- Sons Of Criminals
- Concrete Slaveship
- Rainbow Culture
- Not Guilty
- Three Babylon
- Natural Progression
Gesamtspielzeit: 60:00, Erscheinungsjahr: 2016 (1980)
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