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Atlantis / The Complete Vertigo Recordings 1972-1975 – 2CD-Review

Atlantis - "The Complete Vertigo Recordings 1972-1975" - 2CD-Review

Das Label M.i.G. Music führt seine Reihe mit der Aufarbeitung bzw. Wiederveröffentlichung der Gesamtkataloge deutscher Bands weiter. Bereits im vergangenen Dezember sind nun alle vier Studioalben der Band Atlantis unter dem Namen "The Complete Vertigo Studio Recordings 1972-1975" wieder auf dem Markt und bereichern die Verfügbarkeit der Musik jener Epoche. Atlantis war nach den City Preachers und Frumpy die dritte wichtige Formation in der Karriere der deutschen Ausnahmesängerin Inga Rumpf. Nachdem sich Frumpy aufgrund persönlicher Differenzen – wohl in allererster Linie mit dem Schlagzeuger Carsten Bohn – 1972 aufgelöst hatten, beschlossen die drei Ex-Frumpies mit Namen Inga Rumpf, Jean-Jacques Kravetz (Tasten) sowie dem Bassisten Karl-Heinz Schott unter dem Namen Atlantis weiterhin gemeinsame Sache zu machen. Als Gitarrist konnte Frank Diez gewonnen werden und der brachte aus München gleich den Drummer Curt Cress mit.

Ohne groß Gefangene zu nehmen gingen Atlantis dann auch sehr schnell ins Studio, um das gleichnamige Debütalbum einzuspielen. Heute als Klassiker der deutschen Rock-Historie geltend, beginnt die Scheibe mit "Get Up" sehr groovig mit unüberhörbaren Funk-Anteilen im sehr vollmundigen Sound, über dem die großartige Stimme von Miss Rumpf steht. Stilistisch ähnlich, allerdings deutlich rockiger, kommt dann auch "Big Brother", dem aber wie dem Opener noch die eingängige Hookline fehlt. Das Herzstück der Scheibe stellen die folgenden drei Tracks, das hervorragend nach vorne rockende "Rock’n’Roll Preacher", die ergreifende Ballade "Maybe It’s Useless" sowie das wieder kräftig anziehende und nach vorne treibende "Let’Get On The Road Again" dar. Bärenstark!

Stilistisch in die gleiche Kerbe hauend, allerdings mittlerweile mit Dieter Bornschlegel für Frank Diez und Ringo Funk für Curt Cress an den Drums, legte nicht sehr viel später "It’s Getting Better" nach. Die Band bot hier erneut einen geschmackssicheren Mix aus groovigen und funkigen Blues-Rockern (unter anderem der Titeltrack) sowie erstklassigen Balladen ("Drifting Winds") und für "A Simple Song" konnte die gute Inga erstmalig auch ihre Fähigkeiten an der akustischen und Bottleneck-Gitarre unter Beweis stellen. Ein gutes Album, wenn vom Songwriting insgesamt vielleicht auch nicht ganz so zwingend wie das Debüt. Aber auch diese zweite Besetzung hielt nicht lange. Dieter Bornschlegel wurde wieder entlassen und außerdem verließ mit Jean-Jacques Kravetz auch noch ein Grundpfeiler die Band. Neu eingestellt wurde Alex Conti für die sechs Saiten, für die Tasten konnte Adrian Askew gewonnen werden.

Nachdem die beiden ersten Alben in London aufgenommen wurden, blieb man für die nächsten zwei in Deutschand und begab sich in die offenen Arme des Produzenten Dieter Dierks. Die dritte, 1974 erschienene, Platte "Ooh Baby" klingt dann tatsächlich auch anders. Zum einen bedingt durch die zwei neuen Musiker, aber sicherlich auch durch die Arbeit des neuen Produzenten, rocken die einzelnen Tracks doch deutlich straighter und etwas entschlackter nach vorne. In erster Linie ist aber das Songwriting richtig klasse ausgefallen. Verantwortlich auf dieser Platte waren dafür –  entweder alleine oder in unterschiedlichen Konstellationen – Inga Rumpf sowie die beiden 'Neuen'. Wenn man bei Atlantis diesen Begriff überhaupt verwenden kann, kam die Scheibe doch etwas 'kommerzieller' als die Vorgänger. Für den Schwanengesang "Get On Board" war Frank Diez an die Gitarre zurückgekehrt, nachdem Alex Conti unfreiwillig wieder auf die Reise geschickt wurde. Der Sound schloss sich unter Regie von Dieter Dierks dem Vorgängeralbum an und auch hier ließ das Songwriting kaum Wünsche offen.

Letzten Endes überzeugen alle vier Atlantis-Alben und qualitative Schwankungen sind kaum auszumachen. Für den Geschmack des Rezensenten fällt in der Gesamtheit "It’s Getting Better" etwas ab, während sich "Ooh Baby" in den letzten Wochen zu seinem Favoriten gemausert hat. Aber das darf jeder nach seinem eigenen Gusto für sich selbst entscheiden. Auf jeden Fall sind nun dank M.i.G. Music alle vier Studioalben von Atlantis für schmales Geld wieder bzw. neu in einer Box erhältlich. Deutsche Rock-Geschichte und eine klasse Band mit einer außergewöhnlichen und auch außergewöhnlich guten Sängerin. Ganz dicker Tipp!!


Line-up Atlantis:

Inga Rumpf (lead & background vocals, percussion, acoustic- & bottleneck guitars – CD 1 – #14)
Karl-Heinz Schott (bass, background vocals)
Frank Diez (guitars, background vocals – CD 1 – #1-7, CD 2 – #12-21)
Dieter Bornschlegel (guitars – CD 1 – #8-14)
Alex Conti (guitars – CD 2 – #1-11)
Jean-Jacques Kravetz (piano & organ – CD 1)
Adrian Askew (keyboards, acoustic guitars, background vocals – CD 2)
Curt Cress (drums & percussion – CD 1 – #1-7)
Ringo Funk (drums & percussion, background vocals – CD 1 – #8-14, CD 2 – #1-21)

With:
Reebop Kwaku Baah (congas – CD 1 – #2,5)
Jean Roussel (electric piano – CD 1 – #1, organ – CD 1 – #1,4)
Jackie Diez (background vocals – CD 1 – #1,4)
Claire (background vocals – CD 1 – #1,4)
Gasper Lawal (afro percussion – CD 1 – #8,10,11)
Jasper van’t Hoff (piano solo – CD 2 – #7)
Linda Fields (background vocals – CD 2 – #1-11)

Tracklist "The Complete Vertigo…":

CD 1 – "Atlantis" + "It’s Getting Better":

  1. Get Up
  2. Big Brother
  3. Rock’n’Roll Preacher
  4. Maybe It’s Useless
  5. Let’s Get On The Road Again
  6. Living At The End Of Time
  7. Words Of Love
  8. It’s Getting Better
  9. Drifting Winds
  10. Days Of Giving
  11. Changed It All
  12. Fighter Of Truth
  13. Woman’s Sorrow
  14. A Simple Song

CD 2 – "Ooh Baby" + "Get On Board":

  1. Brother
  2. Son Of A Bitch’s Son
  3. Waiting And Longing
  4. Mr. Bigshot
  5. The Way I Choose
  6. Ooh Baby
  7. Smiling People
  8. New York City
  9. Godfather
  10. Leave It To The Devil
  11. Good Friends
  12. Get On Board
  13. Change My Mind
  14. The Man
  15. Let Me Stay For A While
  16. Keep The Music Going On
  17. Chartbuster
  18. The Captain And The Ship
  19. If I Couldn’t Sing
  20. Tried To Climb A Mountain
  21. Mainline Florida

Gesamtspielzeit: 71:16 (CD 1), 76:03 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2024 (1972-1975)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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