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Aural Hallucinations / Hearing What You Want To See – CD-Review

Scott Heller aka Dr Space darf man mittlerweile wohl als einen Workaholic bezeichnen.
Neben dem Øresund Space Collective, den Doctors Of Space zusammen mit Dr Weaver, seinem Solo-Projekt Dr Space, Dr Space’s Alien Planet Trip und Black Moon Circle bildet er gemeinsam mit dem Musiker Matt Couto (Ex-Elder) die Gruppe Aural Hallucinations.
"Hearing What You Want To See" ist nicht die erste Veröffentlichung der Formation.
Im Mai 2020 brachte Aural Hallucinations "Alucinações Auditivas" auf den Markt.

Zu "Hearing What You Want To See" heißt es: »[…] The 78 min collage is made of 13 separate pieces and the spoken word piece was made up based on the names we had given to the tracks as they were created. […]«
Weitere durchaus wichtige Informationen lesen sich folgendermaßen: »[…] Sadly bandcamp has a file size limit so I was forced to split the track into pieces but it should be listened to in one go.. […]«
Im Text gibt es noch einige Empfehlungen, was der Hörer so zu sich nehmen sollte, aber meines Erachtens nimmt man sich eben diese mehr als achtundsiebzig Minuten Zeit für gute Musik. Der Aural Hallucinations-Space Rock ist Droge genug.
Das Album gibt es als »[…] Glass master CD pressed in 100 copies in a fold out digisleeve artwork. Cover drawing by Matt and layout and rest by David Graham. […]«

Zu Beginn von "Hearing What You Want To See" stehen Spoken Words im Vordergrund, begleitet von sphärisch-zurückhaltenden Synthesizer-Sounds. Die in Effekten eingebetteten gesprochenen Worte schwanken vom linken zum rechten Kanal hin und her. Nach gut vier Minuten verändert sich das Szenario und die Synthesizer übernehmen die Hauptrolle, auch wenn sich das Ambiente nur schrittweise verändert.
Sehr interessant sind dann die sich weiter im Hintergrund befindlichen hypnotisch-rhythmischen Beiträge. Spürbar steigert sich die Intensität durch zunehmende Klang-Vielfalt.

Obwohl geraten wird, die Session als eine Einheit anzusehen und zu hören, ist es für diese Rezension zweckmäßig, als Orientierung bei der Bandcamp-Einteilung von  "Hearing What You Want To See" zu bleiben.
So ist der zweite Part eine echte Herausforderung, denn Dr Space und Matt Couto treiben den psychedelischen Space Rock in Richtung des Experimental-Genres. Aural Hallucinations verzaubern den Hörer durch leicht modulierte Loops, die vor dem geistigen Auge wie ein Pendel schwingen und einen in Hypnose versetzen. Irgendwann ist diese Phase allerdings vorbei und man wird mit einem durchaus bedrohlichen Szenario konfrontiert. Bei den vierundzwanzig Minuten sind wir sozusagen erst bei der Halbzeit angekommen. Was sich dann entwickelt, ist schwer verdauliche Kost, fast schon im Industrial-Bereich angesiedelt. Aural Hallucinations werden zur Herausforderung. Einige Klang-Bilder lassen uns in der Fantasie kurz in den Dschungel entschwinden.

Nach einem Blitzlicht von Fade-Out bewegen sich die beiden Musiker in einem ganz anderen Trip. In der Track-Tiefe groovt ein Bass-Beat und darüber improvisieren Synthesizer-Sequenzen, die nach dem heftigen Treiben auf den Hörer doch schon entspannt wirken. Dagegen motiviert dieser stoische Rhythmus deutlich die Fußwippe. Speziell der erste Teil vom zweiten Part der Session ist sehr besonders.

Die dritte Folge von "Hearing What You Want To See" macht dort weiter, wo der zweite Teil begann. So als könne man sich weder für das eine noch das andere entscheiden, wabern die Klang-Kaskaden wie entgegengesetzt-magnetische Pole hin und her. Mittendrin abermals ein Szenenwechsel und hier werden wir zum ersten Mal deutlich hörbar Zeuge von Matt Coutos E-Gitarren-Fantasien. Die Stimmungswechsel nehmen zu. Zwischen halluzinierend-schweißgebadeten Phasen und Abschnitten des Wachseins begeben sich Aural Halluzinations abermals in experimentelle Bereiche.

Fünfundzwanzig galaktische Achterbahnfahrt-Minuten bleiben noch.
Dr Space und Matt Couto befinden sich in einer Art 'Alles-wird-gut'-Modus. Beruhigend, wie sich Synthesizer-Sounds zwischen Schaf-Geblöke und Didgeridoo-Klängen breit machen. Ein zirka vierminütiger Bereich, in dem man sich zurücklehnen kann.
Was entwickelt sich jetzt aus den fiebrigen Klängen? Wohin geht die psychedelische Fahrt? Der Hörer ist mittendrin im verführerischen Sound-Trip, weiß nur nicht wie man ans Ziel kommt. Der vierte Part ist eine Art Wundertüte.
Hier sind Aural Hallucinations großartige Fantasie-Anreger. Aural Hallucinations gleiten in ihrem knallbunten Hippie-Bus durch den spacigen Raum und zerfließende Zeit. Der Vorhang fällt. Dr Space und Matt Couto verabschieden sich mit einem Ambiente der düsteren Art.

"Hearing What You Want To See" ist so etwas wie eine Offenbarung.
Aural Hallucinations steht für extremen Space- beziehungsweise Psychedelic Rock.
Mit dieser Improvisation dehnt man den Kreis der beiden Genres zeitweise extrem.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Line-up Aural Hallucinations:

Matt Couto (synthesizers, guitar)
Scott Heller (synthesizers, spoken word)
Luís Antero (field recordings)

Tracklist "Hearing What You Want To See":

  1. Hearing What You Want To See Pt 1 (10:34)
  2. Hearing What You Want To See Pt 2 (24:23)
  3. Hearing What You Want To See Pt 3 (18:49)
  4. Hearing What You Want To See Pt 4 (25:09)

Gesamtspielzeit: 78:55, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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