Schon komisch, denn nachdem wir in der RockTimes-Redaktion über die Location Mandy’s Lounge im schönen Homburg bisher immer nur in unseren Tourdaten 'gestolpert' waren, war eines unserer Teams nach dem Auftritt von Markus Rill bereits acht Tage später schon wieder vor Ort. Dieses Mal auf der Bühne anzutreffen war Baby Kreuzberg (aka Marceese), dessen erstes Album Twang Twang wir euch im Januar 2017 in diesem Theater vorstellen durften. Über diesen Musiker berichten wir übrigens bereits seit dessen Scheibe Blood For Blood aus dem Jahr 2009, sodass es nun auch mal höchste Zeit für ein Live-Review war. Aber Veröffentlichungen mit eigenen Songs unter den beiden oben genannten Projektnamen sind noch lange nicht alles, was der Berliner am Start hat. Denn zum einen hat er mittlerweile bereits vier Alben mit Kiss-Cover-Versionen aufgenommen, zum anderen hat er mit Yer International Humbug ein neues Eisen im Feuer (das Debütalbum werden wir Euch in Kürze vorstellen) und obendrein hat er auch noch eine Kinderplatte mit dem Titel "Bouletten Beats" unter dem Projektnamen Raketen Erna aufgenommen.
Okay, Baby Kreuzberg ist zwar ein Bandprojekt, aber erwartungsgemäß war Marceese Trabus an diesem Winter-Abend alleine aufgetaucht, um seine Songs vorzutragen. Was aber gar nicht schlimm war und wenn ein Laden für so etwas wie gemacht ist, dann ist es Mandy’s Lounge. Was folgte, war eine bunte Zusammenstellung von Songs aller Projekte, die der Mann am Start hat. Neben einigen sehr amüsanten Tracks des Kinder-Albums, des aktuellen Baby Kreuzberg-Werkes sowie Songs aus dem sehr starken A-Ramblin' And A-Howlin' kamen dann auch bereits Stücke der Band Yer International Humbug wie "Another Brick In The Wall, Part 2" oder "Eclipse" zum Einsatz. Der erstgenannte Titel ist natürlich ein Pink Floyd-Cover, allerdings sehr eigenwillig und interessant interpretiert und "Eclipse" geht fast schon ins Psychedelische, da bin ich bereits sehr auf die Studioversion gespannt. Der Protagonist wechselte fließend von seiner akustischen zur halbakustischen Guild-Gitarre und wieder zurück, setzte zeitweise sogar sehr heftige Verzerrungen ein, während er seine melodiereichen und eingängigen Lyrics zum Besten gab.
Die Lounge war an diesem Samstag-Abend sehr gut gefüllt und dem anwesenden Publikum gefiel es offensichtlich sehr gut. Im Gespräch vor dem Konzert hatte Marceese mir noch mitgeteilt, dass er wohl auch wieder etwas von seiner alten Liebe Kiss spielen werde. Worauf ich ihn nach der Show noch einmal ansprach, da mir eine solche Nummer während des Konzerts nicht aufgefallen war. Falsch, wie sich dann herausstellte, denn er hatte tatsächlich einen Titel aus dem Soloalbum von Peter Criss auf die Bretter gezaubert. Einige andere Stücke hatten deutlich psychedelische Züge, wobei die Grundausrichtung des Hauptstädters immer noch ganz klar bei den Genres Alternative Country und Americana zu finden ist. Auch sprachlich setzte sich der Musiker keine Grenzen, sodass neben den hauptsächlich englisch gebrachten Tracks mindestens eine gute Handvoll an deutschen Lyrics auftauchten. Ein sehr abwechslungsreicher Abend also mit einem Musiker, der auch nicht davor zurückscheut, sozialpolitische Brennpunkte anzusprechen.
Sein aktuelles Kinder-Album "Bouletten Beats" unter dem Namen Raketen-Erna (und unter Mitarbeit seiner beiden Töchter entstanden) scheint sich übrigens zu einem echten Erfolg zu entwickeln. Und das nicht zu unrecht, denn wenn man sich die Texte der daraus an diesem Abend gebrachten Songs wie "Die Raketen Erna ihr Lied", "Erdbeerprinzessin" oder "Tu was du liebst" so anhört, dann hat das nichts mit »Es tanzt ein Bi-Ba-Butzelmann in unserm Kreis…« zu tun, sondern wirkt vielmehr wie sowohl behutsame als auch modern-ehrliche Heranführung an das Erwachsenen-Leben, nicht nur in der Großstadt. Ein Beispiel aus dem Song "Tu was du liebst":
»Malte-Friedrich hat zwei Mütter
die eine heißt Silvia, die andere heißt Britta
Peter fühlt sich falsch verstanden, nennt sich jetzt Jule
Phillip hat die längsten Haare in der Schule«
»Die einen sind anders, die anderen viel mehr
Die einen wollen hier weg, die anderen hierher
Du kannst sein was du willst, wenn du liebst was du tust!«
Wie dem auch sei, auf jeden Fall war es wieder ein sehr schöner und ergiebiger Abend in Mandy’s Lounge, dem hoffentlich noch viele folgen werden. Und Baby Kreuzberg werden wir euch in Kürze noch in Form eines Interviews etwas näher vorstellen.
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