Bad Temper Joe macht es gleich im Doppel.
'Act I' und Act II" wurden die beiden Scheiben benannt und im mit allen Texten versehenen Booklet findet man auch ein Line-up, das vier weitere Musiker ausweist. Es sind Bassist Max Dettling, Paul Moser (Schlagzeug), David Lübke (Banjo, Guitar, Vocals) sowie Harmonika-Spieler Marcel Rahe.
Dazu finden sich Parallelen zu And His Band. David Lübke wäre der weitere Musiker auf der vorliegenden Platte.
Bad Temper Joe schrieb alle Songs selbst. Bis auf "A Smoke, Burgers & Beer", das er gemeinsam mit Ian Andrews komponierte.
Für die Aufnahmen fand man sich im Watt Matters Studio, Bielefeld ein und produziert wurde das Album von Jakob Eismann.
Das Digipak ist klasse gestaltet. Auf einem Bild im Innenteil sieht man so etwas wie ein Stillleben mit einer Flasche Rotwein, einem aufgeschlagenen Buch, einer Kerze und einem Kartenspiel. Dort liegt das Pik Ass ganz oben auf. In Anlehnung dazu könnte man fragen, ob "The Maddest Of Them All" auch zu einem Trumpf wird?
Es ist bestimmt nicht leicht, in einem Blues- oder gar Country Blues-Genre Fuß zu fassen. Diese Spielart hat natürlich seine Anhänger, aber dieser Stil verfügt nicht gerade über die große Masse an Interessenten. Nichtsdestotrotz erreicht der Protagonist den Hörer. Die insgesamt zweiundzwanzig Songs sind schon eine Hausnummer, aber aus meiner Sicht zeigen sie mehr als deutlich, über welche Seelen-Sprache Bad Temper Joe verfügt.
Seine Solo- sowie Band-Pfade werden bei diesem Doppeldecker zu einem Weg zusammengeführt, auch wenn seine Musiker nicht bei allen Tracks mitwirken.
Das Spannungsfeld zwischen Folk und Country, alles unter dem Dach des Zwölftakters vereint, macht den Reiz der Songs aus.
Bemerkenswert dabei sind die Arrangements der Tracks, die von einem ganz feinen Händchen geprägt sind. Hier ein Banjo, da Backing Vocals, dort eine Harp oder eben Bass und Drums werden mit großem Gefühl für die Wirkung der Songs eingesetzt. Perfekt!
Bad Temper Joe als einen Geschichtenerzähler – wie es im Informationsblatt zum Album steht – zu bezeichnen, trifft den berühmten Nagel auf den Kopf.
Eine Parallele zur musikalischen Qualität darf in einem Atemzug gezogen werden.
Ende der Sechzigerjahre gab es ein "21st Century Schizoid Man" von King Crimson.
Ohne weitere Bezüge, als zum ähnlichen Titel, ruft Bad Temper Joe einen "Talkin' 21st Century Schizoid Blues" auf den Plan. Begleitet von einem schönen Groove, einem bestechenden Gitarrenspiel auf der Akustischen und einem außerhalb jeder Kritik stehenden Gesang, widmet sich der Künstler einem aktuellen Thema rund um »[…] mobile phone […]« sowie »[…] checkin' facebook […]« . Quo vadis, Social Media? Klasse Song!
Mit seinem famosen Fingerpicking wird der akustische Blues im besinnlichen "My Favorite Thing" beim Hörer stante pede auch zum Lieblings-Song.
Flott, im traditionellen 12-Takter verankert, wirkt "Heartache Shuffle #13 & #36" wie ein Song, den man schon vor dem Betreten eines Juke Joints anziehend findet. Der Songtitel ist hier Programm.
Befindet man sich bereits im Blues-Feeling, kommt das beseelte "Supper In Mexico" gerade richtig. Dieses Abendessen ist eine ausgiebige Mahlzeit mit vielen Gaumen-Genüssen. Bad Temper Joe ist eine Meister des Gitarren-Feelings und nach dem ruhigen "Highway Takes The Lonely" gibt es nur eins: Ein sofortiger Wechsel zum 'Act II', weil 'Act I' schon Musik aus dem obersten Regal bietet.
Im Opener des zweiten Aufzugs, "Everything’s Gonna Be Just Fine", geht es anders zur Sache.
Bassmann Max Dettling sowie Paul Moser (Schlagzeug) sind mit von der Partie und jetzt darf man sich – im Verständins von Bad Temper Joe – über ein rockiges Stück Blues freuen, und diese Nummer reflektiert die unbändige Spielfreude der Combo.
Wenn einem ein herrlich relaxtes "Waiting In Vain", dessen sonniger Charakter einem mit rauer Stimme singenden Frontmann und wunderschönem Sechssaiter-Solo dem Hörer entgegenströmt, wird "Bury Me Anyplace But Mississippi" zur dynamisch-balladesken Seelenreise. Marcel Rahes sehnsüchtige Harp birgt den Kontrast zum anderen musikalischen Umfeld. Ihm gehört auch der lange Alleingang in dieser Nummer. Highlight!
Flott kommt Bad Temper Joes "Cheap Beer & One Night Stands" selbstbeleuchtender Glücklichmacher daher und auch hier bietet die Harp Anlass zur Hörfreude.
"Blues Never Stumbles" ist die hinreißende Blues-Predigt der Platte mit einem der melancholischsten Gitarren-Soli, die einem vor die Ohren kommen können. Super!
Blues Rock ist das Aushängeschild von "Races To Run" und nach dem fantastisch groovenden "Mind Over Matter" entlässt man den Hörer mit einer doch eher nachdenklichen Nummer. "Our Love (For Livia)" ist der Bad Temper Joe-Gang zur Krönung seines Albums "The Maddest Of Them All".
Diese zwei Scheiben sind Blues im Großformat.
Ja, dieses Doppelalbum ist eine Trumpfkarte, um auf den Beginn der Rezension zurück zukommen.
Mitte Zwanzig ist Bad Temper Joe ein ganz Großer im Blues mit Folk, Rock sowie Country-Einblicken. Hats off!
Line-up Bad Temper Joe:
Bad Temper Joe (vocals, lap steel, guitar)
Max Dettling (bass)
Paul Moser (drums)
David Lübke (banjo, guitar, vocals)
Marcel Rahe (harmonica)
Tracklist "The Maddest Of Them All":
Act I:
- Hell’s Gonna Fly
- Bad Gasoline
- Talkin' 21st Century Schizoid Blues
- My Favorite Things
- Heartache Shuffle #13 & #36
- Flyin'
- A Smoke, Burgers & Beer
- Supper In Mexico
- Postcards Ain’t Enough
- Rules & Lies
- Highway Takes The Lonely
Act II:
- Everything’s Gonna Be Just Fine
- Waiting In Vain
- Bury Me Anyplace But Mississippi
- Cheap Beer & One Night Stands
- Blues Never Stumbles
- Life’s A Gamble
- Races To Run
- Rebel River Incident
- High Hopes
- Mind Over Matter
- Our Love (For Livia)
Gesamtspielzeit: 43:45 (CD 1), 50:32 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2019
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