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Bassist Dusty Hill von ZZ Top verstorben – Nachruf

Jetzt trauert sogar der Blues / Nachruf auf John Mayall

Vor ein paar Tagen war ich noch der Meinung, die Todesmeldungen wären im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weniger geworden. Es war allerdings nur eine gefühlte Momentaufnahme. Im gleichen Atemzug sagte ich zu unserer Ilka, dass man das nicht beschreien sollte.

Tatsächlich reihen sich die Hiobsbotschaften wieder einmal eng aneinander. Jeder Eintrag bei RockTimes erinnert an einen ehemaligen Musiker, egal wie groß sein Bekanntheitsgrad war. Man kann durchaus behaupten: Erst im zweiten Schritt bedienen wir mit unseren aktuellen Meldungen die Ansprüche der Statistiker.

Bei ZZ Top geht es wohl gar nicht erst um Statistik. Hier sind pure Emotionen im Spiel. Die Südstaatenrocker schufen Titel für die Ewigkeit mit Melodien, die noch heute ins Mark gehen. Dazu zählen "Gimme All Your Lovin'", "Sharp Dressed Man", "Sleeping Bag". Kompositionen, die Menschen über mehrere Genrationen begleitet haben und noch immer begleiten. Musik, die zum Allgemeingut wurde und der sich wiederholt auch MTV annahm.

Mit Bassist Dusty Hill starb am 27. Juli 2021 eine der Säulen der Band. Er und seinen beiden Musikerkollegen Billy Gibbons (Gitarre, Vocals) und Frank Beard (Schlagzeug) stehen vor allem für Kontinuität. Rund 300 Titel sind seit ihrer Gründung 1969 in Regie der US-amerikanischen Bluesrocker entstanden. Dabei spielte das Trio während dieser Zeit in unveränderter Besetzung.
Legendär sind die langen Bärte von Hill und Gibbons. Dabei trat ihr Schlagzeuger immer mit vergleichsweise normalem Outfit vor sein Publikum. Musikalisch überzeugten ZZ Top vor allem aufgrund der vielen Stilrichtungen, die in ihre Songs einflossen. Allein dieser hohe Wiedererkennungswert machte die Band schon in frühen Jahren unsterblich.

Mein Lieblingsstück ist "La Grange". Das Lied im 4/4-Takt ist beispielhaft für diesen fast unendlich großen stilistischen Mix. ZZ Top schrieben das Lied 1973 als Hommage an ein Bordell mit dem Namen Chicken Ranch. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gab es das gleichnamige Etablissement schon rund 100 Jahre. Irgendwie passen Musik und Text besonders gut zusammen. Steht diese Kombination doch für authentische und ehrliche Kompositionen der Rocker aus dem US-Bundesstaat Texas.

Zum Kapitel ZZ Top gehört für mich unmittelbar das Studioalbum "Afterburner" aus dem Jahr 1985. Es war die Zeit, als das Label Amiga beim VEB Deutsche Schallplatten Berlin DDR immer mehr Originalübernahmen präsentierte, so wie jenes von Warner Bros. Für ZZ Top war es der kommerzielle Höhepunkt ihrer heute 52-jährigen Bandgeschichte, was auch die damaligen Tourneen unterstrichen.

Das bedeutete, dass ZZ Top aus Sicht der Fans in einer besonderen Liga angekommen waren. Die Band strahlte aber auch zuvor und danach auf das Publikum in einzigartiger Weise aus.

Dieser Stern ist nunmehr erloschen, da nur noch zwei Akteure aus dem Trio übrig sind. Der Verlust von Dusty Hill wiegt deshalb sehr schwer.
Er wird uns fehlen.

R.I.P. Dusty

 

 

Dusty Hill (links) und Billy Gibbons beim Gastspiel der langbärtigen Bluesrocker am 19. Juli 1996 am Stausee Hohenfelden nahe Erfurt. (Foto: Mario Keim)

Dusty Hill (links) und Billy Gibbons beim Gastspiel der langbärtigen Bluesrocker am 19. Juli 1996 am Stausee Hohenfelden nahe Erfurt. (Foto: Mario Keim)

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
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2 Kommentare

  1. Wilhelm Eric Berwanger

    Hallo Mario,
    ein toller Nachruf auf einen echten Rocker. Und dazu ein ebenso tolles Foto von dir. Ich habe die Jungs am 28. Mai 1982 bei Rock Pop in Concert in der Dortmunder Westfalenhalle gesehen und da ist mir "La Grange" auch massiv im Ohr geblieben. Am 22. Juni 1991 war ich dann beim Konzert im Müngersdorfer Stadion in Köln. Brian Adams war damals Vorgruppe. Wieder ein toller Abend mit den Bärten. RIP Dusty, die Momente mit dir kann uns keiner mehr nehmen!

  2. Manni

    Schöner Nachruf, Mario! 😉

    Leider aber: Unsere „Helden“ kommen in das Alter, in dem der Tod zum „Normalen“ wird. Für mich ist es schon fast transzendent. (Ich weiß, ich weiß…) Will es so wohl verdrängen. Es gelingt nicht. Ich bin ja selbst schon in dieser Zeitspanne.

    Diese Nachrichten werden sich naturgemäß häufen, die Namen werden prominenter werden, die Betroffenheit immer hoch sein. Wir haben schon so viele Gute verloren, aber nach dem Schock des Tagesgesprächs sind die dann auch schnell vergessen. Das ist der grausame Lauf der Zeit.

    Aktuell zu ZZ Top: Ich lernte die 1975 mit dem Album „Fandango“ kennen und darauf sind auch drei Kracher für alle Zeiten, weit entfernt von kompromissbereiten Songs wie „Gimme all your Loving“: Namentlich „Blue Jean Blues“, „Balanese“ und logischerweise „Tush“. Unsterbliche Klänge.

    Wir haben viele traurige Zeiten vor uns.

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