Es ist schon korrekt, was da auf dem Promozettel zu lesen ist: »Wenn man an Southern Rock denkt, dann denkt man in der Regel nicht an Frankreich.« Stimmt … und umgekehrt. Nur scheint der Rest der Welt irgendwie vergessen zu haben, dies auch den vier Jungs von Black River Sons aus dem nordfranzösischen Lille zu erzählen … aber Spaß beiseite. Sehr viel gibt es über das Quartett im weltweiten Netz nicht zu finden, und selbst auf ihrer Facebook-Seite, wie auch den Infos rund um die CD wird nicht sehr viel verraten. "Poison Stuff" scheint nach "Run Like Hell" (2017, eine ca. 22-minütige CDR) jedoch die zweite Scheibe und somit das Debütalbum der Franzosen zu sein.
Um einen kleinen Faux Pas gleich mal zu Beginn auszuräumen, singt der Frontmann – wie aus dem Umfeld der Band zuvor behauptet – nicht wirklich wie der selige Steve Marriott. Schade, aber … no way! Mit solchen Vergleichen schadet man seinen Schützlingen eher, als dass man ihnen etwas Gutes tut.
Aber genug der Vorreden, denn bereits der Opener "Spill Your Guts" setzt mit seinem rockenden Groove, den stellenweise platzierten Twin Guitars und dem extrovertierten Gesang von Emeric Martel ein erstes dickes Ausrufezeichen! Witzigerweise kann man das Anfangsriff des direkt darauf folgenden "Born Again" locker in der AC/DC-Schublade ablegen, bis sich auch hier eine kräftige Portion Southern Rock hinzu gesellt und einen irgendwie seltsamen, dafür aber abgefahrenen und interessanten Zwitter erzeugt. Na also, die ersten beiden Nummern versprechen doch schon mal sehr viel! Wenn nicht gerade fett rockende Riffs, die Twin Leads oder ein Bottleneck im Einsatz sind, dann darf man sich über coole, da klasse sowie sehr melodiös gespielte Gitarrensoli freuen.
Zugegebenermaßen hat es etwa eine Handvoll an Durchläufen gedauert bis diese Tracks in meinem Hirn explodiert sind, sobald dies geschehen ist, wird der Hörer allerdings plötzlich so richtig gepackt und mitgerissen. Sicherlich wird der Rock im Allgemeinen und der Southern Rock im Speziellen hier nicht neu erfunden, vielmehr setzen die Black River Sons auf knackige Riffs, sehr starke Gitarrenarbeit, eine wasserdichte Rhythmusabteilung und expressiven, extrovertierten Gesang, der die Stilistik des Genres voll ausreizt. Und dann immer wieder diese klasse Twin Guitars, die zwar keine (sowieso unnötigen) Geschwindigkeits-Rekorde aufstellen, dafür aber ein tolles Feeling in die Songs zaubern, die ihrerseits davon angetrieben und immer wieder mit neuem Leben gefüttert werden. Mit "I Remember" ist dann natürlich auch eine … naja, ich will das Stück nicht Ballade nennen, aber es ist ein typischer emotionaler Southern-getränkter Melancholie-Schmachtfetzen. Ich denke, wir wissen alle, wie die klingen. Davon abgesehen: Gut gebracht und für Abwechslung sorgend.
Da soll also nochmal einer sagen, die Franzosen könnten keinen Southern Rock. Für die Fans des Genres ist "Poison Stuff" unbedingt zu empfehlen, aber auch der ’normale' Rock-Fan darf hier ruhig mal ein Ohr riskieren. Falls er keine Angst davor hat, sich plötzlich in diese Spielart des Rock zu verlieren. Zugegebenermaßen sind die Background Vocals bei "Messin' Round" ein bisschen lahm, einen weiteren Schwachpunkt wird man auf dieser Scheibe allerdings kaum finden können. Wer erstmal antesten will, dem würde ich dazu "Can’t Be True", "Spill Your Guts", "Charcoal’s Blues" sowie "Wheels Of Fortune" (erinnert wieder ein bisschen an die Gebrüder Young, diesmal an "The Jack") empfehlen. "Poison Stuff" ist eine sehr angenehme, positive Überraschung!
Line-up Black River Sons:
Emeric Martel (guitars, lead vocals)
Baptiste Duquesnoy (guitars, background vocals, lead vocals – #9)
Said Amar (bass)
Vincent Bourree (drums)
With:
Estelle Amar (background vocals – #5,9)
Jean Yves Meresse (keyboards – #7)
Tracklist "Poison Stuff":
- Spill Your Guts
- Born Again
- Poison Stuff
- Loaded Gun
- Charcoal’s Blues
- Can’t Be True
- I Remember
- Messin' Round
- Way Of Life
- Wheels Of Fortune
Gesamtspielzeit: 53:24, Erscheinungsjahr: 2020
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