
Es gibt nichts, was es nicht gibt! Im Falle von Blaze Foley sieht das dann so aus, dass man selbst in der untersten Hierarchie der sozialen Leiter angekommen, noch zur Legende werden kann. Obwohl die Aura um diesen amerikanischen Songwriter und Musiker erst nach seinem Tod immer größer wurde und wird. Der Name Blaze Foley ist dem Rezensenten in Büchern über amerikanische Outlaw Singer/Songwriter wie Townes Van Zandt, Guy Clark, Lucinda Williams oder Steve Earle immer wieder mal – zumeist auf eher skurrile Art und Weise – über den Weg gelaufen. Zunächst kam der Mann – der in seinem erwachsenen Leben eigentlich nie ein Zuhause hatte – immer wie ein, salopp ausgedrückt, Penner rüber. Und tatsächlich will auch das hier zu besprechende Buch erst gar nicht widerlegen, dass der gute Blaze ein starker Trinker und Drogenkonsument war, so lange bei Freunden und Bekannten übernachtete, bis selbst die ihn nicht mehr ertragen konnten und speziell durch seine ganz eigene Definition von 'Gerechtigkeit' schon mal zu einem ganz üblen Gegenüber werden konnte.
Während der letzten Jahre hat sich der Verfasser dieser Zeilen jedoch einiges mehr an Wissen über Foley zugelegt und tatsächlich jede Menge dazu gelernt. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus sind, dass der Mann in der Tat auch ein gesegneter Songwriter war und neben seinen oben bereits erwähnten eher schlechten Angewohnheiten und Charakter-Eigenschaften offensichtlich auch sehr viele gute Seiten hatte. Kann eigentlich gar nicht anders sein, wenn eine Vielzahl anderer Musiker meist sympathische Songs ("Blaze’s Blues" von Townes Van Zandt oder "Drunken Angel" von Lucinda Williams, um nur mal zwei zu nennen) über einen schreiben. Der gute Blaze hatte zwar nie eine eigene Wohnung, selten mal einen Dollar in der Tasche und schlief auch schon mal in Müllcontainern, wenn es sich so ergab oder der Heimweg zu lange schien, aber er hatte meistens auch eine Gitarre dabei. Darauf komponierte er dann oft so melancholische wie auch tragische Stücke der Marke "Clay Pigeons" (superb!!! Unter anderem gecovert von John Prine), "If I Could Only Fly" (gecovert von Willie Nelson und Merle Haggard) und "Small Town Hero" oder auch anti-autoritäre bzw. politisch motivierte Nummern wie "Oval Room", "Election Day" oder "Officer Norris", bei denen er erst gar nicht daran dachte, ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Mittlerweile sind einige Alben mit der Musik Foleys erschienen und sogar Bücher und Filme sind veröffentlicht worden. In dem mir vorliegenden neuen Buch "Begegnungen mit Blaze Foley, seinen Songs und Duct Tape" haben die Autoren/Herausgeber Carmen und Kai Nees meist relative kurze Erinnerungen von Freunden und Bekannten Foleys zusammen getragen, die ein vielfältiges Bild des Songwriters zeichnen. Blaze hatte nach einer schwierigen Kindheit mit einem trinkenden sowie aggressiven und gewalttätigen Vater und einer sehr religiösen, aber dennoch emotional kalten Mutter in seinem jungen Leben zunächst einen gut bezahlten Job, bis sich eines Tages ein Schalter in seinem Kopf umzulegen schien, er seine Gitarre und sieben Sachen packte und auf die Straße stellte, um ohne Ziel irgendwo hin zu trampen. Um 1980 lernte er – mittlerweile selbst auf den Bühnen Amerikas unterwegs – Townes Van Zandt kennen und die beiden wurden in ihren 'besten' Zeiten zum Super-Gau für jeden Kneipenwirt und/oder alle anderen anwesenden Gäste. Und was soll das mit dem 'Duct Tape' im Buchtitel? Duct Tape ist ein mit Fasern durchzogenes, ziemlich stabiles Klebeband. Foley erhielt von seinen Freunden bereits zu Lebzeiten den Spitznamen Duct Tape Messiah, weil er, da er kein Geld hatte, sprichwörtlich alles was kaputt ging, mit Klebeband 'reparierte'. Seine Kleidung, seinen Hut, seine Stiefel und sogar seine Gitarre …
»Er hatte endlich einen Plattenvertrag und sollte sogar in Europa auf Tour gehen. Willie (Nelson) und Merle (Haggard) hatten einen seiner Songs aufgenommen, alles sah rosig aus. Ach ja, … nee… ich hatte vergessen, dass er ja Blaze Foley war. Also mach schon, Mann, steh dir selbst im Weg, schieß dir selbst in den Fuß. Drück ab!« So die sarkastischen Worte seines Freundes Gurf Morlix im vorliegenden Buch. Blaze Foley hat in seinem Leben tatsächlich drei Alben aufgenommen, von denen aber keines zu seinen Lebzeiten, sondern alle erst Jahre nach seinem Tod veröffentlicht wurden.
Neugierig geworden? Dann wird dieses Buch (bestellbar unter info@blazefoleybuch.de) jede Menge Spaß bereiten, dazu gibt es jede Menge Video-Clips auf den berühmt-berüchtigten Internet-Plattformen und wer nach einem richtig guten Einstiegs-Album sucht, dem sei zum einen "Live At The Austin Outhouse" (aufgenommen etwa vier Wochen vor seinem Tod), "Oval Room" (der 2. Teil der gerade genannten Platte) oder auch "The Dawg Years" mit Wohnzimmer-Aufnahmen aus den späten Siebzigern empfohlen.
Blaze Foley hatte einen betagten, bereits über siebzigjährigen Freund, den er vor vor dessen heroinsüchtigen Sohn beschützte, der seinem Vater immer dessen Grundsicherungs-Scheck stahl, um seine Drogensucht zu finanzieren. Nachdem Blaze den Sohn bereits mehrfach verprügelt und rausgeworfen hatte, tauchte dieser eines Abends Ende Januar 1989 wieder im Haus seines Vaters auf und erschoss Blaze Foley nach einem kurzen Streit. Foley wurde 39 Jahre alt.
»I’m tired of runnin' 'round
lookin' for answers to questions that I already know
I could build me a castle of memories
just to have somewhere to go«
»Count the days and the nights that it takes
to get back in the saddle again
Feed the pigeons some clay, turn the night into day
and start talkin' again when I know what to say«
(aus dem Song "Clay Pigeons")
Herausgeber: Carmen & Kai Nees
Sprache: Deutsch
Übersetzungen: Kai Nees
Paperback: 222 Seiten
Preis: 23,80 Euro
Erhältlich unter info@blazefoleybuch.de.
Neueste Kommentare