Melodie, Unterhaltung, Erdung und der Segen einer Alternative
Wenn einem Rezensenten eine völlig unbekannte Band mit ihrem Debütalbum anvertraut wird, die musikalisch zwar nur knapp – aber knapp ist auch daneben – neben den musikalischen Präferenzen und somit auch automatisch Referenzen desselben liegt, dann wird es spannend. Das übliche Spiel mit den Vergleichen passender Genre-Wegbereiter entfällt ein Stück weit und die Sinne sind unvoreingenommen und vergleichsweise ungetrübt auf das fokussiert, was halt so aus den Boxen der heimischen Anlage pustet.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um die italienischen Newcomer Blind Revolution rund um das Brüderpaar Sipione, die bereits vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurden, aber erst in diesem Jahr ein produktives Ergebnis zeitigten. Dabei macht die Band ihrem Namen keinesfalls Ehre, denn Revolutionen jeglicher Couleur bleiben aus und Wahllosigkeit, trübe-Tassen-Mentalität und Verblendung ist ihr nicht vorzuwerfen … zu strikt und zielgerichtet wildern die nicht mehr ganz blutjungen Rookies in den 1980er-Jahre lastigen AOR und Melodic Rock-Gefilden.
Apropos zielgerichtet … weit jenseits irgendwelcher Geschmacksfragen begeistern auf "Money, Love, Light" – nebenbei bemerkt eine gleichzeitige Inhaltsangabe sämtlicher Texte – die auf den Punkt gebrachten Hooks, Refrains und instrumentalen Finessen, die ab und an wohltuend aus dem stilistisch vorgegebenen Korsett hervorstechen und spannende Reize setzen können. Insbesondere sei hier Simone Sipione erwähnt, der seine sechs Saiten völlig unprätentiös erklingen lässt, aber mit erstaunlich geerdeten Läufen zu überzeugen weiß. Genau hier ist auch eine gewisse Abgrenzung zu dem Label zu finden, welches für diese Art von Musik absolut prädestiniert gewesen wäre … Frontiers Records (ein italienisches AOR/Melodic Rock/Hard Rock-Label) … Blind Revolution entziehen sich wundersamer Weise der Konformität, ohne natürlich diverse Vorbilder zu verleugnen.
So bleibt selbst dem vergleichsweise Genre-unbeleckten Rezensenten nicht verborgen, dass Sänger Christiano Sipione gerne mal punktuell an den großen Steve Perry von Journey gemahnt, dass musikalisch weitere Genre-Größen wie Survivor, Loverboy, aber auch gerne mal ein Schuss Bon Jovi oder gar Thunder (größerer Schuss!) vorbeischauen.
Aber diese Vergleiche scheinen dem Rezensenten obsolet, da das Songmaterial und ihre Umsetzung insgesamt zu stark und zu frisch aus den Boxen perlt, um mit irgendwelcher Vergangenheitsbewältigung seziert zu werden. Hier steht der Spaß im Vordergrund, ein großer Unterhaltungsfaktor, der in Zeiten wie diesen nötiger ist denn je!
Hervorzuheben sei noch der Song "Take The Magic Back" … er hat nicht nur im Titel eine geradezu programmatische Message, sondern begeistert durch ein kurzes, knackiges und vor allem äußerst gelungenes Saxofon-Solo. Darüber hinaus sei noch erwähnt, dass die Band äußerst geschmackvoll und wohldosiert diverse Keyboard-Klänge einzubauen weiß. Und fast ganz zum Schluss dürfen sich alle Genre-Nostalgiker – und nicht nur die(!) – glückselig in den Armen liegen … "Never Let You Go" klingt genauso, wie es der Titel verspricht.
Fazit:
Wer Interesse hat, abseits des für das Genre allgegenwärtigen Labels 'Frontiers Records' auf Entdeckungsreise zu gehen, wer dem Melodic Rock der 1980er Jahre viel abgewinnen kann, aber das Ganze gerne entstaubt, frisch und vergleichsweise elastisch genießen möchte, wer einer auffallend zwingenden Melodieführung innerhalb des Kontextes viel abgewinnen kann … der sollte diesen Überzeugungstätern mindestens ein Ohr leihen. Für ein Debüt verstecken sich hier nicht wenige Perlen, die das Verlangen nach den Urahnen dieser Stilistik erstaunlich gering halten.
Line-up Blind Revolution
Cristiano Sipione (vocals, keyboards)
Simone Sipione (guitars, backing vocals)
Massimiliano Ricciardo (bass, backing vocals, keyboards programming)
Giovanni Maucieri (drums, sequencer)
Tracklist "Money, Love, Light":
- Guiding Light (4:49)
- Miracle (4:48)
- Knocking For Love (4:26)
- Mary Ann (3:50)
- Saints Of Our Days (4:46)
- Money And Run (4:18)
- Take The Magic Back (4:43)
- Getting Stronger (4:12)
- Never Let You Go (6:22)
- Keep On Dreaming (5:17)
Gesamtspielzeit: 47:32, Erscheinungsjahr: 2020
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