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Blues in Zyfflich 2018 – Festivalbericht, 02.06.2018, Dorfplatz, Zyfflich

2018 feiert das Blues in Zyfflich seine 15. Ausgabe und gehört damit wohl schon seit einiger Zeit zu den etablierten Events im Blues-Zirkel. Am 02. Juni waren folgende Bands/Künstler mit von der Partie:

The Dawn Brothers

The Paul Garner Band

Leif de Leeuw Band

Nondesjusjo presents Cash In The Attic

The Hoodoo Monks

Living Room Heroes

JB Meijers ft. St. Tropez

 

 

The Paul Garner Band beim Blues in Zyfflich

The Paul Garner Band beim Blues in Zyfflich

Die Ehre, das 15. Blues in Zyfflich zu eröffnen, hatte die einzige nicht niederländische Gruppe dieses Festivals. The Paul Garner Band war für diesen Event extra aus London angereist und das Trio ohne Bassisten legte gleich mit einem im traditionellen Blues verankerten Song los.
Schlagzeuger Jason Ribeiro servierte dazu den perfekten Groove und natürlich konnte man auch tiefe Töne hören. Dafür zuständig war der auf den Tasten äußerst agile Keyboarder Claudio Corona. Er bediente die Pedale und hatte neben sich einen Leslie-Lautsprecher platziert. Nicht nur damit brachte er seine Soli mächtig ins Rotieren. Seine Fantasiewelt befand sich auf Augenhöhe zum Bandleader Paul Garner. Er zauberte in der Virtuosität der 12-Takter-Ideen und schon zu Beginn konnte man feststellen, dass der Gitarrist ein Fan von Landmann Matt Schofield war.
Dem begeisterten Publikum bot man – neben Eigenkompositionen – auch tolle, ausdrucksstarke Coversongs, deren Quellen zum Beispiel B.B. King oder Robert Johnson waren. Bei letztgenanntem Blueser unternahm man eine musikalische Reise an den Mississippi. In der Zugabe gab es eine sehr funkig interpretierte Version von Muddy Waters' "Got My Mojo Working". Toll!
The Paul Garner Band gelang es mit ihrem Verständnis des Blues, die schwere Aufgabe, ein Festival zu eröffnen und die Zuschauer einzustimmen, bestens zu lösen. Hats off, Paul Garner Band!

Line-up The Paul Garner Band:

Paul Garner (vocals, guitar)
Claudio Corona (keyboards)
Jason Ribeiro (drums)

Living Room Heroes beim Blues in Zyfflich

Living Room Heroes beim Blues in Zyfflich

Auch in der urigen Dorfscheune traten natürlich Bands auf. Wow! Hinter der großen Bühne installierte man eine fast schon überdimensionale LED-Leuchtwand, auf der zu den Bands passende Bilder/Logos platziert wurden. Auch die Lightshow hatte man beträchtlich ausgebaut. So schaffte man auch für die Augen einen entsprechend beeindruckenden Rahmen.
Was zählte, war allerdings die Musik. Die Living Room Heroes setzten, wie sie es selbst bezeichnen, auf »[…] New Roots, Southern soul rock met New Orleans invloeden […]« (invloed deutsch: Einfluss)
Sehr bluesig und erstaunlich jazzig-entspannt ließ es das Quartett angehen. "Wiseman" war dennoch ein toller Opener eines Gigs, der mit einem weit aufgespannten Fächer an unterschiedlicher Musik überzeugen konnte.
Sänger Henri Zoetbrood verfügte über eine außerordentlich gute Stimme und Gitarrist Mark van Hout bediente das Fretboard phasenweise mit flinken Fingern und brachte die Saiten auch mit dem Bottleneck zum Klingen. Bassmann Matthieu Cleijne sowie Schlagzeuger Björn van de Boom hatte quasi alle Hände voll zu tun, denn sie sorgten für den entsprechenden Groove beim Auftritt der Kapelle aus Nijmegen.
Für die "Better Days" begab sich die Combo in den Bereich des musikalischen Countrys im Baumwollfeld und "Daisy’s Blues" verankerte man fest im 12-Takter der relaxten Art. Toll! Klasse, wie das Rhyhtmus-Duo den Groove gestaltete und schon tanzten die ersten Zuschauer auf der freien Fläche vor der Bühne. An der Southern-Tankstelle füllten die Living Room Heroes flott ihren Vorrat an Treibstoff wieder auf und ganz besonders gut empfand man die klasse gesetzten Breaks sowie Tempiwechsel. Diese Combo konnte schon überzeugen und passte zum Blues in Zyfflich.

Line-up Living Room Heroes:

Henri Zoetbrood (vocals, acoustic guitar)
Marc van Hout (guitars, backing vocals)
Mattieu Cleijne (bass, backing vocals)
Björn van den Boom (drums)

The Hoodoo Monks beim Blues in Zyfflich

The Hoodoo Monks beim Blues in Zyfflich

Im Zelt hatte sich auf der großen Bühne die nächste Band ohne Bassisten bereit gemacht. The Hoodoo Monks stand für den Boogie im Blues. So durfte das Publikum einen Gig erwarten, der nur so vor Groove strotzte. So war es dann auch, als Sänger/Harper Papa T, Gitarrist Benito Burnette und Pit Maypole los legten.
Die Formation aus Helmond und Eindhoven ging mit ihrem Blues Boogie richtig steil und begeisterte das Publikum vollkommen. Dem sich zur Mucke rhythmischen bewegen war kein Entkommen ("Shake It Baby"). Wer diesen 12-Takter-Ableger auf dem Schirm hatte, kam natürlich nicht an dem Meister John Lee Hooker vorbei. "Boogie Chillen" war das Objekt der Begierde und Songs wie "Hip Shake" oder "Down In New Orleans" fütterten die Beinmuskulatur.
Eine Zugabe musste her, auch wenn dadurch der Zeitplan ein wenig ins Wanken geriet. Bo Diddleys "Who Do You Love" brachte abermals die Stimmung zum Sieden. The Hoodoo Monks hatten die Show im Kasten und einige Besucher meinten, dass sie der Höhepunkt des Festivals waren. Das Festival war zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht beendet.

Line-up The Hoodoo Monks:

Papa T (vocals, harmonica)
Benito Burnette (guitar)
Pit Maypole (drums)

Nondesjusjo presents Cash In The Attic beim Blues in Zyfflich

Nondesjusjo presents Cash In The Attic beim Blues in Zyfflich

Nondesjusjo presents Cash In The Attic stand auch im Zeichen der Musik von Johnny Cash.
Sjus Bottleneck war im Dauereinsatz und gab den Cash– sowie anderen Songs eine bluesige Färbung. Moderator und Sänger Sjo glänzte phasenweise mit dem Timbre des Man In Black. Chief machte den Sound eines abermals basslosen Trios perfekt.
Die Combo sorgte auf einer Open Air-Bühne vor dem offiziellen Beginn des Festivals schon für gute Laune. Man durfte wohl behaupten, dass ihr Verständnis der Cash-Musik ziemlich individuell gefärbt war. Aber auch so konnte der Dreier gute unterhalten.
Bei Songs wie "Folsom Prison" (am frühen Abend) und später in der zweiten Show als Opener "Ain’t No Grave" blickte man natürlich ganz deutlich auf den Country-Sänger.
Aber Lieder wie zum Beispiel "Proked Salad Annie" oder "Pablo’s Blues" setzte den Fokus nicht durchgehend auf Tracks von Johnny Cash. So gab es auf eine ganz persönliche Weise einen 12-Takter zu hören, der mit vielen Sjo-Kommentaren versehen, die spezielle Unterhaltung bei diesem Event war.

Line-up Nondesjusjo presents Cash In The Attic:

Sju (slide guitar)
Sjo (vocals, show)
Chief (rhythm guitar)

JB Meijers beim Blues in Zyfflich

JB Meijers beim Blues in Zyfflich

Special Guest der 15. Blues in Zyfflich-Ausgabe war JB Meijers feat. St. Tropez.
Der Produzent, Songwriter und Multiinstrumentalist, unter anderem auch bei Peter Maffay, Solomon Burke, The Common Linnets oder Go Back To The Zoo. Diese Band stellte 2016 ihre Aktivitäten ein und ging über in die Formation St. Tropez. Genau diese Combo sollte dann gemeinsam mit dem Protagonisten auch den zweiten Teil des Gigs bestreiten.
Zunächst trat JB Meijers allerdings solo mit akustischer Gitarre auf. Ein gefühlt einminütiges Stück Blues war zunächst das Alibi, bei einem solchen Festival aufzutreten. Um das Konzert zu beurteilen, musste man schon die Blues-Brille absetzen und die Songs eher unter dem Singer/Songwriter-Blickwinkel betrachten.
Mit feinem Fingerpicking und einer tollen Stimme machten die ersten Nummern Laune. Lieder mit Aussagekraft konnten voll überzeugen und der Künstler sprühte förmlich vor Energie. Ganz spontan reichte er eine klasse Interpretation einer seiner Lieblingsbands dar. "Substitute" von The Who brachte dann Stimmung ins Zelt. Flotte Nummern und Lieder mit Melancholie offenbarten Vielfalt und das unwidersprochene Können des Künstlers.
Gemeinsam mit der Band St. Tropez gab es dann andere Musik auf die Lauscher. Dafür wechselte JB Meijers von der akustischen Gitarre beziehungsweise Mundharmonika, die er zwischenzeitlich einsetzte, zum Schlagzeug. St. Tropez selbst bezeichnet ihre Musik als »[…] Yachtpunk […]«
Aus dem Blues erwuchs aus meiner Ansicht aber auch eine ordentliche Prise Stoner Rock, wenn es heftiger wurde. Zwei unterschiedliche Seiten einer Medaille konnten mit JB Meijers feat. St. Tropez doch sehr unterhaltsam sein.

Leif de Leeuw Band beim Blues in Zyfflich

Leif de Leeuw Band beim Blues in Zyfflich

Das doppelflügelige Tor im hinteren Bereich der Dorfscheune stand schon die ganze Zeit auf und sorgte für frische Luft. Die brauchte man auch beim atemberaubenden Gig der Leif de Leeuw Band. Damit sind wir beim – meiner Meinung nach – beim Highlight des Festivals angekommen.
Ende Mai 2018 erschien "Live In Concert", das erste Live-Album der Band. Da war es natürlich nachvollziehbar, dass man einige Kostproben aus den auf der CD enthaltenen Stück lieferte.
Das Publikum war stante pede auf der Seite der Combo und die brannte quasi ein Feuerwerk an Blues und Blues Rock ab. Man staunte nur noch Bauklötze, wie gut diese Gruppe eingespielt war. Leif de Leeuw erwies sich in allen Lebenslagen des 12-Takters als ein wahrer Meister der Gefühle. Sem Jansen drückte die Emotionen auch über seine Stimmbänder aus. Mit der geschulterten Rhythmusgitarre machte er noch zusätzlichen Dampf im Blues-Kessel und  der Bassist Boris Oud sowie Drummer Tim Koning konnten ihrer Energie freien Lauf lassen.
Zum Feuerwerk passte gleich der erste Titel. Bei "Fire In The Kitchen" waren bereits alle Leinen gelöst und man haute einen richtig tollen Blues Rock raus. Hammer! Auch hier trug die Lightshow ihren Teil zum Genuss bei.
Über ein herrlich groovendes "Listen Here People" machte die Combo einen sehr gelungenen Abstecher zum Saitenhexer Jimi Hendrix. Ganz entspannt wurde "Little Wing" zu einem melancholischen Ritt auf den großen Schwingen des Blues. Herrlich!
Bei "Little By Little" gab es eine faszinierende Duo-Gitarren-Jam vom Bandleader und Sem Jansen. Nicht erst für "Strictly Confidential" war Bottleneck-Time bei Leif de Leeuw angesagt. Der Southern Rock-Abstecher "Whipping Post" von den Allman Brothers entwickelte sich zu einem puren Genuss, guter Laune und einem weiteren Höhepunkt des Gigs.
Über die Zugabe wurde ganz kurz gesprochen und für die brillante "Hocus Pocus"-Interpretation brauchte niemand auf der Bühne ein Jodel-Diplom. Den Thijs van Leer-Part übernahm Leif de Leeuw auf seinem Arbeitsgerät.
Der Auftritt dieser Band beim Blues in Zyfflich 2018 war überwältigend.

Line-up Leif de Leeuw Band:

Leif de Leeuw (guitars)
Sem Jansen (vocals, guitars)
Boris Oud (bass, backing vocals)
Tim Koning (drums)

The Dawn Brothers beim Blues in Zyfflich

The Dawn Brothers beim Blues in Zyfflich

Zu guter Letzt nochmals ins Zelt. Dort gaben zu vorgerückter Stunde The Dawn Brothers ihre Visitenkarte ab.
Aus Rotterdam angereist, ließ das Quartett aufhorchen. Ihre Musik umschreiben sie als »[…] the ols souls from the phuture! [..]«
Mit dem "Milk Truck" brachte die Combo den Gig ordentlich in Roots-Schwung. Schon zu Beginn fand man Gefallen am tollen Chorgesang der Niederländer. "Sweet Love" prägte das etwas gesetztere Tempo. Die Bas van Holt-Gitarre mit ihren akzentuierten Riffs und Rowan de Vos' Keyboard-Teppich zogen die Aufmerksamkeit sozusagen gekonnt an. The Dawn Brothers punkteten mit den ersten Tracks.
Etwas Old School, aber nicht weniger interessant war dann "Get Down The Road". Herrlich vintage kam die Combo rüber und Rafael Schwiddessen trieb den Mitmusiker nach vorne. Schließlich garnierte ein fetziges Gitarrensolo die Nummer. Klasse!
"Vampire" war alles andere als gefährlich. Im Gegenteil kam diese Nummer zwar flott daher, reflekierte aber irgendwie die Traumwelt der Band. Toll!
Die Berichterstattung zu The Dawn Brothers ist leider nur eine Art Blitzlicht des Auftritts, denn die Leif de Leeuw Band verursachte eine mächtige Anziehungskraft, so dass es hier zu keiner abschließenden Bewertung kommen kann.
Rundum war die 15. Ausgabe vom Blues in Zyfflich ein sehr bunt-musikalisches Treiben mit vielen Facetten des Genres. Bis zum nächsten Jahr.

Line-up The Dawn Brothers:

Bas van Holt (vocals, guitar)
Levi Vis (bass, vocals)
Rowan de Vos (keyboards, vocals)
Rafael Schwiddessen (drums, vocals)

RockTimes bedankt sich bei Stefan van den Berg vom Blues in Zyfflich für den Platz auf der Gästeliste.

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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