Ende Mai 2017 ging die 14. Ausgabe des Blues in Zyfflich Festivals über die Bühne. Bei bestem Wetter und entsprechend guter Laune war das beschauliche Dorf an der Grenze zu den Niederlanden wieder einmal der Blues-Nabel der umliegenden Landkreise. Mittlerweile hat sich dieses Event einen vortrefflichen Namen gemacht und schließlich sind vierzehn Jahre Blues in Zyfflich auch eine Hausmarke. Die Organisatoren und die zahlreichen Helfer hatten alle Vorbereitungen für das Gelingen des Festivals getroffen und das Billing der Veranstaltung konnte sich wieder einmal sehen lassen.
Zu Gast war der belgische Musiker Guy Verlinde, der gleich zweimal auftrat. Einerseits solo als Guy Verlinde One Man Band und andererseits später mit The Houserockers. Dabei ging es beim den Houserockers im Schwerpunkt um den Slide-Gitarristen Hound Dog Taylor. Talkin' Blues wurde als B.B. King Tribute angekündigt. Die Detonics sind ein Synonym für den West Coast Blues und von dem, was dieses Quintett drauf hat, konnte sich RockTimes schon bei einem Konzert im Blues Moose Café überzeugen. Eine relativ kurze Anreise hatte die Frauen-Formation Bootleg Betty, denn von Nimwegen bis zum Veranstaltungsort ist es quasi ein Katzensprung. Das Quintett steht für einen »[…] meerstemmige mix van rockabilly, pop, country en rock-’n-roll […]«. Eine weitere Reise hatte 70’s Tush aus dem belgischen Gent hinter sich. Die Combo spielt »[…] songs inspired by the music of the late and great heroes oft he seventies. […]« The Dynamite Blues Band hatte RockTimes bereits bei einem Konzert nach ihrer Gründung Anfang 2013 auf dem Schirm.
Den Auftakt des Festivals bestritt die Guy Verlinde One Man Band. Dieser Mann brachte die Publikumsschar mächtig in Schwung, auch wenn es zu Beginn doch den einen oder anderen Motivationsschub brauchte. Kein Wunder bei den Temperaturen.
Sein Country Blues hatte einen großen Anteil an der steigenden Stimmung im Zelt. Neben Lap Steel, Dobro, Harps und Kazzoo war ein ausgedienter alter Koffer die Bassdrum der One Man Band.
Wer meinte, Guy Verlinde bot ausschließlich eine Reise durch die Klassiker der von Blues-Ikonen geschriebenen Stücke, hatte sich getäuscht, denn bis auf wenige Ausnahmen stammten die Tracks aus der Feder des Belgiers. Allerdings eröffnete der Künstler seinen Auftritt mit "Grinnin' In Your Face" von Son House. Nur seine Handclaps und die vom Publikum bildeten den Rhythmus dazu. Songs von Jimi Hendrix, Sam Cooke beziehungsweise Muddy Waters waren die Basis für weitere Interpretationen des Musikers.
Guy Verlinde hatte magnetisierende Wirkung. Die Zuschauer honorierten seine Country Blues-Künste mit viel Beifall. Der Musiker war obendrein noch ein echter Entertainer und sehr versierter Gitarrist sowie Harpspieler. Er hatte seine Wurzeln im 12-Takter, der nicht immer in der Country-Auslage verabreicht wurde. Der Belgier ließ es auch rocken. Er spannte einen Bogen vom "Weather Song" zum "Winter Blues", einem Lied, das leider für keine Abkühlung sorgte. Bei der Präsenz des Künstlers auch fast unmöglich. So stand das abschließende "Let’s Have A Party" Pate für die Topstimmung.
In der Dorfscheune war die Bühne für Talkin' Blues bereitet und pünktlich um 20:00 Uhr begann das Quintett mit "Let The Good Times Roll". Immer eine Nummer, die zieht und gute Laune verbreitet.
Die Verneigung vor B.B. King hatte mit "To Know You Is To Love You" einen ordentlichen Einstieg. Der Gitarrist Peter Langerak konnte sich auf seiner feuerroten Halbakustischen dem Lucille-Sound nähern und war ein Sechssaiten-Gefühlsspender der besseren Art.
Tjaard Venema servierte klasse Hammond- und Pianoklänge. "I Like To Live The Love" war ein ausgesprochen gelunger Zwölftakter. Die Combo unternahm auch einen Ausflug in den Funk und dazu slappte Paul Robbert seinen Tieftöner. Als Grundlage diente das Stück "Take Me To The River".
Die Formation hatte einige traditionelle Blues-Lieder auf der Setlist und Frontmann Ronny Singer gelang es, oftmals die Zuschauer mit ins Geschehen einzubeziehen. In den balladesken Momenten des Gigs kam seine gute Stimme voll zur Geltung. Mit Szenenapplaus zollte man dem Gitarristen Respekt. Der war richtig gut.
Natürlich durfte beim Blues in Zyfflich-Auftritt B.B. Kings "The Thrill Is Gone" nicht fehlen. Talkin' Blues macht dieses Lied in etwas abgewandelter Form ganz allgemein zum Thema. Dann heißt es 'The Thrill Is Here'. Am Ende gab es eine Art Medley in einer Mischung aus "Always Look On The Bright Side Of Live" und "Every Day I Have The Blues". Talkin' Blues waren, wie die Laune der Zuschauer bei ihrem Auftritt, gut.
Wer kann schon von sich behaupten, in zwei aufeinander folgenden Jahren im Billing eines Festivals zu stehen. Da gibt es wohl nicht so viele Bands, aber auf die niederländische Combo Detonics trifft es zu, denn beim Blues in Zyfflich 2016 konnte das Quintett voll überzeugen und spielte bei der 14. Ausgabe auf der Hauptbühne im Zelt.
Beim Konzert im Blues Moose Café räumten die Detonics mit ihrem West Coast Blues schon in Sachen Überzeugung ab und beim Blues in Zyfflich war es nicht anders. Ihre Musik fand riesigen Anklang und es war schon eine der schwereren Übungen, sich dem Treiben auf der Bühne zu entziehen. Alle fünf Musiker zeigten sich trotz der Hitze in Bestform.
Vom Sänger und Harper Kars Van Nus über den Gitarristen Jeremy Aussems und Keyboarder Raimond De Nys bis hin zur Rhythmusabteilung mit Bassist Rene Leytens sowie Mathijs Roks (Schlagzeug) sahen und hörten die Anwesenden Blues & More der Extraklasse. Der Band-Swing brachte nicht wenige Leute zum Tanzen und Beifall spendete man vor der Bühne reichlich. Nach einem treibenden Einstieg mit ruhigem Intermezzo vibrierte/bebte der Zeltboden zum Groove der Gruppe. Es war schon eine Herausforderung, die Kamera in eine halbwegs ruhige Position zu bringen. Aber bei den tollen Songs spielte so etwas eine geringere Rolle, verdeutlichte es doch nur, wie sehr die Detonics-Musik in die Beine ging.
Show-Elemente kamen nicht aus der Spardose und die fünf Musiker nutzen die über eine Stunde Auftrittszeit, um sich in der Zuschauer-Festival-Rangliste ganz weit oben einzutragen. Hats off, Detonics!
Rau, ungeschliffen, wild … Guy Verlinde & The Houserockers ganz im Zeichen der Legende Hound Dog Taylor. Gitarrist Richard van Bergen (unter anderem Shiner Twins, Dede Priest) und Erik 'King Berik' Heirman (Schlagzeug) waren die Guy Verlinde-Begleiter dieses furiosen Auftritts auf der kleinen Bühne in der Dorfscheune.
Auf zwei Alben – "Plays Hound Dog Taylor" (2012/noch unter dem Namen Lightnin' Guy) und "How How How" (2017) – verneigt sich der Künstler vor dem Ausnahme-Slider.
Bei diesem Gig bebte die Location. Schon der Opener und Titelsong der letztgenannten Platte brachte die Luft zum Kochen. Die gegenüber liegende Kirche müsste einige Risse im Mauerwerk bekommen haben. Mit authentisch-knarzigem Gitarren-Sound brachte "Sadie" erste Entspannung. Guy Verlinde ist ein Meister des Metallröhrchens, das bei diesem Auftritt eine Hauptrolle spielte.
Über "Give Me Back My Wig" und "She’s Gone" durfte natürlich "Freddie’s Blues" nicht fehlen. Der Frontmann hatte, wie von Hound Dog Taylor bekannt, auf einem Stuhl Platz genommen, allerdings – ganz nach dem Songtitel "You Can’t Sit Down" – hielt es den agilen Belgier nicht immer auf seinem Sitz und es kam nicht nur einmal zu hitzigen Einlagen mit Richard van Bergen. Klasse!
Wild und ungezügelt war auch das bis zur Halskrause mit Rock’n’Roll gefüllte "Roll Your Moneymaker". Bei Guy Verlinde & The Houserockers konnten die Zuschauer mächtig viele Kalorien abbauen und mitsingen. Der Gig war bewegungsintensiv und erstklassig. Highlight!
Zurück im Zelt war es Zeit für die Frauen-Formation Bootleg Betty, die auf der kleinen Bühne spielte. Mit der EP "Left The Barn", die sich auch als 10″-Vinyl auf dem Markt befindet, debütierte frau 2015.
Belebend-frisch ging das Quintett um Sängerin Karlijn Wolsing mit einem Rockabilly-Stück gleich in die Vollen. Die Zuschauer waren umgehend ganz bei der Combo und "Boppin' Billy" erwies sich nicht nur als ein Freund der Band. Nach einigen Songs im Quintett verkleinerte die Gruppe ihr Line-up zum Trio und gemeinsam mit Gitarristin Imke Loeffen sowie Schlagzeugerin Merel van Oven zelebrierte die Sängerin "Seven Sins". Toll!
Im "Wreckless Blues" hatte die Frontfrau mit ihrer sympathisch-ausdrucksstarken Stimme viel zu erzählen und Anneke Zeegers lieferte ein feines Gitarrensolo ab. Vor der Bühne war es voll und das herrlich groovende "Push & Pull" entwickelte sich zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Bei "Like A Wolf" hatten die Frauen den Blues ganz fest im Griff und in "Hands Off My Man" hob man auf angenehme Art und Weise den Rockabilly-Zeigefinger.
Mit ihrem elektrischen Bass bildete Daphne Verlinden ein solides Fundament und in "A Song Called Wanda", auch auf der weiter oben erwähnten EP enthalten, gab es herrlichen Rock’n’Roll auf die Ohren. Bootleg Betty hatte die Show im Kasten und das Publikum auf ihrer Seite. Klasse!
Blues in Zyfflich … mit ihrem Programm war 70’s Tush insgesamt ein Stück vom traditionellen Blues entfernt, auch wenn dem Lead-Gitarristen Pieter Minne Ähnlichkeiten mit Jimmy Page nachgesagt wurden.
Nichtsdestotrotz sorgte das Sextett für gute Laune. "Sinners Prayer" setzte das Konzert im Midtempo in Gang und so war es zum Beispiel "Mr. Big" von Free, das die Zahl der vor der Bühne Tanzenden erhöhte. 70’s Tush-Sänger Sven Vande Neste war der große Stimmband-Agitator und mit seinem Gesang auf Augenhöhe zum Lead-Gitarristen.
Der Rhythmusgitarrist Koen De Coker hatte auch die Show-Einlagen fest im Griff und in "30 Days In A Hole" servierte die Combo Hard Rock der puren Art. Der "Brown Sugar" hatte den 12-Takter der heftigen Ausgabe in sich und schließlich spendierte die Band noch eine Runde abgehenden Rock’n’Roll.
Die Gruppe spielte ihre Trumpfkarten in den rockenden Varianten aus. Von dem, was der RockTimes-Berichterstatter von der 70’s Tush-Show erlebte, war die Combo energetisch und gut.
Wo Blues draufsteht, steckt auch Blues drin und dann auch noch mit Sprengstoff. The Dynamite Blues Band spielte parallel zu 70’s Tush und hatte mehr Publikum vor der großzügigen Bühne im Festival-Zelt versammelt. Mit Shakedown & Boogie sowie "Kill Me With Your Love" stehen zwei Alben in der Diskografie.
Nach einem flotten Beginn huldigte die Band Nick Curran. "She’s Evil" entpuppte sich als ein weiterer Hinhörer und "Kill Me With Your Love" war nur eine der Spielwiesen, die Gitarrist JJ van Duijn für seine beeindruckenden Fretboard-Fahrten nutzte. Wie Jeremy Aussems von den Detonics gehörte er zu den besonders versierten Gitarristen des Festivals. Frontmann Wesley van Werkhoven war nicht nur sehr gut bei Stimme, sondern konnte auch durch seine virtuosen Harp-Einsätze glänzen.
Das Stück "Automatic" brachte auf überzeugende Art und Weise The Red Devils in Erinnerung. Auch an den "Full Time Lover" wird sich die Festival-Gemeinde gerne zurück erinnern und wohl genauso an das gesamte Blues in Zyfflich 2017. Rundum lieferten alle Bands zusammen einen weiten Blick auf das große Baumwollfeld des Blues ab.
Wir bedanken uns bei Stefan van den Berg vom Blues in Zyfflich für die problemlose Akkreditierung.
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