Bob Dylan / Trouble No More – The Bootleg Series Vol. 13 – CD-Review

Wow, okay… Der 13. Teil der Bootleg Series beschäftigt sich ausgiebig mit den Jahren, in denen Bob Dylan sein Christentum offen und kompromisslos auslebte. Also mit der Phase, die sowohl bei seinen Fans als auch Kritikern zweifellos die umstrittenste seiner gesamten Karriere darstellt. Am 20. August 1979 (USA) erschien das Album "Slow Train Coming", das den Auftakt einer Trilogie von Songs mit sehr spiritueller Aussagekraft darstellte und das 1980 von "Saved" sowie 1981 von "Shot Of Love" gefolgt werden sollte. Der Musiker war während der darauf folgenden Tour so dermaßen von seinem neuen Leben, seinem neu gefundenen Glauben überzeugt, dass er sich weigerte, ältere Songs oder gar seine Hits zu spielen. Was natürlich nicht immer schöne Szenen zu Tage förderte. Das Publikum beschwerte sich oft lautstark mit wütenden Zwischenrufen, nur um im Anschluss (ihr ahnt es wahrscheinlich schon) von Dylan zurecht gewiesen und mit längeren Monologen über »…die Herrlichkeit Gottes…«, aber vor allem auch über das Böse in der Welt belehrt zu werden.

Auch der Rezensent muss gestehen, sich die drei oben genannten Alben bereits vor Jahrzehnten zwar angehört zu haben, dass er sie aufgrund der doktrinären Holzhammer-Methode so einiger Texte aber schon sehr bald im CD-Regal verstauben ließ. Und nun also diese Doppel-CD, auf der sich 25 der dreißig Songs von den oben genannten Studioalben befinden. Und neu aufgelegt stelle ich gleich mehrere überaus überraschende wie auch bemerkenswerte Aspekte fest: Einerseits dauert es nicht lange bis man bemerkt, was für eine fantastische Band (Leute wie Jim Keltner, Tim Drummond, Spooner Oldham oder den exzellenten Fred Tackett braucht man nicht mehr großartig vorzustellen) der Amerikaner in diesen Jahren am Start hatte. Die war dann zum Zeitpunkt der Aufnahmen auch noch bereits ganz fantastisch eingespielt, sodass alleine das Zusammenspiel der Musiker schon runter geht, wie Öl. Ebenfalls erstaunt stelle ich fest, dass die meisten Songs doch deutlich besser (und teilweise sogar richtig, richtig gut) sind, als ich das in Erinnerung hatte. Ein Grund dafür mag aber auch die Umsetzung der Band und dazu Dylans sehr beseelter Gesang sein, der zwar unheimlich emotional, aber nie jammernd oder himmelhoch jauchzend rüberkommt. Respekt, das bekommt in dieser Form auch nicht jeder hin.

Der große Knackpunkt sind nach wie vor die teilweise bitteren, teilweise belehrenden und im schlimmsten Fall sogar fanatischen Texte, die man ganz sicher nicht mögen muss. Wer den Lyrics aber zustimmen kann, wem diese einfach nicht so wichtig sind oder wer diesbezüglich wie der Rezensent über die Jahrzehnte doch deutlich relaxter und milder geworden ist, der darf sich hier an einer weiteren hochinteressanten musikalischen Phase in der Karriere Bob Dylans erfreuen. Denn Songs wie "When You Gonna Wake Up?", "I Believe In You", "Precious Angel" oder "When He Returns" bieten, abgesehen vom sehr starken Songwriting, auch noch grandiose Background Vocals von (je nach Konzert) drei oder vier Ladies, die den Gospel-Faktor sehr weit in den Vordergrund stellen. Schließlich sind da noch die Songs von "Shot Of Love", die in Form von "Every Grain Of Sand", "The Groom’s Still Waiting At The Altar", "In The Summertime" oder auch "Watered-Down Love" ebenfalls echte Perlen auf den Tisch bzw. in die Anlage bringen.

Die Soundqualität dieser Live-Aufnahmen ist auf oberstem Niveau und in dieser CD-Box befindet sich schließlich auch noch ein 65-seitiges, hervorragendes Booklet mit detaillierten Informationen (Aufnahme-Datum, Ort und Venue) sowie Beschreibungen zu jedem einzelnen Track. Bei den einzigen drei sich doppelt auf "Trouble No More" befindlichen Nummern ("Slow Train", "Gotta Serve Somebody" sowie "Solid Rock") ist außerdem sehr interessant nachzuvollziehen, wie sich diese live auf der Bühne vom November 1979 bis zum Sommer 1981 verändert hatten. Eines von den Anfangs erwähnten mit dem Publikum geführten verbalen Scharmützeln ist hier übrigens aus gutem Grund nicht enthalten. Keiner der hier enthaltenen dreißig Songs war bisher veröffentlicht worden, sodass diese Doppel-CD (weitere Varianten sind auf vier Vinylalben oder als 8 CD-Box + DVD erhältlich) für jeden Bob Dylan-Fan einen absoluten Mehrwert darstellt. Und auch alle Kritiker dieser Jahre im Leben von Mr. Zimmerman sollten unbedingt nochmal ein Ohr riskieren, vielleicht geht ihnen ja (wie mir selbst) doch noch ein kleines Licht auf.

Line-up Bob Dylan:

Bob Dylan (guitars, lead vocals)
Fred Tackett (guitars)
Steve Ripley (guitars)
Carlos Santana (guitar – CD2-#14)
Spooner Oldham (keyboards)
Terry Young (keyboards)
Willie Smith (keyboards)
Al Kooper (keyboards)
Tim Drummond (bass)
Jim Keltner (drums)
Arthur Rosato (drums)
Helena Springs (background vocals)
Mona Lisa Young (background vocals)
Regina McCrary (background vocals)
Clyde King (background vocals)
Gwen Evans (background vocals)
Elizabeth Bridges (background vocals)
Carolyn Dennis (background vocals)
Madelyn Quebec (background vocals)
Regina Peebles (background vocals)

Tracklist "Trouble No More – The Bootleg Series Vol. 13":

Gesamtspielzeit: 77:16 (CD 1), 76:02 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2017 (1979 – 1981)