Dafür, dass es in einem Musikerleben so rasant rauf und runter gehen kann wie auf einer Achterbahn, ist der Sänger Bobby Kimball wohl eines der besten Beispiele. Nach Anfängen mit verschiedenen Bands in New Orleans, zog er etwa Mitte der siebziger Jahre nach Los Angeles. Mit ehemaligen Mitgliedern von Three Dog Night gründete er die Combo S. S. Fools, mit der sogar ein Album entstand. Nach etwa anderthalb Jahren fiel die Gruppe allerdings wieder auseinander und da war erstmal guter Rat teuer. Es dauerte jedoch nicht sehr lange, bis ihn die beiden Session-Musiker David Paich und Jeff Porcaro einluden, Frontmann einer neuen Band zu werden – die dann zu Toto wurde. Direkt schon von dem Debütalbum (1978) konnten weltweit viereinhalb Millionen Stück abgesetzt werden und selbst wenn die nächsten Scheiben etwas schwächer liefen, so behaupteten sich die Absätze von "Hydra" (1979, zwei Millionen) sowie "Turn Back" (1981, eine Million) immer noch im siebenstelligen Bereich. Mit "IV" folgte dann 1982 mit zwölf Millionen verkaufter Einheiten aber der absolute kommerzielle Überflieger, der natürlich auch ausgiebig betourt wurde.
1984 kam es während der Aufnahmen zu "Isolation" allerdings zum Bruch innerhalb Totos und Kimball musste die Band verlassen. 1989 war er für eine Reunion eigentlich schon wieder im Boot, bevor doch noch die Entscheidung zugunsten eines anderen Sängers und gegen Kimball getroffen wurde. 1998 kam es für zehn Jahre doch nochmal zur Reunion, bis sich Toto vorübergehend auflöste (in der aktuellen Formation ist er übrigens erneut nicht vertreten). Der Frontmann hatte bereits davor Soloalben aufgenommen und ging diesen Weg auch weiter, hatte dazu immer wieder sonstige Projekte am Laufen. Bezüglich seiner Live-Auftritte war in den letzten Jahren – gelinde gesagt – nicht immer nur Gutes zu hören, weshalb ich schon sehr gespannt auf seine neue Scheibe "We’re Not In Kansas Anymore" war. Und die ist, um es gleich mal voraus zu schicken, grundsolide und souverän ausgefallen. Sicherlich gibt es hier nichts auf die Ohren, was man so oder in ähnlicher Form nicht schon mal gehört hätte und auch stilistisch bleibt der Amerikaner in altbewährten Gewässern. Erwartungsgemäß also Melodic Rock, eingespielt von alten Session-Haasen, die sich dennoch frisch und inspiriert anhören.
Neben souveränen Bass und Drums spielen musikalisch natürlich die Gitarre sowie die Keyboards (bzw. öfter auch mal das Piano) die Hauptrollen, um die Spielwiese für Kimballs Gesang bestmöglich in Szene zu setzen. Leider fehlen die ganz großen Hits, wenn die Tracks auch durchaus gefällig sind und gut ins Ohr gehen. Nur das mit dem darin (in den Ohren) hängenbleiben, funktioniert erst nach (zu!) vielen Durchläufen. Eines der Highlights von "We’re Not In Kansas Anymore" ist die Nummer "Met Her For" mit guter Gesangslinie und einer ungewöhnlichen, dafür aber für Abwechslung sorgenden Clavinet-Einlage. Der kleine starke Song-Block wird von der Piano-Ballade "Hold On" weitergeführt. Im Verlauf gesellt sich die Rhythmus-Abteilung zu den Tasten und kaum überraschend gibt es auch ein Gitarren-Solo auf die Ohren. Gut, aber eben auch sehr vorherseh- und ausrechenbar. Gegen Ende schwächeln sowohl "Scam" als auch "Some They Do" etwas, dafür kommen aber "You’ll Be With Me" sowie "You’re Not Alone" deutlich besser.
Als Fazit dieses dritten Soloalbums von Bobby Kimball bleiben sowohl Minus- als auch Pluspunkte festzuhalten. Bei der Produktion wurde (ein Plus) viel Wert darauf gelegt, knackig, frisch und modern zu klingen. Ob dies allerdings jeden Fan (vor allem die älteren) überzeugen wird, sei mal dahingestellt. Etwas irritierend finde ich, dass sich der Frontmann bei fünf der elf Tracks Co-Lead-Sänger an seine Seite gestellt hat. Ein wenig befremdlich, da diese Stücke keinen Duett-Charakter haben, sodass es mir fast so vorkommt, als wäre hier schwindendes Selbstvertrauen die Mutter der Porzellankiste gewesen. Hinsichtlich der Songs muss gesagt werden, dass erstaunlich wenig Rockiges am Start ist und diese Geschichte doch deutlich in Richtung Pop (mit ein bisschen Wumms) tendiert. Und bei den Tracks an sich haben die Balladen deutlich die Nase vorn, der Rest wirkt wenig spektakulär und sogar etwas altbacken.
Wie schon angedeutet: "We’re Not In Kansas Anymore" ist gut anzuhören, tut niemandem weh und kann mit ein paar Highlights aufwarten. Leider wirkt es aber zeitweise auch etwas uninspiriert, berechnend und nicht wirklich überzeugend. Fans werden ganz sicher ihren Spaß daran haben, ansonsten ist diese Platte doch ziemlich durchwachsen.
Line-up Bobby Kimball:
Bobby Kimball (lead vocals)
Dave Barnett (guitars, keyboards – #3,6, bass – #4, background vocals, co-lead vocals – #1,3,6)
Derek Sherinian (piano, B3, clavinett, synthesizers)
Brian Bromberg (bass)
Adam Schwem (lead guitar – #1,3,8)
John Zaika (piano, keyboards, synthesizers)
Joel Taylor (drums)
With:
Mitchel Forman (piano – #2,9,11, B3 – #2,7)
Steve Fawcett (piano – #7)
Tom McCauley (acoustic guitar – #4,11)
Arnie Vilches (outro guitar solo & background vocals – #5)
David DeShazo (bass – #5,6)
Dwayne Heggar (bass – #7)
Nate Robinson (bass – #10)
Thomas Ebby (trumpet – #2)
Jim Foster (trumpet – #2,10)
Willie Roy (trumpet – #2,10)
David Butler (trombone – #2,10)
Carl Lundgren (trombone – #10)
Sarah O’Brien (cello – #11)
Jonny Zywiciel (co-lead vocals -#4)
Tony Wilcox (background vocals – #3,4,8, co-lead vocals – #11)
Claire Wilcox (background vocals – #5)
Addison Kelley (background vocals – #5)
Micah Blalock (background vocals – #7)
Dexter Espinoza (background vocals – #9)
Tracklist "We’re Not In Kansas Anymore":
- Too Far Behind
- On My Feet
- Hey It’s Me
- One Day
- Flatline
- Met Her For
- Hold On
- Scam
- You’ll Be With Me
- Some They Do
- You’re Not Alone
Gesamtspielzeit: 39:03, Erscheinungsjahr: 2017
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