Zwischen The Grand Design (2016) und "Sundial" veröffentlichte Carl Verheyen 2017 "Essential Blues".
Letztgenanntes Album ist keine Rückblick-Platte mit alten Songs, sondern eine Scheibe, die »[…] live in the studio and in 3 days […]« aufgenommen wurde.
Jetzt geht es aber um das Jahr 2021 und "Sundial".
Die Presseinformation besagt unter anderem: »[…] "Sundial" is an esoteric record comprising of rock, funk, ska, soulful ballads and afro-pop music. Recorded during the music industry’s "Grand Pause" of 2020, guitarist Carl Verheyen adopted an "anything goes" concept and musical variety is the theme. […]«
Klingt vielversprechend, oder?
Zehn Songs stehen zur Verfügung, um sich davon überzeugen zu lassen, dass das Statement nicht zu hoch gegriffen ist. Promoter mögen es ja gerne großformatig und quasi immer überragend.
Carl Verheyen beschränkt sich auf nur zwei Coversongs. Einerseits ist es "Michelle’s Song" von Elton John/Bernie Taupin, andererseits ist es The Rascals' "People Got To Be Free".
Perlende Piano-Klänge von Mitchel Foreman und der Dave Marotta-Bass leiten den Titelsong "Sundial" verträumt ein. Danach prägen das Stück ruhige und treibende Phasen. Wunderschön ist das Gitarren-Solo und wenn dann auch noch Kat Bowser von The Sweetwater All Stars sowie Beth Cohen (auch Pink, Barbara Streisand) ihren herrlichen Chorgesang beisteuern, ist der erste Track der vorliegenden Platte schon einmal ein Treffer.
Für "Kaningie" schalten Carl Verheyen & Co. einen Gang höher.
Der Protagonist geleitet uns mit seiner aussagekräftigen Gitarre durch dieses Instrumental. Von entspannt bis virtuos lässt er uns an seiner außergewöhnlichen Fretboard-Fahrt teilhaben. Carl Verheyen ist ein Teamplayer, denn nicht nur hier rückt zum Beispiel Tastenmann Jim Cox mit einem jazzig angehauchten Alleingang in den Vordergrund. Kurze Zeit später folgt ein Schlagzeug-Solo. Tja, auch wenn im rockenden "Kaningie" zwei Drummer (Chad Wackerman und John Ferraro) mitwirken, könnte es sein, das sich bei dem Alleingang beide Musiker ergänzen. Volltreffer!
"Kaningie" verfügt – was das Schlagzeug-Doppel angeht – allerdings nicht über ein Alleinstellungsmerkmal, denn in rund der Hälft der Songs ist das Felle-und-Becken-Duo zu hören.
Der Songtitel "Garfunkel (It Was All So Real)" macht neugierig.
Hat das Lied wirklich etwas mit Art Garfunkel zu tun? Der Promoter schreibt dazu: »[…] Walking by a grand piano in a hotel lobby in Alberta, Canada, a 15 year old Verheyen stopped to play the intro to the #1 song of the day, "Bridge Over Troubled Water." Carl recalls, "A few seconds later a familiar voice began singing over my right shoulder. Turning around I realized it was Art Garfunkel himself! Garfunkel is a song about that incredible memory." […]«
Diese Nummer hat Tiefgang. Da kommt Gänsehaut auf. Musik mit einer besonderen Hingabe. An dieser Stelle geht für alle Beiträge ein großes Lob an die beiden Chordamen Kat Bowser und Beth Cohen.
Knapp über sieben Minuten können wir "Spiral Glide" genießen.
Auch zu diesem Track gibt es sozusagen einen prominenten Hintergrund, der im Zusammenhang mit David Gilmour und Supertramps Album "Brother Where You Bound" steht. "Spiral Glide" atmet die Luft von Pink Floyd. Zu Beginn und am Ende setzt die akustische Gitarre Ausrufezeichen. Treffer!
Wow! "Clawhammer Man" ist der Hammer.
In locker rockender Stimmung vernimmt man auch eine jazzige Atmosphäre, die besonders Hammond-Mann Jim Cox einfließen lässt. Herrlich, dieser Groove. Bei fast sechs Minuten bleibt Carl Verheyen Zeit für ein wahres Überflieger-Solo. Dieser akzentuierte Track ist ein weiteres Highlight.
Den Blues bedienen Carl Verheyen und seine Mitmusiker natürlich auch. Wir finden großen Gefallen an "Never Again", weil der Protagonist auf beeindruckende Weise quasi mit dem Genre sein Spielchen treibt. Super! Kurz vor dem Album-Ende ruft er dann in persönlicher Art den "No Time For A Kiss"-Slow Blues auf.
Carl Verheyen hat den Reggae oder genauer den Ska. "People Got To Be Free" sorgt für spitze Ohren und als kleiner Exot passt diese Nummer dennoch ins Album-Konzept. Klasse!
Über ein wunderschön arrangiertes "Michelle’s Song" kommt es zu einem, wenn auch kurzen, letzten Highlight. "Sundial Slight Return" ist die melancholisch-anrührende Carl Verheyen-Solo-Verabschiedung der introvertierten Art. Toll!
Was uns der Künstler zwischen "Sundial" und "Sundial Slight Return" bietet, kommt aus dem höchsten Musik-Regal.
Das Album ist weit davon entfernt, Lückenfüller zu haben.
Jeder der zehn Songs macht Sinn und findet Anklang beim Hörer.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Carl Verheyen:
Carl Verheyen (lead vocals, guitars, mandolin – #8)
Mitchel Foreman (Hammond organ – #1, piano – #1,5)
Jim Cox (Hammond organ – #2,3,4,5,6,7,8,9, Wurlitzer – #2, Rhodes – #3, piano – #7,8,9)
Craig Copeland (additional guitar – #4,6, backing vocals – #6,7)
Dave Marotta (bass – #1,3,5)
Tom Child (bass – #2,4,6,7,8,9)
Nick D’Virgilio (drums – #1)
John Ferraro (drums – #2,4,6,7,8,9)
John Mader (drums – #3)
Chad Wackerman (drums – #2,4,6,7,8,9)
Kat Bowser (backing vocals – #1,3,5,6,7,8)
Beth Cohen (backing vocals – #1,3,5,6,7,8)
Tracklist "Sundial":
- Sundial
- Kaningie
- Clawhammer Man
- Never Again
- Garfunkel (It Was All Too Real)
- People Got To Be Free
- Spiral Glide
- Michelle’s Song
- No Time For A Kiss
- Sundial Slight Return
Gesamtspielzeit: 48:50, Erscheinungjahr: 2021
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