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Carl Verheyen / The Grand Design – CD-Review

Ein feines Cover hat Carl Verheyens Album "The Grand Design". Schwarz-weiß Bilder können so viel Stimmung transportieren. Vom aufklappbaren Innenteil bis zur Rückseite ist die gesamte Platten-Verpackung in den Farben und ihren Zwischentönen gehalten.
Bunter, viel bunter geht es dann auf der dazugehörigen Scheibe zu. Wahrscheinlich wusste der Protagonist zum Zeitpunkt der Aufnahmen in den Sweetwater Studios noch gar nicht, dass ein gewisser Bob Dylan die Nobelpreis für Literatur bekommen hat. Egal, wie man zu einer solch extrem hohen Auszeichnung in Bezug auf einen Musiker steht, hat sich Carl Verheyen für den eröffnenden Song Bob Dylans "Times They Are A-Changin'" ausgesucht. Wie könnte es anders sein, diese Nummer macht Laune auf mehr Musik vom Alleskönner der Stile und sechs Saiten.

Musikalisch hat der Mann aus Los Angeles den Track voll im Griff. Den literarisch wertvollen Text singt der vielbeschäftigte Künstler mit klasse Background Vocals von Kat Bowser sowie Nathan Heironimus in exzellenter Form. An die Gitarrenkünste von Carl Verheyen kommt der Songschreiber eh nicht ran.

Widmen wir uns nun also den insgesamt neun Eigenkompositionen des Musikers, der auf so vielen Genre-Stühlen Platz nehmen kann und in der Lage ist, den dort hockenden Spezialisten durchaus die Show zu stehlen.
So tritt er auf etwas schräg anmutende Weise direkt mit einer Nummer aus dem 12-Takter-Metier auf. Im "Closing Time Blues" geht man mit mächtig viel Funk zu Werk und auch der herausragende Bassist Dave Marotta lässt die dicken Saiten surren. Eine Nummer, die den Blues auch aus der Fusion-Rille betrachtet und gerade dort liegt die Würze des Tracks.

Wenn man so will kommt im folgenden "Distracted Girl" gleich einer der hochkarätigen Gäste mit seinem unverkennbaren Klang zum Zug. Sonny Landreth spielt, wie könnte es anders sein, Slide-Gitarre in diesem Lied. Da zentrieren ebenbürtige Saiten-Könner ihre Fantasien und mit knapp über sechs Minuten Spielzeit ist auch genügend Platz für Gitarren-Exkurse in Form von Soli. Highlight, diese Nummer!
Mit Blick auf die Laufzeiten befindet sich "Angels" in derselben Gruppe. Relaxt-ruhig geht es hier zu. Sanft-balladeske Töne finden ihren Weg ins Ohr und im weiteren Verlauf nimmt die Dynamik dann zu. Der bereits erwähnte Background Chor macht Stimmung und dann bringt sich Jim Cox, seines Zeichens Tastenmann in der Band, gleich mit zwei Soli ein. Zunächst hört man ihn ziemlich plötzlich einsetzend auf den schwarzen und weißen Tasten des Pianos. Verträumter Flair wird abgelöst von einer zupackenden Gitarre und kurz danach sind es dann die Hammond-Klänge, die auch dieses Stück zu einem Hinhörer werden lassen.

Chester Thompson (Frank Zappa, Weather Report, Eric Clapton u. a.) sitzt bei "Candy Fame", einer entspannt rockenden Nummer, am Schlagzeug. Gekonnt werden Gitarrenläufe zu auditiven Stoffen, die sich unter der Haut einquartieren. Kat Browser sowie Nathan Heironimus wurden ja schon genannt. Aber an dieser Stelle kommt man um ein dickes Lob nicht herum.

Vom Songtitel her klingt "Adeline" interessant. Mit der geschulterten akustischen Gitarre kann man sich an dem tollen Refrain und den eingängigen Gitarren-Melodie-Bögen erfreuen. Jeder Song hat seine Spezialitäten und auch im Country ist Carl Verheyen sattelfest. "Warrior" ist so etwas wie der Wolf im Schafspelz. Was mit perlenden Klängen wunderschön ruhig-verträumt beginnt, wird schrittweise zu einer verdammt flott-rockenden Nummer um am Ende balladesk zu enden. Toll!

Carl Verheyen bringt den Hörer mit "The Grand Design" in Verzücken. Genre-Hopping wird bei diesem Künstler zu einer Genuss-Einladung. In diesem Sinn … mit diesem Album macht der Mann aus L.A. abermals beste Werbung für Gitarren-Musik, die nicht zum Selbstzweck, sondern für den Hörer gespielt wird.
Im Zusammenhang mit diesem Album muss auch auf den fast einstündigen Film "Grand Designs: The Music Of Carl Verheyen" hingewiesen werden. Nigel Nick führte Regie in »[…] this exciting music documentary chronicles Carl’s life, work, and the recording of his recently released album […]« Hochinteressant!


Line-up Carl Verheyen:

Carl Verheyen (electric and acoustic 6 and 12 strings guitars, lead vocals, baritone guitar, mandolin, ukulele)
Dave Marotta (bass)
John Mader (drums, percussion)
Jim Cox (Hammond B3 organ, piano, Lowry organ)
Kat Bowser (background vocals)
Nathan Heironimus (background vocals)
Sonny Landreth (slide guitar – #3)
Stuart Hamm (bass – #1)
Chester Thompson (drums – #10)
Nick D’Virgilio (percussion – #9)
Phil Naish (Hammond B3 organ – #10)

Tracklist "The Grand Design":

  1. Times They Are A-Changin'
  2. Closing Time Blues
  3. Distracted Girl
  4. Beyond My Reach
  5. Angels
  6. Warrior
  7. Live My Days
  8. Adeline
  9. Intangibles Collide
  10. Candy Flame

Gesamtspielzeit: 50:30, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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Mail: joachim(at)rocktimes.de

1 Kommentar

  1. Claus

    Was für ein Teil! Ich habe Carl Verheyen zusammen mit Stu Hamm 2013 live gesehen und war schwer beeindruckt, was die drei (der Name des Drummers fällt mir grad nicht ein) vor leider nur ca. 50 Leuten abgeliefert haben. Danach habe ich einige CDs angetestet, aber das was ich beim Konzert erlebt und gefühlt habe, kam nicht so richtig rüber. Und nun THE GRAND DESIGN. 2016 hat eine Menge sehr guter Aufnahmen mit sich gebracht, THE GRAND DESIGN gehört sicherlich zu den Top Five des Jahres. Zur Musik ansich ist sehr treffend alles gesagt im Review.

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