Mitte Oktober … draußen ist es nicht nur nass und ziemlich kalt, sondern obendrein auch noch sehr ungemütlich. Kann es da was Schöneres geben, als es sich nach Feierabend so richtig gemütlich zu machen, die Seele baumeln und sich eine imaginäre Sonne sowie das Rauschen und Plätschern der Meereswellen in Form eines Silberlings ins Haus zu holen? Abhilfe kann da die Reggae-Band Chalwa schaffen, die bereits 2009 gegründet wurde und auch schon einige Scheiben auf dem Buckel hat. Die an der amerikanischen Ostküste im Bundesstaat North Carolina angesiedelte Gruppe hat es bisher zwar noch nicht über den großen Teich geschafft, will nun mit "New Rootz 2020", sprich einem selbst zusammengestellten 'Best of'-Album einen ernsthaften Angriff starten, um auch die europäischen Hörer für sich zu gewinnen.
Die neun hier vertretenen Stücke wurden jedoch nicht einfach so zusammengestellt, sondern für "New Rootz …" alle noch einmal neu eingespielt. Was – im positiven Sinne – auch durchaus hörbar ist. Der Sound kommt kräftig und modern aus den Boxen, ohne dabei überladen oder zu dick aufgetragen zu klingen. Der Unterschied zwischen den hier vertretenen acht Musikern und Koryphäen wie etwa Bob Marley oder Peter Tosh (um nur mal zwei zu nennen) liegt vor allem darin, dass Chalwa die Sorgen und Probleme gerne auch mal Sorgen und Probleme sein lassen und durchaus fröhlich durch ihr Repertoire schweifen. Aber gut, selbst wenn die Rebellion und Suche nach Auswegen manchmal auf der Strecke bleibt, so spart die Band bei anderen Nummern auch nicht mit politischer oder sozialer Kritik. Keine Frage hört sich "New Rootz 2020" deutlich anders als etwa Marleys "Catch A Fire" oder Toshs "Bush Doctor" und "Mystic Man" an, aber auf der anderen Seite wäre es auch spannend zu erfahren, wie eine Platte der beiden Verstorbenen in der Jetzt-Zeit klingen würde.
Aber wenn ich ich auf der einen Seite beschwere, dass mir hier einiges viel zu locker, fröhlich und glatt klingt, muss ich auf der anderen kurioserweise allerdings auch zugeben, dass mein Favorit auf dieser Platte doch ausgerechnet "Nice Day", die Nummer mit den trivialsten Lyrics aller hier vertretenen ist. Auf diese einzugehen lohnt sich nicht und am Text liegt es auch gar nicht, vielmehr ist es die sehr coole Gesangslinie, die sich wie ein roter Faden durch den Song zieht und ihn auch unbeirrt in den sicheren Hafen führt. Ebenfalls herausstechend ist das Stück "Irie", das die restlichen Titel auch durch seine Spielzeit überragt. Nicht ganz so üblich ist im Reggae auch das bei Chalwa vertretene Saxofon, das durchaus zusätzlich für eine relaxte Atmosphäre sorgt und für Abwechslung sorgt.
Frei heraus gesagt (bzw. geschrieben) wird "New Rootz 2020" wohl in keiner persönlichen Jahres-Best-Listen auftauchen, da einige Songs für mein Gefühl einfach zu kraftlos und beliebig wirken. Aber für locker-flockige und entspannte Unterhaltung, wenn es draußen kalt und nass ist, man dazu erstmal noch den Kopf vom Arbeitstag frei bekommen muss und sich unter Palmen sowie ans Meer wünscht, ist die Scheibe allemal gut.
Line-up Chalwa:
Dennis Berndt (guitars, lead vocals)
Dusty 'D-Train' Brown (bass)
Tim Marsh (guitars, background vocals)
Evan Ackerman (guitars)
Joshua Lyn (drums, dub machine)
Nethali Perciyal (percussion)
Bernard Carmen (keyboards, background vocals)
Jason Hazinski (saxophone)
Tracklist "New Rootz 2020":
- Cool Mountains
- Little Darlin'
- Better Weather
- Slow It Down
- Searchin'
- Workin'
- Nice Day
- Irie
- Giving Thanks
Gesamtspielzeit: 51:11, Erscheinungsjahr: 2020
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