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Chris Kramer & Beatbox’n’Blues / Way Back Home – CD-Review

Eine Tour durch Tennessee, Alabama und Mississippi hinterlässt – logischerweise – Spuren.
Diese Erinnerungen und Eindrücke werden im vielseitigen Booklet zu "Way Back Home" vom Trio dokumentiert.
Die fünfzehn anziehenden Songs stammen aus der Ideenmanufaktur des Trios. Auch hier bestätigt eine Ausnahme die Regel: "Lawyer Clark Blues" wurde von Sleepy John Estes geschrieben.
Bei den Aufnahmen in den Megaphone Studios von Martin Meinschäfer, der die vorliegende Platte gemixt und gemastert hat, lieferten Gitarrist Paddy Boy (auch Zimmermann Ltd., Molly Duncan, Helmut Krumminga, Jay Stapley) sowie die beiden Streicher Cornelius Thiem (unter anderem Royal Street Orchestra, Linda Sutti, Thorsten Willer, Okta Logue) und Christopher Huber ihre musikalischen Gastbeiträge ab.

Das Trio ohne Schlagzeuger ist dann doch eine Formation mit prägender rhythmischer Vielschichtigkeit, denn der »[…] inzwischen 2-facher Deutscher Beatboxmeister […]«  Kevin O Neal kreiert den Groove für jede Situation. Gitarrist Sean Athens schreibt im Booklet zur Amerika-Reise/-Tour: »[…] The Blues have taken root in me more than ever since this trip. […]«

"Way Back Home" ist Blues, allerdings nicht unbedingt der Zwölftakter für Puristen.
Mit Beatbox und Rap ist Kevin O Neal am Start. Der spontane Gedanke des Ungewöhnlichen entwickelt sich quasi von Beginn an zu einem sich verfestigenden Eindruck der Begeisterung. Wege, das Genre durch neue Aspekte aufzufrischen, sind erlaubt und gelingen hier sehr gut. Von den Kinderschuhen des Blues bis in die Gegenwart haben Musiker so ziemlich alles Mögliche benutzt, um Rhythmus in die Nummern zu bringen. In unserer Zeit ist die Beatbox eben etwas ultra Angesagtes.

Die angesprochenen Wurzeln bilden sich auch beim Hörer. Das Album kommuniziert auf nachhaltige Weise mit dem Konsumenten.
Der Blues wird bei Chris Kramer & Beatbox’n’Blues auf beeindruckende Art zu einem Genre der Vielschichtigkeit. Wer einen Beatboxer in seinen Reihen hat, darf schon auf Ungewöhnlichkeit setzen. Kevin O Neal setzt Akzente, versteht den 12-Takter und seine Soli – zum Teil auch als Intermezzi dargeboten – sind höchst interessant und verfügen über eine magnetische Wirkung.

"Way Back Home" beginnt mit "Jukebox", einem funky Track, der das Album-Tor ziemlich weit aufreißt. Bei einer Gesamtspielzeit von knapp über dreiundsechzig Minuten haben Chris Kramer & Beatbox’n’Blues ausreichend Zeit, ihren Blues zu präsentieren. Dieses Unternehmen gelingt ausgesprochen gut.
Es ist ja nicht das erste Mal, von Chris Kramer Songs in deutscher Sprache zu hören. Ziemlich am Ende befinden sich "Erst hatt' ich kein Glück" sowie "Der Wolkenmacher".
Erstgenannte Nummer taucht ein in den Country Blues mit Banjo-Klängen und einer anführend-infizierenden Slide-Gitarre. Der Gesang mit deutschen Texten passt schon und macht Freude.
"Der Wolkenmacher" hinterlässt – im Gesamtzusammenhang des Albums – einen etwas zwiespältigen Eindruck. Im balladesken Ambiente ist diese Nummer kein Blues, sondern eher gut gespielter Pop mit autobiografischen Zügen.

Der "Way Back Home"-12-Takter ist Hochdruck-Blues und sorgt für eine Beschleunigung der Pulsschläge. Das Trio lotet das Genre auf seine ganz persönliche Weise aus und der Hörer findet viele Anker, mit denen er bei den Songs festmachen kann.
Wenn Sean Athens die akustische Gitarre zum Einsatz bringt, ist Melancholie angesagt. Diese Stimmung unterstreichen die Streicher Cornelius Thiem und Christopher Huber zum Beispiel in "Ashes To Ashes". Perfekt!

Mit dem Country Blues im Blut könnte "Happy Birthday" zum alternativen Geburtstags-Song avancieren, zumal Kevin O Neal hier auch noch rappt. Klasse! Rockige Rifffolgen prägen "Just A Little Boy" und mit seinem Groove füllt "Last Man Riding" die Tanzfläche. Die meisterliche Leistung des Marler Harpers steht außerhalb jeder Kritik und Sean Athens sowie bereits mehrfach erwähnter Kevin O Neal stehen dem Bandleader in nichts nach.
"Go With The Flow" ist einfach wunderschön und nicht nur hier zeigt der Gitarrist seine tollen Saiten-Qualitäten. Der plötzliche Stimmungswechsel im längsten Stück der Platte ist herrlich und macht dieses Lied aus meiner Sicht zu einem der vielen Highlights der Scheibe. Klasse!
Mit Streicher-Sounds und einer Sehnsuchts-Melodie endet das Album überraschend sentimental. So lässt einen der Schluss des Albums nochmals träumen. "Way Back Home" ist mit- sowie hinreißender Blues und diese Chris Kramer & Beatbox’n’Blues-Platte wird besonders empfohlen.


Line-up Chris Kramer & Beatbox’n’Blues:

Chris Kramer (vocals, harmonica, guitars)
Kevin O Neal (beatbox, rap, backup vocals)
Sean Athens (vocals, guitars)

Very Special Guests:
Paddy Boy (guitars)
Cornelius Thiem (strings)
Christopher Huber (strings)

Tracklist "Way Back Home":

  1. Jukebox
  2. Ain’t Nobody At Home
  3. Beatbox’n’Boogie
  4. Ashes To Ashes
  5. Lawyer Clark Blues
  6. Happy Birthday
  7. Just A Little Boy
  8. Last Man Riding
  9. Hot Summer Day
  10. Hippin’n’Hoppin' The Blues
  11. Deep In The Ground
  12. Go With The Flow
  13. Erst hatt' ich kein Glück
  14. Der Wolkenmacher
  15. Tallahatchie Flats

Gesamtspielzeit: 63:04, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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