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Chris Kramer, Sean Athens, Kevin O Neal über Awards, Blues, Ruhrpott und Urheberrecht – Interview

Chris Kramer ist ein vielbeschäftigter Künstler.
Einer der Schwerpunkte ist die Band Chris Kramer & Beatbox’n’Blues mit den beiden jungen Musikern Sean Athens sowie Kevin O Neal.
Nachdem das Trio letztes Jahr bei der German Blues Challenge erfolgreich war, dürfte 2019 ein Lohn der investierten Arbeit bestimmt die Nominierung bei den German Blues Awards für das Album Way Back Home sein.
Hinzu kommt, dass Chris Kramer für den Blow Till Midnight Musikverlag verantwortlich ist.
So freute sich RockTimes darauf, allen drei Musikern beim Interview vor dem Konzert im Kult im Gas(t)werk Dinslaken auf den Zahn zu fühlen.

RockTimes: Hallo, Chris, Sean und Kevin. Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für dieses Interview genommen habt.

Chris: Sehr gerne!

RockTimes : Mit "Way Back Home" wurde Chris Kramer & Beatbox’n’Blues für einen German Blues Award nominiert. Für dich persönlich ist eine Nominierung beziehungsweise Verleihung eines German Blues Award nicht das erste Mal. Wie ordnest du die diesjährige Nominierung ein? Sean und Kevin, eure Meinung interessiert unsere Leser auch.

Chris Kramer

Chris Kramer

Chris: Das ist natürlich eine Teamleistung. Sonst war ich ja in der Regel immer als Mundharmonika-Spieler nominiert und hab' dann auch, wenn ich nominiert war, gewonnen. Einmal habe ich 2010 auch für Chicago Blues den Preis gewonnen. Aber das hier ist natürlich eine Teamleistung. Bei dem Album haben wir, im Gegensatz zum ersten Album, viel mehr zusammengearbeitet. Die Eindrücke in Memphis haben wir verarbeitet und Songs gemeinsam geschrieben. Es sind Sean, Kevin und ich. So ist es etwas anderes.

Sean: Ja, stimmt, auf jeden Fall. Das Schöne war einfach, dass wir im Januar 2017 gemeinsam auf eine Tour gegangen sind, um quasi auf Amerika hin zu arbeiten. Zu dem Zeitpunkt haben wir bereits angefangen, Songs für das nächste Album zu schreiben. In dieser Phase sind wir unheimlich zusammengewachsen. Auch total freundschaftlich und das hört man auch auf der Platte. Deswegen bin ich ebenfalls ausgesprochen stolz auf die Nominierung, weil es eine Teamleistung von uns Dreien ist, nachdem, was wir so alles erlebt haben.

Kevin: Das sehe ich genauso. Auf jeden Fall! Es hat schon super viel Spaß gemacht, das Album im Studio aufzunehmen. Es lief alles schon reibungslos. Wir haben uns sehr gut vorbereitet und sehr, sehr viel Liebe 'reingesteckt. Ich freue mich, dass wir nominiert sind und es ist so auf jeden Fall eine Bestätigung für unsere gute Arbeit. Jetzt hoffen wir natürlich darauf, zu gewinnen.

RockTimes: Ich drücke die Daumen.
Für den Blues ist Chris Kramer & Beatbox’n’Blues eine ungewöhnliche Besetzung. Besonders natürlich mit Kevin O Neal, der für Beatbox und Rap zuständig ist. Gemeinsam mit Sean Athens bilden sie eine noch junge Begleitband. Wie entstand diese erfolgreiche Zusammenarbeit?

Kevin O Neal

Kevin O Neal

Kevin: Ja, ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich war mit einem Kumpel zu Hause und wir haben Fernsehen geguckt. Auf einmal klingelte mein Telefon und Chris Kramer war dran. Er stellte sich vor und sagte, dass er Blues-Musik mache. Im Moment mache ich mein eigenes Musical, Die kleine Mundharmonika. In dem Musical soll auch ein Beatboxer vorkommen. Sollen wir uns nicht Mal treffen, damit wir zusammen gucken, wie es mit uns funktioniert, wie wir so harmonieren? Okay, da ruft mich ein ältere Blues-Herr an. Was erwartet mich da? Ich war ein bisschen unsicher und habe meinen Kumpel gleich mitgenommen (lacht). Wir haben uns getroffen und es war richtig geil. Chris hat dann Gitarre gespielt ich habe dazu gebeatboxt und es hat einfach sofort zusammen gepasst. Es hat sich geil angefühlt. Dann hatten wir unseren ersten Gigs als Duo und es lief schon richtig gut. Irgendwie brauchten wir aber noch einen dritten Mann, noch einen Gitarristen. Den Sean haben wir durch die Empfehlung eines anderen Musikers gefunden.

Sean Athens

Sean Athens

Sean: Ich habe mich vorher schon durch viele Coverbands gekämpft und viele Leute kennengelernt. Eines Abends, ich lag auf der Couch, bekam ich eine E-Mail, in der stand: Hallo! Ich bin Chris Kramer. Ich würd' dich gerne anrufen. Gibt mir doch mal deine Telefonnummer. Chris Kramer! Okay, den kennst du schon. Der Name war mir auf jeden Fall ein Begriff. Nach dem Telefonat sagte Chris Kramer mir, dass er für die German Blues Challenge in Eutin noch einen Gitarristen braucht. Der eigentliche Gitarrist im Trio hatte für diesen Termin keine Zeit. Da habe ich natürlich sofort zugesagt. Dann haben wir geprobt. Bei den Proben war ich immer ein bisschen ruhiger. Wir haben sehr, sehr entspannt geprobt. Der Termin kam immer näher und dann war Eutin auf einmal da. Wir sind auf die Bühne gegangen und haben da einfach so ein Feuerwerk losgebrannt. Es war der Hammer! Wir haben einfach Vollgas gegeben. Ich war voll in meinem Element. Kevin war voll da und Chris auch. Dann sind wir von der Bühne runter gegangen und Chris schaute mich erstaunt an, weil ich bei den Proben immer so ruhig war und beim Auftritt voll aufdrehte. Sonst halte ich mich immer zurück … Kräfte sparen. Obwohl ich für den Tag ein Aushilfs-Gitarrist war, waren wir aber eine Einheit. Ich habe mich als Teil vom diesem Ganzen gefühlt.

RockTimes: Das spürt man dann irgendwie.

Sean: Ja, auf jeden Fall. Als wir gewonnen hatten, haben Kevin und ich noch einen darauf gehoben. Es war einfach so ein Wirgefühl, so eine Gemeinsamkeit. Einen Tag später meinte Chris in einem Telefonat, ob ich nicht Lust hätte, ganz fest einzusteigen. Mit dem anderen Gitarristen war alles super geregelt, der war auch total nett, weil ich den auch schon seit Jahren kannte. Er meinte, dass ich das machen solle. Er war schon lange genug im Geschäft. Die Erfahrung tue mir gut. Dann habe ich sofort zugesagt. Und dann stand Amerika vor der Tür und die erste Tour.

RockTimes: Wie bist du zum Gitarre spielen gekommen?

Sean: Mit zehn Jahren bin ich zum Gitarre spielen gekommen. Ich stamme aus einer musikalischen Familie, in der keine Instrumente gespielt werden. Aber mein Vater hat sehr viel Musik gehört. Früher wurden noch Schallplatten abgespielt. Da bin schon als kleiner Stöpsel an die Musik gekommen. Ich habe schon ganz früh KissIron Maiden oder Manowar, viel Heavy Metal gehört. Unter anderem aber auch John Lee Hooker. Oder den Blues von zum Beispiel Jonny Lang. Ich habe mich immer für die Musik begeistern können. Mein Papa hatte einen Arbeitskollegen, der konnte Gitarre spielen und mein Vater fragte mich, ob ich Bock hätte, es zu lernen. Ich könnte es ein Jahr ausprobieren und wenn es nicht funktioniert, dann lassen wir es. Aber wenn du Spaß daran hast, dann machst du weiter, ohne Zwang. Ich merkte, dass ich total schnell lernte, mir die Akkorde leicht fielen und nach einem halben Jahr habe ich "Voodoo Child" von Jimi Hendrix gespielt. Ich stand so auf diese Sachen, habe den ersten Blues gespielt und von da an habe ich immer weiter gemacht. Dann habe ich die Musikschule besucht, quasi immer mit dem kleinen Ziel im Kopf, Berufsmusiker zu werden. Den Wunsch hatte ich schon mit dreizehn Jahren.

RockTimes: Bist du Berufsmusiker?

Sean: Ja, seit Anfang 2017.

RockTimes: Und so ein junger Kerl hört dann auch den Blues.

Sean: Auf jeden Fall. Ich bin sehr früh mit Gary Moore, Jonny Lang, John Lee Hooker in Verbindung gekommen. Das kam so mit dreizehn Jahren. Der Blues hatte mich sofort gepackt. Stevie Ray Vaughan und Joe Bonamassa kamen dann dazu. Jeden Tag Blues, Blues Rock.

RockTimes: Sean hat uns gerade erzählt, wie er Gitarrist wurde. In Nuancen ist eine solche Biografie mehr oder weniger Standard. Erzähl uns doch wie du Beatboxer geworden bist, Kevin?

Kevin: Ich habe einen älteren Bruder, der halt schon früher gerne Hip Hop gehört hat. Somit habe ich schon zu Grundschulzeiten den ganzen Tag Hip Hop gehört. Irgendwann habe ich dann im Fernsehen Justin Timberlake gesehen. In dem Song "Rock Your Body" hat er gebeatboxt. Davon war ich sehr beeindruckt. Nur mit seinem Körper oder Mund Musik machen. Vom Hip Hop hören hatte ich diese Rhythmen schon verinnerlicht und diese Grundtöne vom Beatboxen konnte ich einfach schon von Anfang an. Dann habe ich geübt und festgestellt, dass es schon ganz gut funktioniert und Spaß macht. So beatboxe ich seit siebzehn Jahren jeden Tag.

RockTimes: Bei Gitarristen oder anderen Musikern kann man so etwas wie einen individuellen Stil heraushören. Gibt es bei dir eine persönliche Note, die dich von anderen Beatboxern unterscheidet?

Kevin: Viele Beatboxer haben ihre eigenen Sounds oder sind bekannt für einen bestimmten Beat. Bei mir ist es so, dass ich eine Hexen-Lache gut imitieren und dabei beatboxen kann. (Kevin demonstriert diesen Sound.) Damit bin ich relativ bekannt geworden. Als Beatbox-Freak höre ich sofort raus, wer da beatboxt. So wird Sean schnell heraushören, wer da Gitarre spielt. Für mich hören die sich irgendwie alle gleich an. Umgekehrt könnte Sean nicht sagen, wie das mit dem Beatboxen ist. So hat jeder schon seine eigene Note.

RockTimes : Ist es eine größere Herausforderung, den Blues zu beatboxen als vielleicht eine Rock-Nummer?

Kevin: In der Band ersetze ich ja quasi das Schlagzeug. Bei einem klassischen Standard-Blues muss ich einen geshuffleten Rhythmus beatboxen. Wir spielen aber auch Funk-Lieder oder rockige Songs und so kann ich mich voll austoben. So habe ich auch Abwechslung in meinen Rhythmen und kann hier und da einen extra Sound hinzufügen.

Chris Kramer

Chris Kramer

RockTimes: Chris Kramer ist ein Kind des Ruhrgebiets. In Bottrop wurde Ende Dezember 2018 die letzte Zeche geschlossen. Es war dann sozusagen Schicht im Schacht mit der Steinkohle. Welche Gefühle begleiteten dich bei der Schließung? Die Steinkohle war ja prägend für die Region, in der du groß geworden bist.

Chris: Mein Vater war ja Bergmann. Der ehemalige Kohlenkeller war quasi mein Jungendzimmer, als wir danach den Dachspeicher bekommen haben. Das habe ich auch in dem Song "Wolkenmacher" verarbeitet. Es war traurig. Wir haben dann auch aufgrund dieses Liedes bei der letzten Schicht am 28.12. für tausendvierhundert Leute gespielt. Man wusste dann um die Abwicklung, da bleiben noch ein paar Leute, die verlieren dann ihren Job. So etwas kam jetzt nicht über Nacht, es war ja geplant, aber das war schon traurig. Zumal Steinkohle nach wie vor benötigt wird und die wird wegen der billigeren Produktion von Amerika hier rüber geschifft. Das ist natürlich auch nicht so toll für die Umwelt. Da hätte man vielleicht noch überlegen können … naja, es ist jetzt so. Das kann ich auch nicht mehr ändern. Mein Gefühl ist dann einfach Wehmut. Das wird jeder kennen. Ich bin jetzt bald 50. Die Umgebung, in der man lebt, ob es nun der Schwarzwald oder bei mir eben das Ruhrgebiet ist, es ist nicht mehr so wie früher. So etwas gehört auch zum Leben dazu. Es ist aber schade, dass es den Berufszweig nicht mehr gibt. Man hätte es vielleicht auch anders regeln können. Ich bin traurig.

RockTimes : Meines Erachtens passen deutsche Texte sehr gut mit dem Blues zusammen. Wirst du diese Kombination weiterhin bevorzugen, oder könnte es Gelegenheiten geben, in denen wir einen Chris Kramer wieder mit englischen Texten erleben?

Chris : Durch die Band mit Sean und Kevin und eben auch durch die Tatsache, dass wir nach Memphis kamen, haben Lieder mit englischen Texten wieder Einzug gefunden. Ich möchte einfach gerne, dass ich verstanden werde. Bei meinen Solo-Konzerten oder Liederabenden habe ich viele Geschichten erzählt. Wenn ich alleine Gitarre spiele, bin ich musikalisch eingeschränkt. Die Mundharmonika muss ich auf einem Gestell spielen. Mit der Band ist es eine ganz andere Nummer. Was du dann nachher sehen oder hören wirst, ist richtig spektakulär. Es sind drei Meister ihres Faches, die dann alle im Mittelpunkt stehen, ihren Spot haben und zeigen können, wie toll sie sind. Es handelt sich also nicht, wie du eingangs sagtest, um eine junge Begleitband für Chris Kramer, sondern wir sind auf gleicher Augenhöhe. Es unterscheidet uns auch wohltuend. Wenn dann Veranstalter sagen, dass es sehr abwechslungsreich war, nicht nur die Songs sondern wie wir auch auf der Bühne agiert, das ist richtig was Tolles. Bei uns ist es alleine schon deshalb schon vielseitig, weil ich schon Mal Rhythmus-Gitarre spiele und hinzu kommen die deutschen Texte. Wir spielen jetzt tatsächlich international. Wir waren zehn Mal in Norwegen, hatten Konzerte in Spanien. In der Schweiz sind wir regelmäßig und es wird immer mehr. Aus Italien kam die erste Anfrage und wir waren natürlich in den USA. Das war der Ausgangspunkt. Auch da singen wir überall deutsche Lieder und man ist dort ein Exot. In den amerikanischen Kneipen gibt es ganz viele Bildschirme mit Basketball- oder Baseball-Übertragungen. Und immer, wenn ich ein Lied mit deutschen Texten angekündigte, drehten sich alle um. Dann waren wir auf ein Mal im Fokus und das Baseballspiel trat dann für fünf Minuten in den Hintergrund. Aber nach drei deutschen Liedern hatte es dann seinen Reiz verloren. Das war mir durch meine vorherigen Besuche in den Staaten aber bewusst. Dann kann man die Sache mit den deutschen Texten gut machen. Danach haben wir eben wieder englische Lieder gesungen und da ist es dann schön, wenn man verstanden wird. Es wird gerade in unserer Besetzung mehr englische Lieder geben.

Chris Kramer

Chris Kramer

RockTimes: Im Zusammenhang mit dem Konzert sprachst du von ’spektakulär'. Ich bin ja schon ganz gespannt, was auf der Bühne gleich abgehen wird. Wäre da vielleicht auch ein Live-Album im Fokus?

Chris: Eher eine Live-DVD. Was wir machen ist natürlich auch ein visuelles Erlebnis. Für mich als den ältesten und unattraktivsten in der Band nehme ich auch in Anspruch, dass die Leute mich schwitzen und kämpfen sehen. Der ist mit der Seele dabei und was holt der alles aus dem kleinen Stück Blech raus. Wenn man so etwas sieht, ist es doppelt so schön, als wenn man es hören. Das gilt insbesondere für Kevin am Beatbox. Wenn man das nur hört, dann denkt man: Ja, ist ein Schlagzeuger, weil er es so gut macht, dass ein normaler Hörer jetzt nicht auf die Idee kommt, dass es sich um kein Schlagzeug handelt. Der würde denken, dass er vielleicht noch eine Percussion dabei hat. Wenn man Kevin sieht, dann ist es die Sensation. Wenn wir bei Open Airs oder Stadtfesten spielen, kommen die Leute und fragen neugierig, was der da macht. Auch wenn Sean Gitarre spielt, wird das Instrument zu einem Teil seines Körpers. Beim gestrigen Konzert meinten die Leute, es war auch toll, weil wir so unterschiedlich und trotzdem eine Einheit sind. Auf einer anderen Ebene arbeiten viele Menschen in verschiedenen Generationen und oft gibt es auch Konflikte. Wenn wir auf der Bühne sind, klappt es aber reibungslos und die haben Freude dabei. Wir hatten zwei tolle Live-Mitschnitte. Da haben wir aber gehadert und haben überlegt, ob wir ein Live-Album machen sollten oder eben keins. Wir machen dann eher eine DVD.

RockTimes : Der Blow Till Midnight Musikverlag ist ebenfalls dein berufliches Kind. Wie würdest du deine Firmenphilosophie kurz beschreiben?

Chris: Ich versuche jetzt in Kürze zu antworten, weil dieses Thema alleine schon abendfüllend ist. Zum Verleger bin ich gekommen, wie die Jungfrau zum Kind. Vor etwas über zwanzig Jahren habe ich das zunächst für mich gemacht und dann eben für einige andere Musiker. Die waren zufrieden und haben es an ihre Kumpel weiterempfohlen. Ohne im Internet großartig unterwegs zu sein, ist der Verlag angewachsen. Jetzt habe ich ein Büro in der Stadt und drei Angestellte, die mir helfen und die Arbeit machen. Wir haben so um die dreißig Musiker, die wir vertreten. Wir machen für externe Musiker auch ein wenig Reklamationsarbeit. Vergleichbar sind wir wie ein Steuerberater, der sich für seine Mandanten einsetzt. Wir setzen uns für die Musiker ein, sodass sie ihre Tantiemen bekommen, die ihnen zustehen. Meine Philosophie ist eben, dass der Künstler, der in dem Fall nicht ich bin, sondern die anderen, am stärkeren Hebel sein soll. Deshalb gibt es keine Knebelverträge, wie so ein Standard-Vertrag, der bis fünfundsiebzig Jahre und über den Tod des Künstlers hinaus geht. So etwas verlange ich keinem ab. Wir sind ja ein kleiner Verlag. Es gibt dann auch Leute, die uns verlassen haben, weil sie größere Träume hatte, die wir nicht erfüllen konnten. Denen habe ich auch keine Steine in den Weg gelegt. Die konnten dann auch gehen. Wir verdienen Geld. Ich bin ja auch verantwortlich für drei Mitarbeiter. Es läuft so gut, dass ich niemanden gegen seinen und meinen Willen zwingen muss, bei uns zu bleiben. Das schöne bei dieser Philosophie ist, dass mich die Leute, die weggegangen sind, trotzdem weiter empfohlen haben. Es macht mich auch stolz, wenn Leute auf Empfehlung zu mir kommen.

RockTimes: Was hast du als Künstler zum neu ausgerichteten Urheberrecht zu sagen?

Chris: Es ist ganz wichtig, dass es so gekommen ist, weil You Tube und andere an den musikalischen Inhalten Milliarden verdienen. Wenn da kein einziger Ton Musik wäre, glaube ich nicht, dass You Tube so eine Zulauf hätte. Aber die, die Musik herstellen, sie komponieren, produzieren und tolle Sounds machen, ob im Pop, Schlager oder vielleicht Blues, die kriegen dann relativ wenig, fast nichts. Da setzt sich die GEMA wie eine Löwenmutter für ihre Kinder ein und sorgt dafür, dass es jetzt besser wird. Es ist kein Touchdown, sondern schon einmal ein Raumgewinn. Der Weg geht noch weiter und in die richtige Richtung. Für alle, die das hier lesen: Diese Filter, vor denen alle Angst haben, die gibt es alle schon. Wenn es die nicht geben würde, wäre das Netz voll mit Gewalt und Pornos. Mit der medialen Macht der sozialen Netzwerke wird Unmut geschürt. Viel gutgläubige, jungen Menschen haben dann demonstriert ohne, so glaube ich wirklich, die Inhalte zu kennen. Am Ende ist es doch so, dass wir für unsere Inhalte bezahlt werden müssen. Ich kann auch nicht zum Zahnarzt gehen und von ihm verlangen, weil er meine Musik umsonst runterlädt, mir kostenlos eine Brücke zu machen. Andere Beispiele wären kostenlos Fliesen legen oder den Rasen mähen. Es ist heutzutage eine undankbare Aufgabe, einem so etwas klar zu machen. Es ist gut, dass es die GEMA gibt.

Sean Athens

Sean Athens

RockTimes: Sean, bist du noch in anderen Projekten tätig?

Sean : Ja, auch. Ich spiele in Coverbands und bin auch als Springer für andere Gitarristen tätig. Unter anderem für Thomas Godoj, der 2008 DSDS gewonnen hat. Zu ihm bin ich vor zwei Jahren gekommen und auch sehr stolz darauf, mit ihm zusammen zu spielen und auf Tour zu sein. Außerdem habe ich das große Glück, mit Markus Grimm Songs zu schreiben und eine CD aufzunehmen. Es passieren sehr viele Sachen. Muss auch, weil es zum Berufsmusiker dazu gehört, verschiedene Standbeine zu haben. Aber Beatbox’n’Blues ist wirklich meine Hauptband. Wenn es da einen Termin gibt, hat er vor allen anderen Vorrang. Wenn dann noch Luft bleibt, kommen die anderen Sachen dazu.

RockTimes : Kevin, füllst du deinen Kühlschrank auch mit Musik?

Kevin: Ich bin seit dreieinhalb Jahren Berufsmusiker. Gelernt habe ich Bankkaufmann. 2014 bin ich Deutscher Meister im Beatboxen geworden und habe den Chris kennengelernt. Dann kamen so viel Anfragen und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich jetzt nur noch Musik mache. Es war auf jeden Fall eine gute Entscheidung. Achtzig Prozent meiner Einnahmen kommen durch die Band. Ab und zu trete ich alleine bei Poetry-Slams oder anderen kleineren Veranstaltungen auf. Außerdem spiele ich beim Musical "Radio Ruhrpott" mit. Also zwischendurch mache ich auch andere Dinge, aber die Band ist voll und ganz mein Hauptding.

RockTimes: Wie sieht die Zukunft aus?

Chris: Wir wollen die Welt erobern. Aber ich bin ja immer so ein realistischer Träumer. Jetzt wollen wir uns erst einmal in Norwegen, Spanien und der Schweiz festsetzen und gucken, was im Ausland noch geht, weil es dort auch schön ist. Selbst in Norwegen machen wir unsere Kindervorstellungen. Tagsüber sind wir an einer Schule und abends beim Festival. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen möchte ich auch weiter ausbauen. Es ist mit den Beiden total toll, weil sie eben noch so jung und näher dran sind. Ich bin dann bestenfalls noch der Vertrauenslehrer. Sean und Kevin könnten die älteren Brüder sein. Wir haben in den ersten beiden Jahren annähernd einhundert Gigs gespielt. Dieses Jahr nehmen wir uns ein bisschen Luft, um Sachen aufzubauen. Zwei Mosaiksteinchen, die uns nach vorne bringen, stehen schon. Es wird noch was dazu kommen. Vor allen Dingen wollen wir neue Songs schreiben und als analoger Mensch habe ich eingesehen, dass die Zukunft in der digitalen Welt liegt. Wir veröffentlichen vielleicht noch eine, maximal zwei CDs. In den neuen Autos sind keine CD-Spieler mehr. Legt man sich einen Laptop zu, ist kein Laufwerk mehr drin. Der Tod der CD ist durch die Industrie schon eingeläutet. Jetzt wollen wir auch schauen, was in den neuen Medien möglich ist. Für unser neues You Tube-Video haben wir nach knapp zwei Monaten schon hundertachtzigtausend Klicks. Daraufhin sind wir mit dem Song auch in einigen Playlists bei Spotify gekommen. Das wollen wir auch weiterhin befeuern. Da bin ich wirklich neugierig, wo wir dann Weihnachten 2020 sind.

RockTimes : Vielen Dank, Chris, Sean und Kevin.

Chris, Sean, Kevin: Sehr, sehr gerne.

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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Mail: joachim(at)rocktimes.de

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