Bereits im Opener "Are You Ready?" zeigen Circus Mind, wohin die musikalische Reise führt: In die genial rockenden Siebziger nämlich. Purer, starker, vor Kraft strotzender Rock mit der richtigen Prise Funk ballert uns da entgegen. Die Bläsergruppe ist im weiteren Verlauf des Albums auch durchaus in der Lage, immer wieder packende Jazz-Momente zu kreieren, die durch die Auswahl der jeweiligen Gastmusiker ihre Würze bekommen, denn folgt man deren Spuren, landet man auch im Jazz- und Funk-Genre.
Bleiben wir aber noch bei der ersten Nummer, denn die Gitarre die da die Luft schneidet, wird von einem Gastmusiker gespielt, derer es wie im Line-up zu sehen, jede Menge gibt. Der junge Mann an den sechs Saiten ist gerade mal 18 Jahre alt und hat in seiner doch kurzen Vita eine Auflistung von Musikern stehen, die Schnappatmung verursachen kann. Er spielte bereits vor seinem fünfzehnten Geburtstag (!) mit Leute wie Gregg Allman, Derek Trucks, Warren Haynes, Stevie Nicks, Lady Gaga, Buddy Guy sowie den Scorpions. Nachlesen kann man das an vielen Stellen im Netz und ich bin mir sicher, von dem jungen Mann wird man noch viel hören. Man muss ihn auf dem Schirm behalten.
Überhaupt lohnt es sich, die Schar der beteiligten Musiker genauer unter die Lupe zu nehmen, denn in deren Umfeld lassen sich durchaus interessante Namen finden. Wie übrigens auch bei den etatmäßigen Mannen der New Yorker Band um Kopf Mark Rechler, die seit zwanzig Jahren aktiv ist und mit "Joy Machine" nun ihr drittes Album im Portfolio hat. Das klingt nach wenig Output für zwei Dekaden des Musizierens, aber die Truppe, deren Vorgängeralbum "Silver Flower" vom "Newsday" zum besten Indie-Album des Jahres 2006 gekürt wurde, wandert auf vielen Pfaden.
So hat Bandleader Mark eine weitere Gruppe, Falling Water, am Laufen und spielt, tourt mit Musikern der Meters, Neville Brothers oder den Radiators, um nur mal einige zu nennen. Bassist Chris Crosby taucht in Verbindung mit Oteil Burbridge (ABB, Dead & Company) auf. Der Mann am Sechssaiter, Dave Berg, tourte mit dem Dark Star Orchestra und Garth Hudson (The Band) und Percussionist Finkelstein arbeitete u. a. mit Ray Charles, Mariah Carey, Musikern von Grateful Dead, den Allmans und Tower Of Power. Daneben ist er Mitglied bei Funk Filharmonik.
Bei all den genannten Referenzen und Wegbegleitern, erübrigt sich eine Song-für-Song-Vorstellungen, denn der Kosmos der Band umfasst ein weites Feld: Rock, Jazz, Blues, Southern- sowie Jam-Anleihen und mit dem "Errand Boy" gibt es gar eine poprockige Nummer, die man im Beatles-Umfeld verorten könnte. "Jazzfest Time", klar, der Name ist Programm; wir hören Big Sam (Dirty Dozen Brass Band) mit seinem fulminanten Posaunenspiel, Ivan Neville (Neville Brothers) am Mikro und da geht sie ab: Schmitz' Katze. "Three Muses" bietet Little Feat-Flair während "Troubled Times" mit dem großartigen Walter 'Wolfman' Washington am Gesang ins soulige Blues-Lager wechselt. Schön auch die Bluesgitarre von Bill Titus und der stilistische Drift gegen Ende ins Jazzige.
"Joy Machine" ist ein tolles Album, dem man die Tipp-Grafik auf keinen Fall verwehren darf. Stilgrenzen gibt es keine, die Musiker sind allesamt ohne Fehl und Tadel. Und wenn man das Sprichwort »Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied« bemüht, so kann man Circus Mind attestieren, dass kein schwaches Glied auszumachen ist. Handwerklich, songwriterisch, choreografisch … alles vom Feinsten. Wahrlich eine musikalische "Joy Machine".
Line-up Circus Mind:
Mark Rechler (vocals, keyboards)
Chris Crosby (bass)
Dave Berg (guitar)
Dan Roth (drums)
Steve Finkelstein (percussion)
Circus Mind Horns:
Pablo Rodriguez (trombone)
Michael Amendola (alto saxophone)
Damien Pacheco (trumpet)
Richard Momzer (baritone saxophone)
Backing Vocals:
Elise Testone (- #3-5,7,8,10)
Paul Dooly (- #4,5)
Pablo Rodriguez (- #2)
Grant 'Tyler' Dawosn (- #2)
Walter 'Wolfman' Washington ( – #10)
Ivan Neville ( – #6)
Guests:
Brandon 'Taz' Niederauer (guitar – #1,3)
Scott Metzger (guitar – #2)
Max Newman (guitar – #4)
Nels Cline (guitar – #5)
Ivan Neville (vocals – #6)
Big Sam (trombone – #6)
Chris Fasulo (- #7)
Kevin Griffen (- #8)
Marc Ribot (guitar – #9)
Walter 'Wolfman' Washington (vocals – #10)
Bill Titus (guitar – #10)
Tracklist "Joy Machine":
- Are You Ready? (4:18)
- Joy Machine (5:29)
- Airwaves (5:07)
- Mean Mutha Fucka (5:24)
- Longing Song (5:06)
- Jazzfest Time (3:59)
- Errand Boy (3:25)
- Three Muses (4:26)
- Nutbag (3:29)
- Troubled Times (5:35)
Gesamtspielzeit:46:40, Erscheinungsjahr: 2021
2 Kommentare
Peter
4. August 2022 um 23:00 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Thanks great band
Mark Rechler
30. Juni 2021 um 17:38 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Thanks for that beautiful Review! Always good to hear that kind of Praise and Feedback. Hope to bring the band over to Europe some day!
Cheers!