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Clem Clempson / In The Public Interest – LP-Review

Clem Clempson - "In The Public Interest" - Vinyl-Review

Jedem/r, der/die sich einigermaßen ernsthaft mit der Rock-Musik der siebziger Jahre beschäftigt hat, sollte der Name Dave 'Clem' Clempson geläufig oder zumindest schon einmal über den Weg gelaufen sein. Bei dem Engländer handelt es sich um einen weiteren Fall der Kategorie 'Brillanter Gitarrist, der aber nie über die zweite Reihe hinauskam'. Und das vollkommen zu Unrecht, zumindest was die Qualität seines Spiels betraf und betrifft. Seine ersten Schritte unternahm er mit der Band Bakerloo, die 1969 zumindest ein gleichnamiges Album veröffentlichte, bevor Clempson zu Colosseum wechselte. Nach deren Auflösung stieg er bei Humble Pie ein, wo er den abtrünnigen Peter Frampton ersetzte. Anschließend war es die Band Rough Diamond (mit dem von Uriah Heep gefeuerten Sänger David Byron) und es ging immer weiter, meist jedoch als Sessionmusiker im Studio oder auf Tourneen als Gitarrist in den Begleitbands großer Namen wie beispielsweise Bob Dylan oder Jack Bruce. Ein Mann, dem nie wirklich die Anerkennung zukam, die er ehrlich verdient hätte.

Aber es hilft ja nichts, hat sich der gute 'Clem' wahrscheinlich auch gedacht, und nach seinem Ausstieg bei der Hamburg Blues Band vor knapp zehn Jahren bekam er dann die Chance ein Soloalbum aufzunehmen, eine Chance, die er selbstverständlich wahrnahm. In einem ersten Review der CD-Version von 2013 hat mein Kollege Jürgen die Scheibe "In The Public Interest" ja bereits treffsicher unter die Lupe genommen, vor einigen Wochen kam die Platte nun noch einmal in der Vinyl-Version auf den Markt. Auf den ersten Blick fällt dabei auf, dass sich auf der neuen Vinyl-Ausgabe drei Songs (nämlich "Route 69", "Who" sowie "7th Blues") weniger befinden, die ganz sicher lediglich aufgrund eines besseren Vinyl-Sounds geopfert wurden. Ein bisschen schade, da auf der erstgeannten Nummer Maggie Bell und auf der zweiten Chris Farlowe als Gastsänger vertreten waren. Der Vorteil ist, dass die Betonung bei diesem Soloalbum dadurch noch stärker auf 'Solo' liegt, da der Brite – abgesehen von zwei Instrumentals und einer weiteren Ausnahme – alle Lead Vocals selbst übernahm.

Wenn wir schon dabei sind, dann fangen wir doch am besten mit besagter Ausnahme an: Dabei handelt es sich um den (zwar von Steve Marriott und Kollegen ebenfalls gecoverten) Humble Pie-Live-Klassiker "I Don’t Need No Doctor", bei dem sich der Protagonist dann mit gleich zwei weiteren Sängern die Lead Vocals teilt und somit die bereits erwähnten Maggie Bell und Chris Farlowe doch noch ihren Einsatz bekommen. Da es für einen Musiker von Format natürlich nicht der eigene Anspruch sein kann, einen Song eins zu eins zu kopieren, wird das Stück hier deutlich relaxter und funkiger – jedoch keinesfalls spannungsärmer – präsentiert. Klasse, selbst wenn ich es nicht als eines der Highlights von "In The Public Interest" sehe.

Die Scheibe startet bereits in Form von "Think About Me" mit einem sehr starken Blues und es wird sehr schnell klar, dass sich Clempson mit seinem Gesang nicht verstecken muss. Zwar ist dieser nicht so markant wie der seiner beiden Gäste, verfügt aber dennoch über viel Ausdruck und Feeling. Etwas rockiger geht es dann beim Titelsong zur Sache, bevor mit "Waiting For The Day" ein waschechter 12-Takter auf dem Plan steht, der wie die beiden vorhergegangenen Tracks voll überzeugt. Spätestens zum Ende der ersten Seite sowie dem ersten Instrumental ("Leopold’s Great Escape") angekommen, muss unbedingt auch der astreine Sound dieser Vinyl-Ausgabe gelobt werden. Unglaublich transparent kann man die einzelnen Instrumente ausmachen, die Songs klingen darüber hinaus wunderbar 'warm' und klar, während sie obendrein sehr powervoll aus den Boxen strömen. Da geht das Herz eines Musik-Fans aber mal so richtig auf!

Bei "Dancing With The Blues" wird es – der Name ist Programm – noch einmal richtig schön bluesig, bevor das zweite, sehr atmosphärische und extrem gute, Instrumental "Can’t We Try Again" das hohe Qualitätslevel erneut in die Höhe treibt. Wie auch bei der CD-Version steht "The Way You Waved Goodbye" am Schluss der Scheibe. Und hier wird noch einmal so richtig schön nach vorne gerockt.

Letzten Endes kann ich mich Jürgen nur anschließen und "In The Public Interest" jedem Blues- und Blues Rock-Fan empfehlen, der es noch nicht kennt. Clem Clempson hat hier ein Statement gesetzt, das locker seinen sehr prägnanten Fußabdruck in der Blues-Szene hinterlässt. Nicht nur sind die Songs, die Arrangements sowie die Performance aller beteiligten Musiker super, sondern auch der Sound dieser Vinyl-Ausgabe überzeugt ohne 'Wenn' und 'Aber'. Die mir vorliegende LP-Version kommt in schönem Fold Out-Cover sowie einem extra Beiblatt mit allen Lyrics sowie sonstigen Angaben wie beispielsweise den Angaben der beteiligten Musiker.


Line-up Clem Clempson:

Clem Clempson (guitars, lead vocals)
Adrian Askew (Hammond organ, piano, Fender Rhodes, Wurlitzer piano, Prophet 5, Mini-Moog)
Eddie Filip (drums & percussion)
Reggie Worthy (bass)

With:
Ronnie Leahy (piano & organ – #A-1)
Chris Farlowe (co-lead vocals – #B-3)
Maggie Bell (co-lead vocals – #B-3)

Tracklist "In The Public Interest":

Side 1:

  1. Think About Me
  2. In The Public Interest
  3. Waiting For The Day
  4. Leopold’s Great Excape

Side 2:

  1. Dancing With The Blues
  2. Can’t We Try Again
  3. I Don’t Need No Doctor
  4. The Way You Waved Goodbye

Gesamtspielzeit: 21:58 (Side 1), 22:26 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2020 (2013)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

4 Kommentare

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  1. Manni

    "…und "In The Public Interest" jedem Blues- und Blues Rock-Fan empfehlen, der es noch nicht kennt."

    Zuerst mal: Ich kenne die Duftmarken von Clem Clempson sehr gut, seit 1970, als ich 15 Jahre alt war. Er hat der Welt bewiesen, dass er ein erstklassiger Gitarrist ist (und manche seiner Soli – ob in Colosseum oder Humble Pie – machen mich immer noch unheimlich an – wird immer so sein).

    Die Besprechung dieser Platte hier ist wohlwollend gemeint und diejenigen, die diese Platte nicht kennen, sollen sie sich anhören. Vielleicht gefällt es ja. Mich hat sie aber enttäuscht, ich fand/finde sie langweilig und fad. Das trifft natürlich auch auf **unzählig** andere in dieser Stilrichtung zu. Alles x-mal vorher so oder so ähnlich gehört, keine neuen musikalischen Impulse, er verharrte 2013 auf der Stelle tretend. In speziell diesem Genre ist es eben unendlich schwer, da muss man schon fähig sein, ein Erneuerer zu sein. Der gute Clem ist hier meilenweit entfernt von einem, der 30 Jahre vorher (!) tatsächlich eine Trendwende einläutete, der sagenhafte – leider durch einen fatalen Helikopter-Crash ums Leben gekommene – Stevie Ray Vaughan.

    1. Markus Kerren

      Hi Manni,

      deine Meinung wie immer in allen Ehren. Teilen kann ich sie allerdings überhaupt nicht, denn ich empfinde die Platte alles andere als langweilig und fad. Aber wie du schon geschrieben hast, da soll am besten jeder selbst reinhören.

      Und hast du tatsächlich von einem über Sechzigjährigen noch die Revolution des Blues bzw. Blues Rock erwartet? Hat wahrscheinlich wirklich nur am Rande etwas mit dem Alter zu tun, aber der von dir erwähnte Stevie Ray Vaughan war zu seinen besten Zeiten gerade mal so um die 30. Anekdote am Rande: Ich hab mich bei einem Joe Bonamassa-Konzert in New York vor 12 oder 13 Jahren mal fast zu Tode gelangweilt, der Rest der Welt feiert ihn aber schon ewig ab, als wenn er der neue ungekrönte König wäre … so hat jeder seine eigenen Eindrücke.

      Die grundsätzlich von dir angesprochene Misere im Blues Rock – Stichwort 'kaum Erneuerungen' bzw. 'Warum passiert da nichts mehr?' – ist natürlich schon interessant.

      1. Manni

        n’Abend, Markus,

        Joe Bonamassa – noch so ein Copy-Cat. Ein gnadenloser dazu… der schlachtet aus, wo immer er kann. Deine Langeweile damit kann ich gut verstehen! Was mit SRV geworden wäre, ist eine hypothetische Frage. Er war aber zu seiner Zeit einer, der wirklich was geändert/bewirkt hat. Dessen sind wir uns ja einig.

        1. Markus Kerren

          Absolut 🙂

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