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Colosseum / Bread & Circusses – CD-Review

Colosseum - "Bread & Circusses" - CD-Review

Im Zuge des brandneuen Colosseum-Albums Restoration hat das Label Repertoire Records auch die ersten drei nach der Reunion veröffentlichten Alben wieder auf den Markt gebracht, die wir euch gerne auch noch einmal ausführlicher vorstellen. Der Auf- bzw. Freudenschrei im Lager der Colosseum-Fans war groß, als die Band in der ersten Hälfte der Neunziger verkündete nach mehr als zwanzig Jahren wieder aktiv zu werden. Mit Dick Heckstall-Smith (R.I.P.), Jon Hiseman sowie Dave Greenslade waren immerhin noch drei Musiker des Debütalbums "Those Who Are About To Die Salute You" (1969) am Start, Dave 'Clem' Clempson war ab der dritten Scheibe ("The Grass Is Greener", 1970) und Chris Farlowe sowie Mark Clarke dann immerhin ab Platte Numero 4 ("Daughter Of Time", ebenfalls 1970 und das bereits letzte Studioalbum vor der ersten Auflösung) mit dabei. Erstmal gings natürlich kreuz und quer über die europäischen Bühnen mit dem Schwerpunkt Deutschland. Dort bzw. genauer gesagt in Köln wurden 1994 auch die Aufnahmen zur Live-Scheibe The Reunion Concerts (1995) gemacht und im Frühling 1996 ging die Band schließlich ins Studio, um brandneues Material aufzunehmen.

Über ein Jahr bis in den Sommer 1997 zogen sich die Aufnahmen hin und nach einer Pause von mehr als 25 Jahren waren die Bandmitglieder nicht nur als Musiker, sondern natürlich auch als Menschen weiter gewachsen und hatten sich entwickelt. Selbstverständlich erkennt man Colosseum auch auf "Bread & Circusses" eindeutig wieder, aber die Ausrichtung der Musik bzw. der Songs hatte sich doch hörbar verschoben. Proggige Anteile oder gar Jazz Rock machen zwar hier und da mal eine Stippvisite, sind allerdings fast gänzlich aus dem Band-Sound verschwunden. Man hört der Platte – und das auf jedem einzelnen Track – zwar deutlich an, dass hier absolute Könner am Start sind, jedoch ist beispielsweise Hisemans Drumming erstaunlich unspektakulär und auch Chris Farlowe schöpfte seinen Stimmumfang nicht mal ansatzweise aus. Was den Rezensenten eher ratlos und mit einem riesigem Fragenzeichen zurücklässt. Vielleicht wollten die Briten einfach zu sehr auf Sicherheit setzen und auch das komplette Mainstream- (Blues-) Publikum mit ins Boot holen?

"Bread & Circusses" ist alles andere als ein schlechtes Album, allerdings muss auch gesagt werden, dass es einerseits nicht unbedingt im Ohr hängen bleibt und andererseits erst recht nicht für heruntergeklappte Kinnladen hinsichtlich spektakulärer Einlagen sorgt. Der Hörer kommt gar nicht daran vorbei, beim Opener sowohl an Cream, als auch (gegen Ende) an die Allman Brothers Band zu denken. Das sind natürlich Namen, mit denen man gerne verglichen wird und die Nummer macht auch einiges her. "Wherever I Go" ist eine starke Ballade mit sehr gefühlvoller Orgel und klasse Gesang, während auch Clempson ein ganz feines Solo beisteuert. Bei der einzigen von Mark Clarke gesungenen Nummer ("The Playground") schwirrt einem zum Ende der Strophen irgendwie auch Bob Segers "Turn The Page" durch den Kopf und ein Highlight der Scheibe ist (nichts gegen Chris Farlowe!) der vorletzte Track, das noch einmal Glanz in die Hütte bringende Instrumental "The One That Got Away".

Es war gar nicht mal so einfach, hier ein Fazit für mich selbst zu finden, mit dem (neben dem Kopf) auch mein 'Bauch' einverstanden war. Bereits erwähnt hatte ich, dass die Qualität der Musiker den Hörer nahezu aus den Boxen anspringt. Die Güte ist da, aber irgendwie schien der Combo die Abenteuerlust abhanden gekommen zu sein. Denkbar wäre auch, dass die Band sich selbst oder die Plattenfirma ihr Druck machte, so massenkompatibel wie möglich zu klingen, um (natürlich!) soviele Scheiben wie möglich zu verkaufen. Also nochmal, auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen. Ein gutes und grundsolides Album von sehr guten Musikern, auf dem aber (zu) selten mal musikalisch abgehoben wird oder die sprichwörtlichen Funken fliegen. Man geht aus der Scheibe eher mit dem bittersüßen Gefühl und Wissen raus, dass eigentlich noch viel mehr möglich gewesen wäre.


Line-up Colosseum:

Jon Hiseman (drums)
Chris Farlowe (lead voals)
Dick Heckstall-Smith (tenor, soprano & baritone saxophones)
Clem Clempson (acoustic & electric guitars, background vocals)
Dave Greenslade (Hammond organ, synthesizers, piano)
Mark Clarke (bass, background vocals, lead vocals – #6)

With:
Chris 'Snake' Davis (additional horns)
Dave O’Higgins (additional horns)
Barbara Thompson (coda brass arrangement – #7)

Tracklist "Bread & Circusses":

  1. Watching Your Every Move
  2. Bread & Circusses
  3. Wherever I Go
  4. High Time
  5. Big Deal
  6. The Playground
  7. No Pleasin'
  8. I Could Tell You Tales
  9. Storms Behind The Breeze
  10. The One That Got Away (instrumental)
  11. The Other Side Of The Sky

Gesamtspielzeit: 50:36, Erscheinungsjahr: 2022 (1997)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. Manni

    100% Zustimmung! Besser kann man die Platte nicht beschreiben.

    1. Markus Kerren

      Thanks, my friend 🙂

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