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V.A. / Tripwave 2 – Collection Of Modern Russian Psychedelic Music

Compilation / Tripwave 2 - Collection Of Modern Russian Psychedelic Music

Achtzig Minuten geballter Psychedelic- und Progressive Rock in allen Spielarten erwarten den Hörer, wenn er sich den Sampler "Tripwave 2 – Collection Of Modern Russian Psychedelic Music" in den Player schiebt.

Trail Records aus New York geben mit dieser Kollektion einen, wie ich meine, hervorragenden Einblick in die  zeitgenössische Psychedelic Rock-Szene Mütterchen Russlands. Man reduziert – und da will ich mich gar nicht ausschließen – bzw. setzt den Fokus oft auf das schnell Verfügbare, das Bekannte; weil, das ist ja erstens seit Jugendzeiten in den Ohren eingebrannt und schließlich wurde der Rock ja in der Anglosphäre geboren.

Was damals in anderen, 'geschlossenen', Ländern an lokalen Bands die Rockfreunde begeisterte war weitestgehend unbekannt. Heute ist das gottlob anders und wenn sich Musiker, wie in vorliegendem Fall, aus Russland, einem Land, welches sich kulturmäßig vor Niemandem verstecken muss (Dostojewski, Gogol, Gorki, Puschkin, Solschenizyn, Tolstoi …; Mussorgski, Rimski-Korsakow, Rachmaninow, Strawinskis, Prokofjews, Schostakowitsch …), auf einer Platte eines amerikanischen Labels einem deutschen Rezensenten präsentieren, dann ist das eine tolle Sache.

Natürlich wird das Groß der Gruppen wahrscheinlich eher unbekannt sein. Obwohl Ole Lukkoye betreffend ihres Herzberg-Auftritts 2008 in RockTimes bereits Erwähnung fanden und  Polska Radio One beim deutschen Spezialitätenlabel Sulatron Records zu finden ist..

Gleich der erste Track von Ciolkowska gibt einen passenden Vorgeschmack auf die komplette Auswahl der Bands, die es auf diesen Sampler geschafft haben. Schwer dahinrollender Psychedelic Rock mit einer, einem verwundeten Dinosaurier gleich, sich durch unreale Landschaften schleppenden Gitarre. Sonora und Kamni darf man trotz ihrer Herkunft in die Kraut-Schublade packen. Sonora veredeln ihre Rauchwaren mit weiblichen Vocals, während Kamni eine süßliche Wah Wah-Gitarre reiten lässt.

Die überwiegend jungen russischen Bands tun gut daran, nicht nur auf Englisch, sondern auch in ihrer Heimatsprache zu singen und hier und da ist auch ein gewisses östliches Flair einfließen zu lassen. So zum Beispiel die Cosmic Triggers mit den hypnotisierenden Vocals der Sängerin, die ihre Sprachfetzen oft hinter die Instrumente legt und so eine ganz besondere Stimmung erzeugt.
Mein Highlight ist der "Ethno Song" von Rada & Blackthorn mit dieser krachenden Doom-Eröffnung. Tiefer tribaler Männergesang bzw. Gebrummel untermalt die glockenklare, auf Russisch singende weibliche Stimme. Umgeben von zeitlupenhafter Rhythmusabteilung mit abgrundtiefem Gebasse schraubt sich die Sängerin in himmlische Höhen, während tief drunten die männliche Stimme urzeitlich röhrt. Ein instrumentaler Part, wie aus den Hochzeiten des psychedelischen Krautrocks, verdelt duch sirenenhafte Ausbrüche bis hin zu wollüstigem Schreien, lassen die vierzehn Minuten wie im Flug vergehen .

Ähnlich gestrickt spielt Ole Lukkoye auf. Der Rhythmik und dem tollen Bassfundament zuträglich ist, dass auch Ness in ihrer Heimatsprache singt. Eingestreute Gitarrenlicks unterstreichen den repetitiven Rhythmus. Nicht so tief und nicht so röhrend wie bei Rada & Blackthorn rollt männlicher Gesang dazu.
Polska Radio One beenden mit einer hammermäßigen Drum- und Orgel-Arbeit eine sehr interessante Zusammenstellung moderner russischer Musik, die genau so alt klingt, wie das damals in der guten alten Musikzeit im Westen war. Und dort, wo die Sonne untergeht, ist psychedelischer Rock nicht totzukriegen. Weil er gut ist, weil er ein Heer an Fans hat und weil die Sonne jeden Morgen wieder aufgeht. Das tut sie im Osten und nun wissen wir, dass diese Musik auch dort gespielt wird. Von jungen Künstlern, die wir dank "Tripwave 2 – Collection Of Modern Russian Psychedelic Music" nun auch bei uns goutieren können.


Band- & Tracklist "Tripwave 2"

  1. Ciolkowska – Below The Grass (7:29) **
  2. Rada & Blackthorn – Ethno Song (14:18) ***
  3. Bowl Of Knowledge – Ganja Yoga (8:45) *
  4. Sonora – Canyon (7:00) *
  5. Cosmic Triggers – Syndicate (9:07) *
  6. Ole Lukkoye – Dyatly [Edit] (15:28) ****
  7. Dead Man Tell No Tales – Suicide Trip (5:34) *
  8. Kamni – Forest Song (6:00) *
  9. Polska Radio One – Shangri-La (6:00) *****

2016, Previously unreleased *
2016, R.A.I.G **
2014, Wyrgorod ***
2015, Trail Records ****
2014, Trail Records *****

Gesamtspielzeit: 79:56, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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