Die Welt ist im Arsch – und das schon recht bald. Wir schreiben das Jahr 2028. Die Klimakatastrophe ist längst mehr als grausige Vorhersagen mit dunklen Vorboten. Und die Menschheit zerfetzt sich im Kampf ums Nötigste. Kurz vor dem absoluten Ende erschafft eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen eine Art Super-Homo-Sapiens: Ein Typ namens DarWin wird mit Cyborg-Technologie geupgradet, kann somit Raum und Zeit überwinden und soll all das rückgängig machen, was den Untergang der Menschheit einst eingeläutet hat. Das sind die Grundzüge der Story dieses Konzeptalbums. Der Künstler nennt sich passenderweise gleich ebenfalls DarWin. Er zeichnet verantwortlich fürs Musik, Lyrics und alle Gitarren auf der Doppel-CD … und natürlich auch für einen Marketing-Coup: Drummer Simon Philipps, seines Zeichens Szene-Größe und gelistet auf zahllosen Alben im Rock-, Pop-, Jazz- und Fusion-Bereich, aber auch gefragter Produzent, konnte dieser DarWin von sich und seinem Projekt überzeugen. Philipps spielt Schlagzeug und hat die Chose produziert – über Jahre! Fast vier Jahre dauerte der Prozess. Herausgekommen ist das Konzeptalbum "The Origin Of Species". Der Name ist natürlich (mehr als angelehnt) an Charles Darwins Werk "On The Origin Of Species" – in der deutschen Übersetzung: "Über die Entstehung der Arten".
Über die Entstehung der Musik lässt sich sagen, dass der Evoutionsprozess keine ’neuen Arten' hervorgebracht hat; man arbeitet (erwartungsgemäß) mit bestehenden Techniken und Stilistiken. DarWin bietet eine spannende Mischung aus Prog Rock und härteren Metal-Versatzstücken mit Anflügen von Retro Prog, Rock-Oper, Jam und 80er-Flair. "War Against The Machine" ist brachialer, straighter Hard Rock im zähen Mid Tempo – "Walk Away From The Earth" besticht durch proggig-komplexe Instrumentalparts. "For Humanity" ist grooviger Gitarrenrock mit technischen Finessen und hymnischem Prog-Musical-Chorus – "Gummy Bear" eine verspielt-positive Nummer im Retro-Prog-Gewand. "Artificial" gräbt sich mit klingenscharfem Prog Metal-Riffing ins Ohr – "Escape The Maze" wird als eine Art Kraftballade groß und episch durch die zahlreichen echten Orchesterinstrumente. Viele Gegensätze unterhalten das anspruchsvolle Hirn, untermauert von aufwändiger Instrumentation; auch Querflöten- und Saxofonsoli gibt es. Ein paar gesprochene Passagen geben dem Hörer Orientierung innerhalb der Storyline, beispielsweise wenn ein mit Kindern besetztes Raumschiff zum Erreichen eines unverbrauchten Planeten aufbricht (… die Kinder als Erwachsene dann aber doch lieber zurückkehren, um die gute alte Erde mittels eines neuen Regimes in einen früheren Zustand zurückzuverwandeln).
Auch, wenn nichts neu erfunden wurd – direkte musikalische Vergleiche lassen sich erfreulich schwer ziehen. Vielleicht ein wenig Ayreon in hymnischeren Passagen, Spock’s Beard im klassischen Prog-Bereich, Magellan, wenn es etwas 'durchproduzierter', Steve Vai, wenn es abgedreht und experimentell wird. Erstaunlich ist, dass Bassist Matt Bissonette – noch ein Session-Promi auf dem Album – auch als Lead-Sänger angagiert wurde. Der macht auch einen prima Eindruck; und besonders die Background-Arragements sind sehr gelunden. Über die ganze Länge des Doppel-Albums wird sein Gesang aber manchmal etwas zu eintönig. Nur bei zwei Tracks übernehmen andere Sänger den Job: Sängerin Koko Rhods fällt bei "Cosmic Rays" zunächst durch krasse amerikanische Pop-Schnulzenhaftigkeit auf – der Song steigert zum Glück 'hinten raus' aber zusammen mit seiner Power auch noch die Qualität. Und "Just One More Day" mit dem grandiosen Robbie Wyckoff ist eine megascharfe, soulig-gitarrig-rockende, dynamische Power-Nummer. Alle Achtung! EIn paar mehr solcher 'Ausreißer" hätte das Gesamtwerk noch vertragen können – statt ein paar unspektakulärer Nummern wie "Slowly Melting" und "Rise" hätte es dafür sicherlich auch Platz gegeben.
Naturforscher Charles Darwin beschrieb einst die natürliche Evolution – da darf es schon als ironisches Wortspiel verstanden werden, dass Musiker DarWin sich mit seinem Konzeptalbum mahnend und warnend gegen eine eben nicht natürliche, sondern von Menschen verursachte und ständig um uns herum geschehende große Katastrophe unserer Zeit wendet, den Klimawandel. Auf der Homepage des Projekts gibt es dann auch eine Menge Infos zum Zustand der Erde – schade nur, dass die Ansammlung von Aritkeln rund um Politik und Projekte einzig und allein aus Arktikeln des eher linksliberal verorteten "The Guardian" besteht. So blauäugig darf man in einer medialen Welt, die stark von pseudojournalistischen Wissenschaftsleugnern vereinnahmt wird, längst nicht mehr agieren. Weniger eindringlich, weniger wichtig und weniger richtig macht dies die Message von "Origin Of Species" aber natürlich nicht. Und so widmet DarWin sein Werk auch jenen …
… who fight for the future of our planet every day: the scientists, the acitivists, the technologists, the public servants, the educators, the tweeters, the vegans, the fire fighters, the disaster responders, the physicians, the rock climbers pulling V15S, the hippies, and steadfast lovers of our planet, you know who you are. Courage isn’t easy. Let the music lift your spirits as you head back to the front lines. Enlightened beings do not "tell the future", they proactively create a better future with their own two hands. We must rise to the historical moments ahead of us …
Line-Up DarWin:
DarWin (guitars)
Simon Phillips (drums, keyboards, additional loops, percussion, sound FX)
Matt Bissonette (lead and background vocals, bass on all tracks except CD 2 – #5,9)
Greg Howe (guitar solos CD 1 – #4, CD 2 – #1,2,3,8)
Jeff Babko (keyboards CD 1 – #2,4, CD 2 – #3,5)
Koko Rhods (vocals CD 2 – #5)
Robbie Wyckoff (vocals CD 2 – #9)
Ernest Tibbs (bass CD 2 – #5,9)
Katisse Buckingham (flute CD 1 – #6, soprano sax CD 1 – #5)
Dennis Hamm (keyboards CD 2 – #7,8)
Amy Keys (backing vocals CD 2 – #5)
David PM, Alicia W (dialogue CD 1 -#5)
Masala B (spoken word CD 2 – #4)
Strings:
Chamber Orchestra Of London
Origin Of Species Quartet (Songa Lee, Charlie Bisharat, Erik Arvinder, Alisha Bauer, Alma Fernandez, Jacob Braun, Marisa Kuney, Tim Loo, Caroline Buckingham), Reykjavik String Quartet (Helga Thora Bjorgvinsdottir, Una Sveinbjarnardottir, Thorunn Osk Marinosdottir, Sigurdur Bjarki Gunnarsson, Martin Danek)
Tracklist "Origin Of Species":
- For Humanity (4:08)
- The Last Chance (5:38)
- Taking Chances (4:42)
- Escape The Maze (7:24)
- Walk Away From Earth (4:44)
- Gummy Bear (5:12)
- Forever (5:44)
- War Against My Mind (4:42)
- Artificial (4:45)
- One Horizon (5:11)
- Modern Insanity (5:24)
- Cosmic Rays (4:50)
- Life Is A Mystery (4:12)
- Slowly Melting (3:52)
- Rise (4:53)
- Just One More Day (3:22)
- Prologue/For Humanity (5:28)
Gesamtspielzeit: 37:41 (CD 1), 47:03 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2019
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